Innsbrucker Opposition erzwingt Sondergemeinderat gegen Wohnungsverkauf
30.12.2025 - 19:27:12Eine ungewöhnliche Allianz aus fünf Oppositionsparteien stellt sich gegen den geplanten Verkauf von 170 städtischen Wohnungen, den die Stadtregierung zur Haushaltssanierung plant. Sie wirft der Koalition Intransparenz und einen Ausverkauf vor.
Die Innsbrucker Oppositionsparteien haben einen Sondergemeinderat gegen den Verkauf städtischer Wohnungen erzwungen. In einem ungewöhnlichen Bündnis stellen sich FPÖ, Das Neue Innsbruck, KPÖ, Liste Fritz und die Alternative Liste Innsbruck (ALi) gemeinsam gegen die Pläne der Stadtregierung. Diese will 170 Wohnungen der stadteigenen Innsbrucker Immobiliengesellschaft (IIG) an die Neue Heimat Tirol (NHT) übertragen.
Budgetloch soll mit 14 Millionen Euro gestopft werden
Hintergrund ist der Budgetentwurf für 2026. Die regierende „Caprese-Koalition“ aus Liste JA – Jetzt Innsbruck, Grünen und SPÖ plant den Transfer, um die Stadtkassen zu sanieren. Rund 14 Millionen Euro sollen so in die Kasse fließen:
* 8 Millionen Euro als direkter Verkaufserlös
* 6 Millionen Euro aus aufgelösten IIG-Rücklagen
Kritiker rechnen vor: Bei 170 Wohnungen entspricht der kolportierte Preis einem Schnitt von nur 45.000 Euro pro Einheit. Die Opposition spricht von einem „Schleuderpreis“ für das „Familiensilber“ der Stadt. Bürgermeister Johannes Anzengruber verteidigt den Schritt als interne Vermögensverschiebung. Die NHT gehöre je zur Hälfte Stadt und Land, es handle sich nicht um eine Privatisierung.
Die Debatte um städtische Wohnungsverkäufe zeigt, wie wichtig verlässliche Vergleichswerte sind. Unser kostenloser Mietspiegel-Report 2025 liefert Vermietern und Eigentümern aktuelle Vergleichsmieten, rechtssichere Begründungshilfen und typische Fehler, die Mieterhöhungen scheitern lassen. Ideal, um marktgerechte Preise zu prüfen oder Forderungen gegenüber Behörden und Mietern zu belegen. Inklusive übersichtlicher Tabellen für deutsche Städte – Download per E‑Mail. Jetzt Mietspiegel-Report 2025 kostenlos anfordern
Geschlossene Front wirft Stadt Intransparenz vor
Die Opposition nutzte eine gemeinsame Pressekonferenz, um schwere Vorwürfe zu formulieren. Sie wirft der Stadtführung Intransparenz und „Hinterzimmerpolitik“ vor. Viele Details seien den Mandataren nur aus Medienberichten bekannt. Daher hat das Bündnis einen Katalog mit 44 konkreten Fragen ausgearbeitet, um „Informationen zu erzwingen“.
Die Kritik kommt aus allen politischen Lagern:
* FPÖ-Klubobfrau Andrea Dengg warnt vor der dreifachen Schädigung der IIG durch Verlust von Substanz, Mieteinnahmen und hohe Dividenden.
* Birgit Winkel (Das Neue Innsbruck) beklagt das Fehlen offizieller Unterlagen.
* Pia Tomedi (KPÖ) spricht von einem „Ausverkauf der Zukunft“ in einer ohnehin angespannten Wohnungsmarktlage.
* Andrea Haselwanter-Schneider (Liste Fritz) sieht kurzfristige Budgetkosmetik auf Kosten langfristigen Sozialkapitals.
Angst vor einem folgenschweren Dammbruch
Ein zentrales Argument der Gegner ist die Sorge vor einem Präzedenzfall. In Oppositionskreisen kursieren Befürchtungen, dass bis 2030 der Verkauf von bis zu 1.300 städtischen Wohnungen folgen könnte. Mit jeder verkauften Einheit schwinde die direkte Steuerungsmacht der Stadt am Wohnungsmarkt.
Die IIG gilt traditionell als wichtigstes Instrument für leistbaren Wohnraum. Eine Übertragung an die nur zur Hälfte städtische NHT schwäche diese Position. Bürgermeister Anzengruber dementiert Pläne für einen großangelegten Ausverkauf. Weitere „Verschiebungen“ schließt er aber nicht kategorisch aus, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.
Bruch mit einem jahrzehntealten Konsens
Die Debatte markiert eine Zäsur. Jahrzehntelang galt der Grundsatz, das städtische Wohnungsvermögen sei unantastbar und müsse vermehrt werden. Dass nun ausgerechnet eine Koalition mit SPÖ und Grünen diesen Weg geht, hat symbolische Brisanz.
Beobachter deuten den Schritt als Indiz für die prekäre Finanzlage der Stadt. Die Strategie, über Vermögensverschiebungen Haushaltslöcher zu stopfen, birgt hohes politisches Risiko. Sie vereint die ansonsten zerstrittene Opposition und bietet ihr eine ideale Angriffsfläche.
Schlagabtausch zu Jahresbeginn ist sicher
Der Sondergemeinderat muss binnen 14 Tagen einberufen werden – ein heißer politischer Start in den Jänner 2026 ist garantiert. Die Sitzung wird zum Schlagabtausch über die Zukunft der Innsbrucker Wohnungspolitik.
Die Opposition will den Deal in letzter Minute stoppen oder zumindest politisch verteuern. Ob der Transfer wie geplant umgesetzt wird, hängt nun davon ab, ob die Regierungskoalition geschlossen bleibt und ihre Argumente der Budgetnotwendigkeit überzeugen können. Fest steht: Das Thema Wohnen bleibt der entscheidende politische Hebel in Innsbruck.


