Merz, Macron

Merz und Macron: Europa kämpft um digitale Unabhängigkeit

18.11.2025 - 15:41:12

Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron treffen sich heute in Berlin, um die digitale Souveränität Europas voranzutreiben. Ihr Ziel: weniger Abhängigkeit von US-Technologiegiganten wie Google, Amazon und Microsoft. Das Timing könnte kaum symbolträchtiger sein – während weltweit Regierungen ihre digitalen Dienste ausbauen, ringt Europa um strategische Autonomie in einer zunehmend digitalisierten Welt.

Die deutsch-französische Initiative reagiert auf wachsende Sorgen über Europas Abhängigkeit bei kritischer digitaler Infrastruktur. Vom Cloud Computing bis zur Künstlichen Intelligenz dominieren ausländische Konzerne den Markt. Beim Berliner Gipfel, an dem auch europäische Digitalminister und CEOs von Unternehmen wie Mistral AI und SAP teilnehmen, geht es um souveräne EU-Cloud-Kapazitäten und faire digitale Märkte. Gleichzeitig zeigen Länder wie Neuseeland, wie moderne E-Government-Lösungen Bürokratie abbauen und die Datensicherheit erhöhen können.

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Im Zentrum der europäischen Initiative steht der Berliner Gipfel, bei dem Merz und Macron eine gemeinsame Strategie zur Verringerung der Abhängigkeit von amerikanischer und asiatischer Technologie vorantreiben. Die Veranstaltung soll mehrere neue digitale Initiativen hervorbringen, die souveräne EU-Cloud-Computing-Fähigkeiten aufbauen. Die Befürworter argumentieren, solche Einrichtungen seien unverzichtbar, um die Daten europäischer Bürger in einem von US-Firmen wie Google, AWS und Microsoft dominierten Sektor zu schützen.

Einen Tag vor dem Gipfel wurde am 17. November das “Europäische Netzwerk für Technologische Resilienz und Souveränität” gegründet. Das Netzwerk vereint Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft, um evidenzbasierte Strategien zu entwickeln und die zahlreichen Initiativen zur Stärkung europäischer Digitalunabhängigkeit zu koordinieren. „Europa braucht eine gemeinsame Strategie, um Schritte zu unternehmen, die wirklich etwas bewegen”, betont Dr. Markus Siewert, Geschäftsführer des TUM Think Tank und Gründungsmitglied.

Die Kernziele des Netzwerks? Branchenübergreifende Zusammenarbeit fördern, eine Wissensbasis über technologische Abhängigkeiten aufbauen und die politischen Rahmenbedingungen für eine souveränere digitale Zukunft mitgestalten.

Neuseeland startet nationale Plattform für digitale Identitäten

Während Europa über Souveränität diskutiert, prescht Neuseeland mit konkreten E-Government-Lösungen vor. Am 17. November kündigte die Regierung eine neue Plattform an, die Behörden die Ausstellung sicherer digitaler Nachweise erleichtert. Entwickelt wird sie vom neuseeländischen Unternehmen MATTR, verwaltet vom Innenministerium.

Digitalministerin Judith Collins erklärt, der gemeinsame Dienst ermögliche es Behörden, digitale Nachweise direkt in eine derzeit entwickelte „Government App” auszustellen. Das Ziel: Alltägliche Identifikationsaufgaben vereinfachen und physische Dokumente durch eine sicherere digitale Alternative ersetzen. Das Ministerium für Wirtschaft, Innovation und Beschäftigung wird in einem ersten Pilotprojekt digitale Geschäftsnummern ausstellen.

„Eine einzige Plattform senkt die Kosten im gesamten öffentlichen Sektor und stellt sicher, dass alle Behörden dieselben hohen Standards für Datenschutz und Sicherheit erfüllen”, so Collins. Kann ein zentralisierter Ansatz tatsächlich Effizienz und Bürgernähe verbinden?

Weltweiter Schwung für digitale Verwaltung

Der Trend zu verbessertem E-Government beschränkt sich nicht auf Europa und Neuseeland. In Afrika treiben Nationen ehrgeizige Digitalisierungsagenden voran. Gabun nimmt aktuell an der Weltkonferenz zur Telekommunikationsentwicklung (CMDT-25) in Aserbaidschan teil, um nationale Prioritäten wie den Ausbau der Konnektivität, die Stärkung digitaler Inklusion und die Förderung von Innovation voranzutreiben. Das Ministerium für Digitale Wirtschaft betont, dies entspreche der Vision des Präsidenten, digitale Technologie als Eckpfeiler nationaler Modernisierung, Souveränität und Verwaltungseffizienz zu positionieren.

