Meta unter Kartellverdacht: EU untersucht KI-Blockade bei WhatsApp
06.12.2025 - 03:51:12Die Europäische Kommission geht gegen Meta vor. Der Vorwurf: Der Konzern missbraucht seine Marktmacht, um konkurrierende KI-Anbieter systematisch von WhatsApp auszusperren – während die eigene KI ungehindert arbeiten darf.
Die am Donnerstag angekündigte Untersuchung markiert einen Wendepunkt im digitalen Wettbewerbsrecht. Erstmals nimmt Brüssel einen Tech-Riesen ins Visier, weil er anderen KI-Anbietern den Zugang zu seiner Plattform verwehrt. Was bedeutet das für die boomende KI-Branche in Europa?
Im Zentrum steht eine Regeländerung von Oktober 2025. Meta schränkte die Nutzungsbedingungen für die “WhatsApp Business Solution” ein – jene Schnittstelle, über die Unternehmen automatisiert mit Kunden kommunizieren. Drittanbieter, deren “Hauptgeschäft” künstliche Intelligenz ist, dürfen die Plattform nicht mehr nutzen. Metas eigener KI-Assistent “Meta AI” bleibt davon unberührt.
Für Unternehmen, die KI-gestützte Kundenkommunikation anbieten, sind regulatorische Fristen jetzt entscheidend. Die EU-KI-Verordnung schreibt Risikoklassifizierung, umfassende Dokumentation und Kennzeichnungspflichten vor – wer das nicht nachweisen kann, riskiert Bußgelder und Einschränkungen beim Marktzugang. Unser kostenloser Umsetzungsleitfaden erklärt kompakt, welche Pflichten für Entwickler und Anbieter gelten und welche Übergangsfristen Sie beachten müssen. Jetzt kostenlosen KI-Verordnung-Leitfaden herunterladen
Die neuen Regeln gelten seit 15. Oktober 2025 für Neueinsteiger. Bestehende Anbieter – darunter OpenAI, Microsoft und zahlreiche europäische Startups – müssen die Plattform bis 15. Januar 2026 verlassen. Gerade einmal sechs Wochen bleiben.
“KI-Märkte boomen in Europa und weltweit”, erklärte Teresa Ribera, Vizepräsidentin der Kommission für Wettbewerbspolitik. “Wir müssen sicherstellen, dass europäische Bürger und Unternehmen von dieser technologischen Revolution profitieren können – und verhindern, dass dominante Digitalkonzerne ihre Macht missbrauchen, um innovative Konkurrenten zu verdrängen.”
Die praktischen Auswirkungen zeigen sich bereits. Microsoft wickelte seinen über WhatsApp integrierten Copilot-Assistenten im November ab. Kleinere europäische KI-Firmen, die auf WhatsApp für automatisierten Kundenservice setzen, berichten von Kündigungsdrohungen.
Meta wehrt sich vehement
Der Konzern weist die Vorwürfe als “haltlos” zurück. Die Einschränkungen seien technischer, nicht wettbewerbsrechtlicher Natur. “KI-Chatbots auf unserer Business-API belasten unsere Systeme über das vorgesehene Maß hinaus”, argumentierte ein Meta-Sprecher am Freitag. “Der KI‑Markt ist hochkompetitiv. Menschen haben über App‑Stores, Suchmaschinen und Betriebssysteme Zugang zu den Diensten ihrer Wahl.”
Doch die Kommission sieht das anders. WhatsApp erreicht weltweit schätzungsweise 3 Milliarden Nutzer. Wer von dieser Plattform ausgeschlossen wird, verliert einen zentralen Vertriebskanal – besonders für Geschäftskunden, die auf automatisierte Kommunikation setzen.
Milliarden-Strafe möglich
Die Untersuchung läuft unter Artikel 102 des EU-Vertrags, der den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verbietet. Anders als Verfahren nach dem Digital Markets Act (DMA) erlaubt dieser klassische Kartellrechtsansatz der Kommission, einstweilige Maßnahmen zu verhängen – faktisch eine gerichtliche Anordnung, die Richtlinie sofort auszusetzen.
Bei einer Verurteilung drohen Strafen von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Bei Metas Umsatz von rund 164,5 Milliarden Euro (2024) wären das theoretisch über 16 Milliarden Euro. Solche Maximalstrafen verhängt Brüssel zwar selten, doch bereits deutlich niedrigere Summen würden empfindlich treffen.
Bemerkenswert: Die Untersuchung umfasst den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum – mit Ausnahme Italiens. Die italienischen Wettbewerbsbehörden führen seit Juli ein eigenes Verfahren zur selben Thematik. Brüssel vermeidet so rechtliche Doppelbelastung, hält aber den Druck auf allen anderen Märkten aufrecht.
Wettlauf gegen die Zeit
Kann die Kommission schnell genug handeln? Der 15. Januar 2026 rückt näher. Rechtsexperten erwarten, dass Brüssel noch vor Jahresende einstweilige Maßnahmen beantragt, um “irreparablen Schaden” für den Markt zu verhindern.
“Das ist ein Testfall dafür, wie schnell Wettbewerbsrecht im KI-Zeitalter reagieren kann”, analysiert Digitalmarkt-Expertin Dr. Elena Koulis. “Wartet die Kommission bis 2026, könnte der Markt bereits unwiderruflich zugunsten Metas gekippt sein. Dass sie nur wenige Wochen nach der Richtlinienänderung eine formelle Untersuchung eröffneten, deutet auf schnelles Handeln hin.”
Tausende Unternehmen, die auf KI-gestützte Kundenkommunikation über WhatsApp setzen, schweben derzeit in der Luft. Müssen sie ihre Systeme bis Mitte Januar migrieren? Oder greift Brüssel rechtzeitig ein? Die kommenden Wochen werden zeigen, ob europäisches Wettbewerbsrecht mit der Geschwindigkeit der Tech‑Konzerne mithalten kann.
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