Medienförderung, Neustart

Medienförderung: Österreich plant radikalen Neustart

17.11.2025 - 03:19:12

Österreich krempelt seine Medienförderung um. Minister Andreas Babler (SPÖ) will das über 80 Millionen Euro schwere System von Grund auf reformieren – und setzt dabei auf wissenschaftliche Expertise statt politisches Bauchgefühl.

Der Nationalrat soll diese Woche grünes Licht für eine umfassende Analyse geben. Im Fokus: Qualitätskriterien, Transparenz und ein Ende der umstrittenen Gießkannen-Förderung. Doch der Weg zur Reform ist steinig.

Ein hochkarätiges Konsortium macht sich an die Arbeit: Das Medienhaus Wien, die Österreichische Akademie der Wissenschaften, das Austrian Institute of Technology und der Presseclub Concordia analysieren die bestehenden Strukturen.

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Ihr Auftrag ist klar: Welche Förderungen funktionieren? Welche nicht? Und wie lässt sich Qualitätsjournalismus messbar machen?

Die Ergebnisse sollen Anfang 2026 vorliegen. Babler begründet die Reform deutlich: Das aktuelle System sei “nicht zielgerichtet genug”. Künftig wolle man journalistische Qualität nicht nur stärken, sondern auch einfordern.

Branche legt konkrete Forderungen vor

Die Medienbranche wartet nicht ab. Bei einer zweitägigen Klausur im Schloss Hernstein erarbeiteten 66 Vertreter aus Medien, Wissenschaft und Politik konkrete Handlungsempfehlungen.

Die zentralen Forderungen:

  • Verankerung der Medienvielfalt im Bundesverfassungsgesetz
  • Gesicherte ORF-Finanzierung auf höchster rechtlicher Ebene
  • Konsequente Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes
  • Europäische Regulierung der Big-Tech-Plattformen bei Jugendschutz, Urheberrecht und Steuern

Besonders brisant: Die Experten fordern eine grundlegende Reform der staatlichen Inseratenvergabe. Diese gilt als intransparente Hintür-Förderung und steht seit der “Inseratenaffäre” massiv in der Kritik.

FPÖ wittert Gesinnungskontrolle

Die Opposition sieht das Vorhaben kritisch. FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker warnt vor einem “staatlich gelenkten Kontrollsystem”. Seine Befürchtung: “Linke Großmedien” würden Millionen kassieren, während kritische Stimmen leer ausgingen.

Der Vorwurf wirft eine grundsätzliche Frage auf: Wer definiert Qualität? Und wie verhindert man, dass Förderkriterien zur politischen Waffe werden?

System in der Dauerkritik

Die Probleme sind nicht neu. Der Rechnungshof kritisierte im Sommer die ungleiche Mittelverteilung. Große Medienkonzerne profitieren überproportional, während kleinere Häuser oft durchs Raster fallen.

Noch problematischer: Die Vermischung von direkter Presseförderung und Regierungsinseraten. Kritiker sprechen von informeller Förderung, die sich besonders in reichweitenstarken Boulevardmedien konzentriert. Das Ergebnis: Potenzielle Abhängigkeiten und regierungsfreundliche Berichterstattung.

Wirtschaftlicher Druck treibt Debatte

Die Reform kommt nicht zufällig. Heimische Medienhäuser kämpfen ums Überleben. Werbegelder fließen massiv zu Google, Meta und anderen Tech-Giganten ab. Traditionelle Geschäftsmodelle brechen weg.

In diesem Umfeld wird staatliche Förderung zur Überlebensfrage – aber auch zum Einfallstor für politische Einflussnahme. Die Balance zwischen wirtschaftlicher Unterstützung und journalistischer Unabhängigkeit war selten so prekär.

Konkrete Schritte geplant

Neben der wissenschaftlichen Analyse sind bereits konkrete Maßnahmen in Vorbereitung:

  • 25 Millionen Euro für den Vertrieb gedruckter Zeitungen
  • 30 Millionen Euro für ein “Meine-Zeitung-Abo”-Programm für junge Menschen

Diese Fördertöpfe sollen Teil des finalen Gesetzespakets werden. Die entscheidende Frage bleibt: Nach welchen Kriterien wird verteilt?

Entscheidende Monate stehen bevor

Der Nationalrat soll am 19. oder 20. November die wissenschaftliche Studie beauftragen. Dann beginnt die heiße Phase: Experten analysieren, Lobbyisten argumentieren, Politiker verhandeln.

Bis Anfang 2026 muss die Regierung Antworten liefern. Antworten darauf, wie Österreich Qualitätsjournalismus fördert, ohne ihn zu gängeln. Wie Vielfalt gesichert wird, ohne Einheitsbrei zu produzieren. Und wie Transparenz entsteht, ohne bürokratische Monster zu schaffen.

Die Reform wird zeigen, ob Österreich den Spagat schafft zwischen finanzieller Unterstützung und redaktioneller Freiheit. Die Zukunft der heimischen Medienlandschaft steht auf dem Spiel.

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