Mailand, Luxus-Skandal

Mailand im Luxus-Skandal: 13 Modehäuser unter Verdacht

04.12.2025 - 14:50:12

Die Staatsanwaltschaft Mailand dreht die Daumenschrauben. Am heutigen Donnerstag wurde bekannt: 13 weitere Luxusmarken – darunter Dolce & Gabbana, Ferragamo und Adidas Italien – müssen ihre Produktionsketten offenlegen. Der Vorwurf: systematische Ausbeutung hinter dem glänzenden Label “Made in Italy”.

Was zunächst wie punktuelle Kontrollen in lombardischen Textilbetrieben aussah, entwickelt sich zum Flächenbrand für die gesamte Branche. Die Ermittler unter Paolo Storari fordern “lückenlose Nachweise” über Kontrollsysteme bei der Auftragsvergabe. Denn das System hat einen Namen: Hochpreisige Luxusartikel werden an Subunternehmer ausgelagert, die unter prekären Bedingungen produzieren lassen.

Ein Beispiel verdeutlicht die Dimension: Eine Handtasche für 2.600 Euro im Laden kostete bei einem untersuchten Zulieferer gerade einmal 53 Euro in der Herstellung. Diese Margen, so die Staatsanwaltschaft, seien nur durch massive Ausbeutung möglich.

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Die dramatischste Zuspitzung erlebte gestern der Luxuslederwarenhersteller Tod’s. Vor einem Mailänder Gericht forderten die Staatsanwälte nicht nur die Einsetzung externer Verwalter – auch ein Werbeverbot steht im Raum. Ein nahezu beispielloser Vorgang in der Geschichte der italienischen Luxusindustrie.

Der Vorwurf wiegt schwer: Top-Manager hätten “volles Bewusstsein” über Ausbeutung bei chinesischen Subunternehmern gehabt, aber keine wirksamen Kontrollsysteme etabliert. Die Gerichtsdokumente sprechen von “böswilligen” Handlungen.

Tod’s verteidigte sich mit dem Hinweis, die Verträge mit fraglichen Zulieferern bereits gekündigt zu haben. Richter Domenico Santoro gewährte Aufschub bis 23. Februar 2026. Bis dahin schwebt die Zwangsverwaltung wie ein Damoklesschwert über dem Unternehmen.

Armani-Urteil als Wendepunkt

Die aktuelle Härte hat Vorgeschichte. Im August verhängte die Wettbewerbsbehörde AGCM eine Strafe von 3,5 Millionen Euro gegen Armani – mit wegweisender Begründung: Das Modehaus wurde nicht nur für Produktionsbedingungen belangt, sondern explizit für “irreführende ethische Aussagen”.

Social Greenwashing lautet der neue Tatbestand. Hochglanz-Broschüren über Nachhaltigkeit werden zum juristischen Bumerang, wenn die Realität in den Werkstätten anders aussieht. Die aktuellen Ermittlungen setzen diese Null-Toleranz-Strategie konsequent fort.

Börse reagiert nervös

An der Mailänder Börse gerieten Luxusaktien unter Druck. Investoren fürchten weniger die Geldstrafen als den Reputationsschaden. “Wenn der Konsument das Vertrauen in ‘Made in Italy’ verliert, erodiert die Basis für die hohen Preisaufschläge”, warnt ein Mailänder Marktanalyst.

Die Regierung Meloni versucht Schadensbegrenzung. Industrieminister Adolfo Urso kündigte ein Zertifizierungssystem an, mit dem Unternehmen ihre Gesetzeskonformität nachweisen sollen. Kritiker bezeichnen den Vorschlag als zahnlos – da freiwillig, könnte er eher als Schutzschild für die Marken dienen, ohne strukturelle Probleme zu lösen.

Strukturelles Problem bleibt

Das eigentliche Problem liegt tiefer: Der enorme Preisdruck auf Zulieferer. Luxuskonzerne maximieren ihre Margen, indem sie die Produktionskosten auf ein Minimum drücken. Die Leidtragenden sind Arbeiter in Werkstätten – oft ohne gültige Papiere, zu Hungerlöhnen, rund um die Uhr.

Gewerkschaften haben dafür längst einen Begriff: “Made in Misery”. Ein System, das nicht zufällig entsteht, sondern kalkuliert wird.

Lange Liste berühmter Namen

Die Ermittlungen treffen die Crème de la Crème der Branche. Bereits 2024 standen die italienischen Töchter von Dior und Alviero Martini unter Zwangsverwaltung. Mit Missoni, Ferragamo und Dolce & Gabbana auf der neuen Liste wird deutlich: Dies ist keine Randerscheinung, sondern systemisch.

Für die kommenden Wochen wird erwartet, dass die Staatsanwaltschaft erste Ergebnisse aus der Prüfung der 13 neu beschuldigten Unternehmen vorlegt. Sollten sich die Verdachtsmomente erhärten, drohen weitere prominente Namen unter gerichtliche Kontrolle zu geraten.

Das Ende einer Illusion

Die Ära, in der “Made in Italy” automatisch für ethische Handwerkskunst stand, wird vor Gericht neu verhandelt. Der Glanz des Luxus lässt sich nicht mehr von den Schattenseiten seiner Produktion trennen. Ein heißer Winter für Mailands Modezaren – und möglicherweise das Ende einer teuren Illusion.

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