KI-Verordnung: Deutschland und Frankreich fordern Aufschub
19.11.2025 - 03:39:12Berlin und Paris wollen die strengen EU-Regeln für Hochrisiko-KI um ein Jahr verschieben. Der Grund: fehlende technische Standards und wachsende Sorge um Europas Wettbewerbsfähigkeit. Bereits morgen will die EU-Kommission reagieren.
Die europäische KI-Verordnung gerät ins Wanken – zumindest beim Zeitplan. Deutschland und Frankreich fordern gemeinsam eine zwölfmonatige Verschiebung der strengsten Auflagen für Hochrisiko-KI-Systeme. Die französische Digitalministerin Anne Le Hénanff machte den Vorstoß am Dienstag in Berlin öffentlich. Die Begründung: Verzögerungen bei technischen Standards schaffen zu viel Unsicherheit für Unternehmen.
“Wir müssen der Realität ins Auge sehen: Es gibt zu viele Verzögerungen bei der Entwicklung von Standards”, erklärte Le Hénanff auf der Berliner Konferenz. Die Konsequenz: Unternehmen wissen nicht genau, wie sie die Vorgaben des AI Acts erfüllen sollen. Diese Unsicherheit belaste die Innovationskraft europäischer Firmen massiv.
Besonders betroffen sind sogenannte Hochrisiko-Systeme – KI-Anwendungen in kritischen Infrastrukturen, bei der Personalauswahl oder Kreditprüfung. Gerade hier sind die Auflagen am strengsten. Ohne klare technische Leitlinien von Normungsgremien wie CEN und CENELEC bleiben viele Anforderungen aber schwammig. Kann ein Unternehmen unter diesen Bedingungen wirklich rechtssicher entwickeln?
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Deutschland unterstützt die französische Initiative ausdrücklich. Beide Länder sehen Europa im globalen KI-Wettbewerb unter Druck. Während chinesische und amerikanische Konzerne massiv investieren, drohen europäische Firmen durch überbordende Bürokratie ausgebremst zu werden.
Bundesnetzagentur soll zentrale Aufsicht übernehmen
Trotz der Verzögerungsrufe läuft die nationale Umsetzung der KI-Verordnung weiter. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hat bereits im September 2025 den Konsultationsprozess für das deutsche Durchführungsgesetz gestartet. Eine zentrale Rolle soll dabei die Bundesnetzagentur spielen.
Die BNetzA ist als federführende Aufsichtsbehörde vorgesehen – ein Schritt, den Wirtschaftsverbände wie die BDA und DIHK begrüßen. Eine zentrale Anlaufstelle statt eines Zuständigkeits-Flickenteppichs: Das verspricht weniger Bürokratie und mehr Rechtssicherheit. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen könnte das entscheidend sein.
Darüber hinaus soll die Bundesnetzagentur ein KI-Lab betreiben. Ziel ist es, Innovation aktiv zu fördern statt nur zu regulieren. Ob dieser Spagat zwischen Kontrolle und Unterstützung gelingt, wird sich zeigen müssen.
KMU zwischen Chance und Überforderung
Für den Mittelstand bedeutet die KI-Verordnung einen enormen Kraftakt. Dokumentation, Risikomanagement, Konformitätsbewertung – die Liste der Pflichten ist lang. Viele KMU fragen sich: Wie sollen wir das schaffen?
Experten raten zu einem Perspektivwechsel: Die Anforderungen könnten langfristig einen Wettbewerbsvorteil bringen. Wer Trainingsdaten systematisch analysiert und dokumentiert, entwickelt präzisere, vertrauenswürdigere KI-Systeme. Das stärkt die Reputation – ein Faktor, der im KI-Zeitalter immer wichtiger wird.
Unterstützung gibt es bereits: Die Mittelstand-Digital Zentren haben praxisnahe Leitfäden veröffentlicht. Diese zeigen anhand konkreter Beispiele, wie KMU die Vorgaben erfüllen können, ohne sich heillos zu verzetteln. Die Botschaft: Nicht abwarten, sondern proaktiv angehen.
Dennoch bleibt die Frage: Reicht das aus, oder braucht der Mittelstand mehr Zeit – also genau den Aufschub, den Deutschland und Frankreich fordern?
Alle Augen auf Brüssel
Die Entscheidung fällt morgen. Die EU-Kommission will im Rahmen ihres “Digital Omnibus”-Pakets Anpassungen am AI Act vorschlagen. Ob dazu eine Verschiebung der Hochrisiko-Regeln gehört, ist offen.
Das Europäische KI-Büro arbeitet parallel weiter an Leitlinien und delegierten Rechtsakten. Ziel ist es, die Umsetzung der Verordnung praktikabel zu gestalten. Doch der deutsch-französische Vorstoß zeigt: Der ursprüngliche Zeitplan gerät zunehmend unter Druck.
Für Unternehmen bleibt die Lage klar – und kompliziert zugleich. Die Auseinandersetzung mit dem AI Act ist unvermeidbar. Aber wann genau die strengsten Regeln greifen, könnte sich nun verschieben. Planungssicherheit sieht anders aus.
Europa steht vor einem klassischen Dilemma: Wie viel Regulierung ist nötig, um Grundrechte zu schützen? Und wie viel Flexibilität braucht es, um im globalen Wettbewerb nicht abgehängt zu werden? Der kommende Mittwoch könnte erste Antworten liefern.
PS: Die EU-Kommission prüft aktuell Anpassungen und mögliche Verschiebungen von Hochrisiko‑Regeln – viele Übergangsfristen könnten Unternehmen betreffen. Wenn Ihre Firma Hochrisiko‑KI entwickelt oder einsetzt, sollten Sie jetzt handeln: Der gratis Leitfaden zur KI‑Verordnung fasst die wichtigsten Handlungsschritte, Kennzeichnungspflichten und Dokumentationsanforderungen in einer kompakten Checkliste zusammen. So vermeiden Sie teure Fehler und schaffen Klarheit für Ihre Produktentwicklung. Jetzt Umsetzungsleitfaden herunterladen


