Kurkuma und Grüntee: Leberschäden durch vermeintliche Immun-Booster
22.11.2025 - 01:49:12Experten schlagen Alarm: Hochdosierte Pflanzenextrakte können die Leber massiv schädigen. Neue Daten vom Kongress der American Association for the Study of Liver Diseases in San Diego zeigen das wahre Risiko hinter den vermeintlich harmlosen Naturprodukten. Besonders betroffen sind ausgerechnet die Bestseller der Erkältungssaison.
Die neuesten Analysen des Drug-Induced Liver Injury Network räumen mit einem gefährlichen Mythos auf: Natürlich bedeutet nicht harmlos. Während die gewöhnliche Kurkuma-Wurzel in der Küche unbedenklich ist, sieht es bei hochkonzentrierten Kapseln ganz anders aus.
Das Problem liegt in der Kombination. Viele Hersteller mischen Curcumin mit Piperin aus schwarzem Pfeffer. Der Grund: Piperin schleust den Wirkstoff direkt am Darm vorbei ins Blut. Was die Aufnahme steigern soll, kann für genetisch anfällige Menschen zur Gefahr werden. Die Leber kommt mit den konzentrierten Mengen nicht mehr zurecht.
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Hepatologen berichten von einer besorgniserregenden Verschiebung: Immer häufiger verursachen nicht mehr klassische Medikamente die Leberschäden, sondern pflanzliche Supplemente. Die Konzentration in den Kapseln übersteigt die natürliche Dosis um ein Vielfaches.
Sechs Wirkstoffe auf der Risikoliste
Forscher der University of Michigan identifizierten die Hauptverdächtigen. Diese sechs Inhaltsstoffe tauchen besonders häufig in Zusammenhang mit Leberschäden auf:
- Kurkuma/Curcumin – Der Erkältungs-Klassiker
- Grüntee-Extrakt – Beliebt in Abnehmprodukten
- Ashwagandha – Der Social-Media-Star für besseren Schlaf
- Garcinia Cambogia – Vermarktet als Fatburner
- Roter Reis – Zur Cholesterinsenkung
- Traubensilberkerze – Gegen Wechseljahresbeschwerden
Die Zahlen schockieren: 15,6 Millionen Erwachsene allein in den USA nehmen mindestens eines dieser riskanten Produkte. In Europa dürfte die Situation ähnlich aussehen. Fatal daran: Die Menschen wollen ihrer Gesundheit etwas Gutes tun – und schaden ausgerechnet dem Organ, das sie entgiften soll.
Der unterschätzte Cocktail-Effekt
Die Verbraucherzentralen warnen vor einem weit verbreiteten Fehler: dem unkontrollierten Mischkonsum. Morgens Grüntee-Extrakt für den Stoffwechsel, mittags Vitamin D fürs Immunsystem, abends Ashwagandha gegen Stress. Was harmlos klingt, summiert sich zur Belastung.
Das Hauptproblem liegt in der Regulierung. Nahrungsergänzungsmittel gelten rechtlich als Lebensmittel – nicht als Arzneimittel. Sie durchlaufen keine strenge Zulassungsprüfung auf Sicherheit und Wechselwirkungen. Auf den Verpackungen fehlen meist konkrete Warnhinweise zu Höchstmengen oder Kombinationsrisiken.
Die Verbraucherzentrale kritisiert zudem die Dosierungen. Viele “Immunkuren” liegen weit über den Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung. Doch die Hersteller spielen mit Formulierungen wie “hochdosiert” und “maximale Bioverfügbarkeit” – ohne die Risiken zu benennen.
Wenn Social Media auf die Leber geht
Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel boomt wie nie zuvor. Doch die Geschwindigkeit wird zum Problem. Ein viraler Ashwagandha-Trend auf TikTok kann binnen Tagen Millionenverkäufe auslösen – lange bevor Toxikologen das Risiko bewerten können.
Dr. Robert J. Fontana, einer der führenden Forscher auf dem Gebiet, warnt vor der chemischen Komplexität moderner Supplemente. Es handelt sich nicht mehr um einfache Pflanzenpulver. Die hochprozessierten Extrakte enthalten oft unklare Reinheitsgrade und Zusatzstoffe.
Experten sehen Parallelen zu Kava-Kava, das nach Leberschäden in den 2000ern vom Markt verschwand. Der Unterschied heute: Die schiere Masse an verfügbaren Produkten und die Social-Media-getriebene Verbreitung machen eine Kontrolle nahezu unmöglich.
Was Verbraucher jetzt beachten müssen
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit prüft bereits die Sicherheit von Grüntee-Katechinen. Die neuen Daten dürften den Druck auf verpflichtende Warnhinweise erhöhen. Doch bis dahin liegt die Verantwortung beim Verbraucher.
Besonders riskant: Grüntee-Extrakt auf nüchternen Magen. Die Leberschäden sind hier dosisabhängig dokumentiert. Produkte, die mit “extrem hoher Aufnahme” werben, sollten grundsätzlich kritisch betrachtet werden. Was schneller ins Blut gelangt, belastet die Leber potenziell stärker.
Warnsignale ernst nehmen: Bei Übelkeit, Bauchschmerzen oder Gelbfärbung der Augen nach Start einer neuen Supplementierung sofort das Produkt absetzen und zum Arzt gehen. Wer Medikamente nimmt oder Vorerkrankungen hat, sollte jedes Supplement ärztlich abklären lassen.
Die Wissenschaft zeigt deutlich: Weniger ist mehr. Natürlich ist kein Synonym für risikofrei – schon gar nicht in hochkonzentrierter Form.
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