KI-Gesetz, E-Rechnung

KI-Gesetz verzögert, E-Rechnung verschärft: Deutschlands digitale Woche

28.11.2025 - 03:14:12

Die EU-Kommission verschiebt zentrale KI-Regulierungen bis 2027, während Allianz 1.800 Stellen durch Automatisierung abbaut und neue E-Rechnungsstandards für Unternehmen in Kraft treten.

Während die EU ihre KI-Regulierung um zwei Jahre verschiebt, zieht die E-Rechnungs-Pflicht die Schrauben weiter an. Und Allianz zeigt, was Automatisierung konkret bedeutet: 1.800 Jobs stehen auf der Kippe. Eine Woche, die den Spagat zwischen Innovation und Regulierung schmerzhaft offenlegt.

Die letzte Novemberwoche 2025 bündelt die Widersprüche der digitalen Transformation wie im Brennglas. Während Unternehmen längst Fakten schaffen, jongliert die Politik noch mit Fristen und Übergangsregelungen. Das Ergebnis? Ein regulatorisches Flickwerk, das deutsche Firmen vor neue Herausforderungen stellt.

Brüssel drückt die Pausentaste bei KI-Regeln

Am Donnerstag kam die Kehrtwende: Die EU-Kommission will zentrale Bestimmungen des KI-Gesetzes bis Dezember 2027 verschieben. Betroffen sind vor allem die Regelungen für “Hochrisiko-Systeme” – genau jene KI-Anwendungen, die Behörden zur Automatisierung von Genehmigungsverfahren einsetzen wollten.

Für Deutschlands “Digitale Verwaltung” ist das ein zweischneidiges Schwert. Einerseits gewinnen Bundesbehörden Zeit, ihre KI-Systeme zu überprüfen. Andererseits droht der mühsam aufgebaute Schwung bei der Verwaltungsmodernisierung zu verpuffen.

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“Die Pause verschafft uns Luft bei der Beschaffung, ohne sofort in Compliance-Fallen zu tappen”, hieß es vom Gaia-X-Gipfel in Porto, der am Dienstag zu Ende ging. Dort hatte Deutschland seine Rolle als “Ankerkunde” für KI-Lösungen betont – besonders bei der Beschleunigung von Infrastrukturprojekten.

Doch Kritiker sehen die Verzögerung skeptisch: “Kommunen hatten sich auf 2026 eingestellt. Diese Verschiebung bremst die Modernisierung genau dann aus, wenn sie endlich Fahrt aufnahm”, warnen Digitalpolitik-Experten.

E-Rechnungs-Standard wird nachgeschärft

Während bei der KI die Bremsen greifen, wird bei der elektronischen Rechnung Gas gegeben. Am Mittwoch billigte das Europäische Komitee für Normung (CEN) die überarbeitete EN 16931-1 – das technische Rückgrat der deutschen E-Rechnung.

Diese Aktualisierung hat direkten Einfluss auf deutsche Unternehmen. Seit Januar 2025 müssen alle B2B-Transaktionen mit strukturierten E-Rechnungen empfangen werden können. Der neue Standard stellt sicher, dass deutsche Rechnungen auch grenzüberschreitend funktionieren – ein zentraler Punkt der EU-Initiative “MwSt im digitalen Zeitalter” (ViDA).

Das Bundesfinanzministerium hatte bereits Anfang November Klarheit geschaffen: Ausländische Firmen mit deutscher Umsatzsteuer-ID, aber ohne feste Niederlassung, müssen keine strukturierten E-Rechnungen ausstellen – sie müssen sie aber empfangen können.

Auch international zieht die E-Rechnungs-Pflicht Kreise. Am Mittwoch kündigte Großbritannien an, ab April 2029 ein eigenes B2B-Mandat einzuführen. Deutsche Exporteure sollten das in ihrer Digitalisierungsplanung berücksichtigen.

Allianz streicht 1.800 Stellen durch KI-Einsatz

Die theoretischen Debatten über Regulierung bekamen am Freitag ein Gesicht. Versicherungsriese Allianz kündigte an, bis zu 1.800 Jobs abzubauen – hauptsächlich bei der Tochter Allianz Partners. Der Grund: KI-gestützte Kundenbetreuung und automatisierte Schadenbearbeitung.

Die Meldung, die heute von der Süddeutschen Zeitung verbreitet wurde, zeigt das Tempo der Transformation in deutschen DAX-Konzernen. Betroffen sind Standorte in Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien. Der Abbau soll sich über die nächsten 18 Monate erstrecken.

“Das ist die praktische Umsetzung dessen, was ‘Digitale Verwaltung’ im Privatsektor bedeutet”, kommentieren Frankfurter Analysten. Während die Politik über KI-Zeitpläne debattiert, setzen Konzerne die Technologie längst ein – mit spürbaren Folgen für Tausende Beschäftigte.

Der Spagat zwischen Tempo und Kontrolle

Die vergangenen 72 Stunden offenbaren eine wachsende Kluft: Konzerne wie Allianz digitalisieren im Sprint, die Regulierung kommt im Schritttempo hinterher. Die EU bremst bei der KI-Regulierung, um Innovation nicht abzuwürgen – ausgerechnet dann, wenn die Technologie bereits massiv eingesetzt wird.

Ein Lichtblick bleibt die E-Rechnung. Die proaktiven Updates des Bundesfinanzministeriums im November – von den FAQ-Klarstellungen bis zur Abstimmung mit dem CEN-Standard – zeigen: Hier läuft die Transformation strukturiert ab. Anders als in anderen Ländern vermeidet Deutschland bislang das komplette Chaos.

Allerdings arbeitet die Bundesverwaltung noch an der technischen Konsolidierung. Die geplante Zusammenführung der Plattformen ZRE und OZG-RE steht weiterhin auf der Agenda – ein Zeichen, dass auch beim Bund die IT-Infrastruktur noch Baustelle ist.

Was kommt als Nächstes?

Im Dezember dürften Unternehmen konkrete Anleitungen erwarten, wie der neue EN-Standard in bestehende ERP-Systeme integriert wird. Die “Schonfrist” für Papierrechnungen läuft zwar für viele erst Ende 2026 aus – doch die technischen Anforderungen steigen jetzt schon.

Bei der KI-Regulierung steht die nächste Runde an: Der Bundestag wird debattieren müssen, wie mit Digitalprojekten umzugehen ist, die auf den ursprünglichen Zeitplan ausgelegt waren. Die Botschaft an Verwaltung und Wirtschaft ist eindeutig: Die digitale Transformation ist alternativlos – aber das Regelwerk entsteht noch während des Spiels.

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