Leistungsgespräche, Gesetzesdruck

Leistungsgespräche 2025: Zwischen Gesetzesdruck und Vertrauenskrise

27.11.2025 - 07:40:12

Die Zukunft der Mitarbeitergespräche steht auf der Kippe. Während die Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie konkrete Formen annimmt, kämpfen DAX-Konzerne wie SAP und Siemens mit internen Kulturkonflikten. Die Botschaft an Personalabteilungen könnte kaum deutlicher sein: Zukunftsfähigkeit erfordert mehr als nur KI-Tools – sie braucht transparente, rechtssichere und vertrauensbildende Dialoge.

Was bedeutet das konkret für deutsche Unternehmen? Die Antwort liegt in einem komplexen Zusammenspiel aus verschärfter Rechtslage und menschlichen Faktoren, die sich nicht wegautomatisieren lassen.

Eine Expertenkommission hat dem Bundesministerium für Gleichstellung Anfang November ihren Abschlussbericht zur Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie vorgelegt. Die rechtlichen Analysen der vergangenen Woche zeigen: Deutsche Arbeitgeber stehen vor einem Paradigmenwechsel.

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Das angekündigte Entgelttransparenzgesetz 2.0 soll bis Juni 2026 deutlich schärfere Vorgaben bringen. Im Gegensatz zu den bisherigen, oft als zahnlos kritisierten Regelungen, werden folgende Kernpunkte erwartet:

Berichtspflicht ab 100 Beschäftigten: Die Schwelle für verpflichtende Gender-Pay-Gap-Berichte könnte von aktuell 500 auf 100 Mitarbeitende sinken. Das würde den Kreis betroffener Unternehmen erheblich erweitern.

Tatsächliche statt theoretischer Gehälter: Künftig werden wohl die real gezahlten Gehälter als Grundlage dienen, nicht mehr die Zielvergütungen. Schlupflöcher verschwinden.

Beweislastumkehr: Besonders brisant ist die vorgesehene Regelung zur Beweislast. Übersteigt die Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern fünf Prozent ohne objektive Begründung, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass keine Diskriminierung vorliegt.

Was bedeutet das für Leistungsgespräche? Sie entwickeln sich vom motivierenden Werkzeug zum rechtlich relevanten Dokument. “Leistungsgespräche dürfen keine vagen ‘Schulterklopfer’ mehr sein”, warnen Arbeitsrechtler diese Woche. Jede Gehaltsabweichung muss durch dokumentierte, objektive Leistungskriterien belegbar sein, die einer rechtlichen Prüfung standhalten.

SAP und die Vertrauenskrise: Wenn Technologie Menschen verliert

Während sich die Rechtslage verschärft, zeigt SAP exemplarisch die kulturellen Fallstricke einer technologiegetriebenen Transformation.

Am Dienstag dieser Woche wurden interne Umfrageergebnisse bekannt: Das Vertrauen der Belegschaft in den Vorstand ist auf nur noch 59 Prozent gesunken. Der Grund liegt in der aggressiven Cloud-first-Strategie und KI-getriebenen Umstrukturierung – klassische “Zukunftsfähigkeit”, die paradoxerweise die Belegschaft verunsichert.

Trotz guter Börsenkurse und innovativer HR-Tools wie dem neuen “Performance and Goals Agent”, der seit diesem Monat allgemein verfügbar ist, bleibt der menschliche Faktor auf der Strecke. Personalvorständin Gina Vargiu-Breuer räumte in einer internen Mitteilung ein, dass die “substanzielle Transformation” für “Druck und Frustration” gesorgt habe.

Die Lektion für Personalabteilungen liegt auf der Hand: Wer 2025 ausschließlich auf technologische Zukunftsfähigkeit setzt – KI-Agenten, Effizienzmetriken, Datenanalyse – riskiert den Bruch des psychologischen Vertrags mit der Belegschaft.

Leistungsgespräche können nicht mehr nur über KPIs für den nächsten Sprint handeln. Sie müssen zu “Vertrauensreparatur-Sitzungen” werden, in denen Führungskräfte transparent über organisatorische Veränderungen und Karrieresorgen sprechen. Das Feedback muss aufwärts fließen, nicht nur abwärts – sonst droht ein Engagement-Einbruch wie in Walldorf.

ESG-Ziele werden persönlich: Das Siemens-Modell

Während SAP als Warnung dient, liefert Siemens ein Zukunftsmodell für Gesprächsinhalte.

Im Vergütungsbericht 2025 von Siemens Healthineers, der diese Woche von Marktanalysten diskutiert wurde, zeigt sich die tiefe Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Zielen (ESG) in die individuelle Leistungsbeurteilung. Die Vergütung von Vorstand und Führungskräften ist inzwischen untrennbar mit spezifischen Nachhaltigkeitszielen verbunden – nicht nur mit Finanzkennzahlen.

Dieser Effekt sickert durch alle Ebenen. “Zukunftsfähigkeit” im Leistungsmanagement bedeutet heute:

Nachhaltigkeitsziele als Bewertungskriterium: Mitarbeitende werden zunehmend nach ihrem Beitrag zur CO₂-Reduktion oder zu sozialen Initiativen des Unternehmens bewertet.

Datenbasierte Ausrichtung: Siemens nutzt fortgeschrittene HR-Analytics, um individuelle ESG-Beiträge mit der übergeordneten Unternehmensstrategie zu verknüpfen. “Purpose” wird genauso rigoros gemessen wie Profit.

Für Personalprofis markiert das das Ende der generischen Stellenbeschreibungs-Besprechung. Die Gespräche 2025 sind hochgradig personalisiert und verbinden die täglichen Aufgaben eines Mitarbeitenden mit der langfristigen Überlebensstrategie der Organisation.

Der Spagat zwischen Compliance und Empathie

Die Entwicklungen Ende November 2025 verdeutlichen eine neue Realität: HR-Abteilungen haben bis Anfang 2026 nur ein schmales Zeitfenster, um ihre Gehaltsstrukturen und Leistungsbewertungen zu überprüfen. Für tarifgebundene Unternehmen bietet die “Vermutung der Angemessenheit” einen gewissen Schutz – alle anderen müssen sofort handeln.

Gleichzeitig wandelt sich die Rolle der Führungskraft fundamental. Das Modell “Manager als Coach” entwickelt sich weiter zu “Manager als Compliance-Beauftragter und Therapeut”. Führungskräfte brauchen dringend Schulungen, wie sie Feedback geben, das gleichzeitig rechtssicher (objektiv, dokumentiert) und psychologisch sicher (empathisch, vertrauensbildend) ist.

KI-gestützte Tools wie Workday oder SAP SuccessFactors sind heute Standard. Der entscheidende Wettbewerbsvorteil liegt künftig nicht im Besitz desTools, sondern in dessen Nutzung zur Förderung menschlicher Verbindungen – nicht zu deren Ersatz.

Zukunftsfähigkeit heißt 2025 also: Eine Leistungskultur schaffen, die transparent genug für die Gerichte und menschlich genug für die Talente ist. Unternehmen, die diese Balance nicht finden, mögen perfekte Algorithmen haben – aber niemanden mehr, der sie bedient.

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