In Südafrika richtet das Gauteng-Ministerium für E-Government am 20. und 21. November 2025 eine zweitägige Youth Tech Expo in Johannesburg aus. Die seit 2022 stattfindende Veranstaltungsreihe zielt darauf ab, Jugendarbeitslosigkeit durch digitale Kompetenzen zu bekämpfen und junge Menschen mit Chancen im IKT-Sektor zu verbinden. Die Expo präsentiert Technologie-Demonstrationen, Kompetenzentwicklungs-Sessions und digitale Regierungsdienste – ein eindrücklicher Beleg für die Verbindung zwischen E-Government, wirtschaftlicher Entwicklung und Bürgerbeteiligung.

Neue Technologieplattformen als Fundament

Die globale E-Government-Welle wird durch spezialisierte Technologieplattformen unterstützt. In den USA hat REI Systems, ein Technologieanbieter für Behörden, heute GovSBIR vorgestellt – die erste umfassende, intelligente Plattform zur Modernisierung der bundesweiten Small Business Innovation Research (SBIR) und Small Business Technology Transfer (STTR) Programme.

Die als Low-Code-Lösung konzipierte Plattform soll die Produktivität durch Automatisierung um 30 bis 50 Prozent steigern und Mitarbeiter für wertschöpfendere Aufgaben freistellen. Der vollständige Lebenszyklus dieser Innovationsprogramme wird damit digitalisiert.

Souveränität versus Effizienz: Zwei Seiten einer Medaille

Die parallelen Bewegungen hin zu digitaler Souveränität in Europa und fortschrittlichen E-Government-Diensten weltweit sind zwei Seiten derselben Medaille: die Suche nach Kontrolle und Effizienz in einer zunehmend digitalisierten Welt. Europas Fokus auf Souveränität ist eine direkte Antwort auf wirtschaftliche und geopolitische Verwundbarkeiten.

Die Abhängigkeit von US-Cloud-Anbietern beunruhigt europäische Regierungschefs besonders wegen Gesetzen wie dem US CLOUD Act, der amerikanischen Behörden Zugriff auf Daten von US-Technologieunternehmen erlaubt – unabhängig vom Speicherort. Der Berliner Gipfel und das neue Resilienznetzwerk markieren eine strategische Neuausrichtung: Europa will ein heimisches digitales Ökosystem kultivieren, das europäische Daten und Werte schützt.

Gleichzeitig werden die Fortschritte bei bürgerzentrierten Diensten wie Neuseelands digitaler ID-Plattform von steigenden Erwartungen und dem Bedarf nach öffentlicher Effizienz getrieben. Menschen, die nahtlose digitale Erfahrungen im Banking und Einzelhandel gewohnt sind, fordern dieselbe Bequemlichkeit von Behörden. Diese Initiativen versprechen nicht nur verbesserte Nutzererfahrungen, sondern auch geringere Verwaltungskosten, weniger Papierkram und reduzierte Betrugsraten.

Der gemeinsame Nenner? Der Aufbau fundamentaler digitaler öffentlicher Infrastruktur – sichere, staatlich kontrollierte Systeme, die eine neue Generation vertrauenswürdiger Dienste ermöglichen.

Ausblick: Fragmentierte oder föderierte digitale Welt?

Die digitale Souveränitätsbewegung wird Technologiepolitik und Investitionen in Europa weiterhin prägen. Der Erfolg der deutsch-französischen Initiativen hängt von nachhaltigem politischem Willen und erheblichen Investitionen ab, um mit etablierten globalen Playern zu konkurrieren. Das neue Europäische Netzwerk für Technologische Resilienz und Souveränität wird eine Schlüsselrolle spielen, um fragmentierte nationale Alleingänge zu vermeiden.

Für E-Government lautet der Trend: Integration und Nutzerzentrierung. Staatlich verwaltete digitale Wallets und ID-Apps, wie in Neuseeland, dürften weltweit zur primären Schnittstelle zwischen Bürgern und Staat werden. Die nächste Phase wird die Erweiterung dieser Plattformen auf mehr Dienste bringen – von Wahlen und Gesundheitsversorgung bis zu Unternehmensgründungen und Steuererklärungen.

Die ultimative Herausforderung? Eine Balance finden zwischen nationaler digitaler Autonomie und Sicherheit einerseits sowie einem interoperablen, offenen globalen Internet andererseits, das internationalen Handel und Zusammenarbeit unterstützt. Gelingt Europa der Spagat zwischen Unabhängigkeit und Offenheit?

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