IBM, KI-Campus

IBM eröffnet KI-Campus: Deutschland forciert digitale Unabhängigkeit

25.11.2025 - 00:09:11

Quantencomputing, Künstliche Intelligenz und eine europäische Tech-Allianz: Deutschland treibt seine digitale Transformation voran – mit neuer Ministeriums-Struktur, milliardenschweren Investitionen und einem klaren Signal an Silicon Valley.

Das neu geschaffene Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung (BMDS) hat diese Woche seine Strategie für technologische Eigenständigkeit konkretisiert. Nach der feierlichen Eröffnung des IBM Technology Campus in Ehningen und dem Europäischen Digital-Souveränitätsgipfel in Berlin folgen nun konkrete Maßnahmen zum Ausbau der digitalen Infrastruktur.

Der Fokus liegt auf der Umsetzung der „Berliner Erklärung” zur digitalen Souveränität sowie der Weiterentwicklung bürgernaher Dienste wie BundID, die gerade wichtige Wartungsarbeiten abgeschlossen hat.

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Ein Meilenstein für Deutschlands Tech-Landschaft: Bundesminister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung Dr. Karsten Wildberger weihte am 20. November den neuen IBM Technology Campus in Ehningen ein. Die Anlage soll als zentraler Knotenpunkt für Künstliche Intelligenz, Quantencomputing und Hybrid-Cloud-Technologien in Europa dienen.

„Der neue IBM Technology Campus sendet ein starkes Signal für Deutschland als Innovationsstandort”, betonte Minister Wildberger bei der Eröffnungszeremonie, an der auch Baden-Württembergs Vize-Ministerpräsident Thomas Strobl teilnahm. „Solche Investitionen stärken unsere digitale Innovation und sichern Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand.”

Der Campus versteht sich als „Marktplatz der Ideen” und bringt Forschung, Entwicklung und das IBM Innovation Studio unter einem Dach zusammen. Direkt angrenzend liegt das bereits bestehende IBM Quantum Data Center – eine Kombination, die Deutschlands Führungsanspruch im Bereich Quantennutzung unterstreichen soll. Die Eröffnung fügt sich nahtlos in die „Hightech-Agenda” der Koalitionsregierung ein, die auf Partnerschaften mit internationalen Tech-Größen setzt.

„Berliner Erklärung”: Europas Kampfansage an die Tech-Dominanz

Der Einweihung vorausgegangen war der wegweisende „Gipfel zur Europäischen Digitalen Souveränität” am 18. November in Berlin. Kanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron brachten EU-Mitgliedstaaten hinter einer gemeinsamen digitalen Verteidigungsstrategie zusammen. Das Ergebnis: die „Berliner Erklärung” – ein politisches Statement für mehr Unabhängigkeit bei kritischen digitalen Ressourcen wie Dateninfrastruktur und Halbleitern.

„Wir Europäer können und wollen bei Schlüsseltechnologien zur Spitzengruppe gehören”, unterstrich Minister Wildberger. „Deutschland und Frankreich wollen der Motor für mehr europäische digitale Souveränität sein.”

Die Erklärung, die auch von Finnlands Verkehrs- und Kommunikationsministerin Lulu Ranne unterzeichnet wurde, fordert „schnelles Handeln” und „mutige Investitionen”, um die Abhängigkeit von außereuropäischen Tech-Giganten zu reduzieren. Zwar ist das Dokument rechtlich nicht bindend, es gibt aber die gesetzgeberische Agenda für die kommenden Monate vor. Das BMDS wird voraussichtlich bald konkrete Beschaffungsrichtlinien ankündigen, die europäische Digitalprodukte für die Bundesverwaltung bevorzugen.

Bürgerdienste im Fokus: BundID und AusweisApp auf dem Prüfstand

Auf der Anwenderseite arbeitet das Bundesministerium an der Stabilisierung und Verbesserung der zentralen digitalen Identitätsplattformen. Das zentrale Nutzerkonto BundID schloss zwischen dem 17. und 19. November ein planmäßiges Wartungsfenster ab, das die Backend-Performance für seine 4,9 Millionen aktiven Nutzer optimieren sollte.

Trotz eines leichten Rückgangs der Gesamtkonten durch automatische Löschung inaktiver Profile bleibt die tägliche Nutzung stabil – rund 2 Millionen Logins pro Monat. Die Plattform ist derzeit das Tor zu fast 1.800 Online-Verwaltungsservices, von der Fahrzeuganmeldung bis zum Elterngeldantrag.

Parallel dazu erhielt die AusweisApp, die Software zur Nutzung der Online-Funktion des Personalausweises, Ende Oktober und Anfang November Updates. Version 2.4.0 (Windows) und 2.2.0 (Android) brachten visuelle Anpassungen und Verbesserungen bei der Barrierefreiheit. Diese Aktualisierungen sind Teil der Vorbereitungen auf die EU Digital Identity (EUDI) Wallet, deren Einführung bis 2027 vorgeschrieben ist.

Die „Wildberger-Doktrin”: Zentralisierung als Lösung?

Die Gründung des BMDS im Mai 2025 markierte einen bedeutenden strukturellen Wandel in der deutschen Politik. Zuvor waren digitale Zuständigkeiten auf sechs verschiedene Ministerien verteilt – ein Zustand, der unter dem Begriff „digitaler Flaschenhals” berüchtigt wurde. Unter Kanzler Merz signalisiert die Bündelung dieser Befugnisse unter Dr. Karsten Wildberger – einem ehemaligen Manager mit Führungserfahrung bei E.ON und Ceconomy – einen unternehmerisch geprägten, effizienzorientierten Regierungsansatz.

Branchenbeobachter merken allerdings an: Bei aller Souveränitäts-Rhetorik steht die Regierung vor der praktischen Realität von Deutschlands rückständiger Infrastruktur. Ende 2024 lag die Glasfaserabdeckung (FTTP) in Deutschland bei nur 36,8 Prozent – weit unter dem EU-Durchschnitt. Der Erfolg des neuen Ministeriums wird daran gemessen werden, wie schnell diese Lücke geschlossen werden kann.

„Die Gründung des ersten deutschen Digitalministeriums sendet ein klares Signal”, sagte Wildberger Anfang des Jahres. „Digitalisierung und Staatsmodernisierung haben für diese Bundesregierung höchste Priorität.”

Ausblick: Die digitale Brieftasche kommt

Das BMDS wird voraussichtlich Anfang 2026 eine detaillierte Roadmap für die nationale EUDI Wallet vorlegen. Diese digitale Brieftasche soll Bürgern ermöglichen, digitale Versionen ihres Personalausweises, Führerscheins und Bildungsnachweise auf dem Smartphone zu speichern – EU-weit interoperabel.

Kurzfristig liegt der Fokus auf der Umsetzung der am 21. November angekündigten Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes. Sie zielt auf die Digitalisierung von „Kundenanlagen” und Smart-Meter-Gateways ab – ein weiterer Baustein der vernetzten Infrastruktur, die Wildberger anstrebt. Mit dem nun operativen IBM-Campus und der unterzeichneten Berliner Erklärung steigt der Druck auf das neue Ministerium, diese symbolischen Siege in messbare Verwaltungseffizienz zu übersetzen.

Kann Deutschland seinen digitalen Rückstand aufholen und gleichzeitig technologisch unabhängiger werden? Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Wildberger-Doktrin mehr ist als nur politisches Marketing.

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