Microsoft entgeht EU-Milliardenstrafe durch Teams-Aufspaltung
12.09.2025 - 15:46:01Microsoft akzeptiert rechtsverbindliche Zusagen zur Entkopplung von Teams von Office-Paketen im EWR und vermeidet damit eine potenzielle Milliardenstrafe der EU-Kommission.
Microsoft hat einer potentiell gigantischen Kartellstrafe der Europäischen Union geschickt ausgewichen. Der Softwareriese akzeptierte rechtsverbindliche Zusagen, die grundlegend ändern, wie das Unternehmen seine Kommunikationsplattform Teams vertreibt.
Die EU-Kommission gab heute bekannt, Microsofts Vorschläge zur Entkopplung von Teams aus den marktbeherrschenden Office 365- und Microsoft 365-Paketen zu akzeptieren. Damit endet formal eine jahrelange Untersuchung, die zu einer Strafe von bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes hätte führen können.
Slack-Beschwerde führte zu jahrelanger Prüfung
Die Einigung markiert den Abschluss einer Untersuchung, die im Juli 2023 nach einer Beschwerde des Konkurrenten Slack aus dem Jahr 2020 eingeleitet wurde. Der heute zu Salesforce gehörende Dienst warf Microsoft vor, Teams illegal an seine beliebte Bürosoftware zu koppeln und sich dadurch unfaire Vertriebsvorteile zu verschaffen. Das deutsche Videokonferenz-Unternehmen alfaview reichte später eine ähnliche Beschwerde ein.
Microsoft muss nun Versionen seiner Office-Pakete ohne Teams zu reduzierten Preisen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum anbieten. Zusätzlich verpflichtete sich das Unternehmen, die Kompatibilität zwischen seiner Software und Konkurrenz-Tools zu verbessern. Kunden sollen zudem ihre Daten leichter aus der Teams-Umgebung exportieren können.
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„Wir schätzen den Dialog mit der Kommission, der zu dieser Vereinbarung führte“, erklärte Nanna-Louise Linde, Microsofts Vizepräsidentin für europäische Regierungsangelegenheiten. „Nun konzentrieren wir uns darauf, diese neuen Verpflichtungen umgehend und vollständig umzusetzen.“
Kernproblem: Marktmacht durch Produktbündelung
Die EU-Kommission sah das Hauptproblem darin, dass Microsoft Teams mit essentiellen Office-Anwendungen wie Word, Excel und Outlook bündelte und damit seine Marktdominanz missbrauchte. Diese Praxis verhinderte nach Ansicht der Regulierer, dass Konkurrenten auf Basis ihrer Leistung effektiv konkurrieren konnten.
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Microsofts anfängliche Änderungen zur Entkopplung von Teams bewertete die Kommission als „unzureichend“ – substanziellere Zusagen wurden nötig.
Die finale Vereinbarung bringt mehrere Schlüsseländerungen: Microsoft verkauft Office 365 und Microsoft 365 künftig auch ohne Teams zu niedrigeren Preisen. Der Preisunterschied zwischen Versionen mit und ohne Teams wird für bestimmte Business-Pakete um 50 Prozent erhöht. Die Websites des Konzerns müssen diese parallelen Angebote klar anzeigen.
Überwachung durch unabhängigen Treuhänder
Die meisten Verpflichtungen gelten sieben Jahre lang. Die Zusagen zur Interoperabilität und Datenportabilität bleiben sogar ein ganzes Jahrzehnt bestehen – ein Signal für langfristige Marktveränderungen.
Ein unabhängiger Treuhänder wird die Umsetzung überwachen und bei Streitigkeiten zwischen Microsoft und Drittanbietern vermitteln. Sowohl Slack als auch alfaview zogen ihre Beschwerden nach Markttests im Mai und Juni 2024 zurück.
„Die Entscheidung wird Europas digitale Wettbewerbsfähigkeit stärken“, kommentierte Niko Fostiropoulos, Gründer und CEO von alfaview. Sie sende „ein wichtiges Signal für Europas digitale Souveränität“.
Wegweisend für Big-Tech-Regulierung
Für Microsoft bedeutet die Einigung einen wichtigen Erfolg – das Unternehmen vermeidet eine Milliardenstrafe und beendet einen belastenden Rechtsstreit. Konkurrenten im Bereich Kollaborationssoftware sehen die Entscheidung als Schritt zu faireren Wettbewerbsbedingungen.
Der Fall galt als Gradmesser dafür, wie Regulierer mit der enormen Macht der Tech-Giganten umgehen. Die EU-Kommission prüft besonders aktiv die Geschäftspraktiken großer Technologieunternehmen. Die Entscheidung unterstreicht die Bereitschaft, strukturelle Reformen gegenüber Geldstrafen zu akzeptieren, wenn Unternehmen kooperativ auf Wettbewerbsbedenken reagieren.
Gleichzeitig vermeidet das Ergebnis eine Eskalation der transatlantischen Handelsspannungen – besonders nach jüngsten EU-Maßnahmen gegen andere US-Tech-Riesen, die Kritik aus Washington hervorriefen.
Für Geschäftskunden bedeutet das sofort mehr Auswahl und klarere Preise beim Kauf von Microsofts Produktivitätspaketen. Die Möglichkeit, Kollaborations-Tools unabhängig von der Kern-Bürosoftware zu wählen, könnte zu einem vielfältigeren und wettbewerbsintensiveren Ökosystem führen.
„Faire Marktbedingungen fördern nicht nur technologische Vielfalt, sondern sichern auch die langfristige Innovationskraft des europäischen Marktes“, betonte alfaview-Chef Fostiropoulos. Diese Einigung könnte genau dieser Wandel sein.