Mindestlohn, Euro

Mindestlohn steigt auf 13,90 Euro: Sechs Wochen bis zur Pflicht

20.11.2025 - 16:20:12

Nur noch sechs Wochen trennen deutsche Arbeitgeber von einer kritischen Frist: Ab dem 1. Januar 2026 gilt der neue gesetzliche Mindestlohn von 13,90 Euro pro Stunde. Was nach einer einfachen Anpassung klingt, erweist sich in der Praxis als komplexes Compliance-Puzzle – besonders im Zusammenspiel mit Minijob-Grenzen und Sozialleistungen.

Das Bundeskabinett hatte die neuen Sätze zwar bereits Ende Oktober offiziell bestätigt. Doch eine gestern veröffentlichte Analyse zeigt: Die Auswirkungen auf Nettoeinkommen und Transferleistungen sind weitreichender als zunächst angenommen. Personalverantwortliche müssen jetzt handeln – sonst drohen empfindliche Strafen nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.

Eine aktuelle Untersuchung des Sozialportals Bürger & Geld vom 19. November bringt Licht in die praktischen Folgen der Anpassung. Die Analyse macht deutlich: Der Sprung auf 13,90 Euro ist mehr als nur eine Bruttoerhöhung. Für Millionen Geringverdiener verschiebt sich die gesamte Nettoberechnung – besonders für jene, die aufstockende Sozialleistungen beziehen.

Konkret könnte eine bestimmte Gruppe von Aufstockern bei gleichbleibender Arbeitszeit rund 14 Euro mehr netto im Monat behalten als 2025. Klingt wenig? Für die Betroffenen macht es einen spürbaren Unterschied. Für Arbeitgeber bedeutet es: Die Kommunikation mit der Belegschaft wird komplexer. Denn die „gefühlte” Erhöhung kann je nach Haushaltssituation deutlich von der Bruttoanpassung abweichen.

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Besonders dringlich: Die Prüfung aller Beschäftigten im Übergangsbereich. Mit der steigenden Minijob-Grenze verschiebt sich automatisch auch die untere Schwelle für Midijobs. Die Lohnsoftware muss vor dem ersten Januar-Abrechnungslauf kalibriert sein – sonst wird es teuer.

Die Zahlen stehen fest: Zwei Stufen bis 2027

Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hatte am 29. Oktober 2025 mit der Fünften Mindestlohnanpassungsverordnung Klarheit geschaffen. Grundlage war die Empfehlung der Mindestlohnkommission vom 27. Juni 2025. Die Erhöhung erfolgt in zwei Schritten:

  • 1. Januar 2026: Von aktuell 12,82 Euro auf 13,90 Euro pro Stunde
  • 1. Januar 2027: Weitere Erhöhung auf 14,60 Euro pro Stunde

Das entspricht einem satten Plus von 8,4 Prozent zum Jahreswechsel. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) bezeichnete die Anpassung bei der Oktober-Ankündigung als notwendigen Schritt für „fairen Wettbewerb für Unternehmen und angemessenen Mindestschutz für Beschäftigte”. Die Erhöhung folgt auch der EU-Richtlinie über angemessene Mindestlöhne.

Minijob-Grenze bei 603 Euro: Verträge müssen angepasst werden

Eine kritische Compliance-Falle lauert bei der Minijob-Grenze. Seit Oktober 2022 ist dieser Wert nicht mehr statisch, sondern an den Mindestlohn gekoppelt (Berechnung: 10 Wochenstunden × Mindestlohn × 13 Wochen ÷ 3 Monate).

Was Personalabteilungen jetzt tun müssen:

Vertragsüberprüfung: Bestehende Minijob-Verträge mit 556-Euro-Grenze passen sich nicht automatisch an. Wer die vollen 603 Euro ausschöpfen will, muss Verträge ändern.

Stundenüberwachung: Für Minijobber, die über dem Mindestlohn verdienen (etwa 15 Euro/Stunde), bietet die neue Grenze etwas mehr Spielraum. Für jene am Mindestlohn bleibt die maximale Arbeitszeit bei etwa 43,3 Stunden pro Monat konstant.

2027 vorausdenken: Die Grenze wird 2027 voraussichtlich auf 633 Euro steigen – basierend auf dem bestätigten Satz von 14,60 Euro.

500.000 Euro Bußgeld: Dokumentation ist Pflicht

Die Risiken bei Nichtbeachtung sind erheblich. Die Zollverwaltung (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) hat bekräftigt: Wer den korrekten Mindestlohn nicht zahlt, riskiert Bußgelder bis zu 500.000 Euro. Verstöße gegen Dokumentationspflichten – etwa fehlerhafte Arbeitszeiterfassung – können mit bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

Dokumentations-Checkliste:

Zeiterfassung: Für Minijobber und Branchen nach §2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (Bau, Logistik, Gastronomie) müssen Beginn und Ende der Arbeit innerhalb von 7 Tagen erfasst werden.

Aufbewahrungsfrist: Aufzeichnungen sind zwei Jahre aufzubewahren.

Auftraggeberhaftung: Unternehmen haften, wenn ihre Subunternehmer die 13,90 Euro nicht zahlen.

Ausblick: Der Weg bis 2027 ist geebnet

Während Unternehmen hektisch ihre 2026er-Budgets finalisieren, bietet die definierte Roadmap bis 2027 zumindest Planungssicherheit. Der Sprung auf 14,60 Euro markiert eine kumulative Erhöhung von knapp 14 Prozent über zwei Jahre.

Kurzfristig liegt der Fokus auf dem 1. Januar. Branchenverbände raten, alle Vertragsänderungen und Software-Updates bis Mitte Dezember abzuschließen. Nur so lässt sich der erste Abrechnungslauf 2026 fehlerfrei durchführen. Die Schonfrist der Ankündigungsphase ist vorbei – jetzt beginnt die Compliance-Realität.


Hinweis: Dieser Artikel bietet einen allgemeinen Überblick über die Rechtsänderungen und stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Arbeitgeber sollten ihre Rechtsberater oder Steuerberater konsultieren.

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