Gemeinnütziger, Wohnbau

Gemeinnütziger Wohnbau: Skandal und Baustopps erschüttern die Branche

24.11.2025 - 02:10:12

Der gemeinnützige Wohnungsbau steckt in einer tiefen Krise mit 20 Prozent weniger Investitionen, während ein Finanzierungsskandal in Österreich und die Berliner Enteignungsdebatte zusätzlich belasten.

Der gemeinnützige Wohnbau steckt in der Krise. Während sich die Materialkosten stabilisieren, droht ein Finanzierungsskandal im Burgenland und die neu entfachte Enteignungsdebatte in Berlin die Branche zu zerreißen. Investoren ziehen sich zurück, Baustellen stehen still – und der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum war noch nie so groß.

Neubau bricht dramatisch ein

Die Zahlen sind alarmierend. Die Investitionen in den Neubau bei sozial orientierten Wohnungsunternehmen brechen 2025 um fast 20 Prozent auf nur noch 6,4 Milliarden Euro ein, warnt der Gesamtverband der Wohnungswirtschaft (GdW). Trotz kaum steigender Baukosten – Prognosen sahen nur noch einen Anstieg von etwa einem Prozent vor – kommt die Neubautätigkeit vielerorts zum Erliegen.

Ein Beispiel aus Kleve zeigt die Dramatik: Seit vergangenem Mittwoch ruht an der Hoffmannallee der Betrieb auf einer der größten Wohnbaustellen der Region. Das teilweise über Fördermittel finanzierte Projekt der Omega Wohnbau GmbH steht still. Ein Schicksal, das derzeit zahlreiche Vorhaben in Deutschland und Österreich teilen.

Die Kombination aus hohen Zinsen und strengen energetischen Auflagen macht selbst geförderte Projekte ohne massive Eigenkapitalzuschüsse unrentabel. „Die Kosten sind schlicht nicht mehr darstellbar”, heißt es aus der Branche.

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Burgenland-Skandal erschüttert Vertrauen

Ein handfester Skandal in Österreich stellt die Glaubwürdigkeit des gesamten gemeinnützigen Sektors auf die Probe. Im Zentrum steht die Wohnbaugesellschaft „Neue Eisenstädter”. Am Donnerstag forderten die Freiheitlichen im Burgenland eine Live-Übertragung des Untersuchungsausschusses.

Der Hintergrund wiegt schwer: Eine Sonderprüfung deckte gravierende Verstöße gegen das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz auf. Die Vorwürfe:

  • Überhöhte Kreditzinsen
  • Vergabe von „Anlegerwohnungen” statt sozialem Wohnraum
  • Verstoß gegen grundlegende Gemeinnützigkeitsprinzipien

Dieser Fall ist mehr als ein lokales Ereignis. Er liefert Wasser auf die Mühlen der Kritiker und erhöht den regulativen Druck auf alle gemeinnützigen Bauvereinigungen. Der Ruf nach strengeren Kontrollen wird laut – was die ohnehin komplexen Genehmigungsverfahren weiter verlangsamen dürfte.

Berlin: Enteignung ohne Steuergelder?

Als wäre der wirtschaftliche Druck nicht genug, befeuert eine neue Studie die Enteignungsdebatte. Die letzte Woche veröffentlichte Untersuchung der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen” kommt zu einem brisanten Schluss: Die Vergesellschaftung großer Wohnungsbestände ließe sich allein durch Mieteinnahmen refinanzieren.

Der berechnete Finanzierungkorridor für die Entschädigungssumme liegt zwischen 10 und 17 Milliarden Euro. Steuergelder wären nicht nötig, behauptet die Studie. Betroffen wären Unternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen.

Für private wie genossenschaftliche Akteure ist dies ein Alarmsignal. Sollte die Politik diesen Berechnungen folgen, könnte massive Marktunsicherheit entstehen. Investoren, die für den Neubau dringend benötigt werden, könnten sich angesichts drohender Eingriffe weiter zurückziehen.

Förderung: Lichtblicke am Horizont

Trotz düsterer Wolken gibt es auch positive Signale. In Österreich zeichnet sich eine Rückkehr zu bewährten Instrumenten ab. Das aktuelle Regierungsprogramm sieht die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung vor – eine langjährige Forderung der Bauwirtschaft.

Ab Januar 2026 greifen in Bundesländern wie Salzburg neue Unterstützungsmodelle. Das Salzburger Wohnbauförderungsgesetz 2025 sieht Annuitätenzuschüsse von bis zu 500 Euro monatlich vor. Auch die Umstellung auf klimafreundliche Heizsysteme schreitet voran: Bis November wurden allein in Österreich über 16.700 Wohneinheiten umgerüstet.

Branche im Überlebensmodus

Der gemeinnützige Wohnbau befindet sich in einer paradoxen Situation. In Deutschland fehlen laut Studien über 370.000 Wohnungen jährlich – der Bedarf war nie höher. Doch die Fähigkeit der Gemeinnützigen, diesen zu decken, ist historisch geschwächt.

Experten sehen in der Causa „Neue Eisenstädter” und den Baustopps in Nordrhein-Westfalen Symptome desselben Problems: Wenn die reguläre Finanzierung durch Mieteinnahmen und klassische Kredite nicht mehr funktioniert, wächst die Versuchung zu riskanten Modellen oder der Zwang zum Baustopp.

Der Markt bereinigt sich brutal. Nur die kapitalstärksten Genossenschaften und jene mit massiver staatlicher Rückendeckung können ihre Neubaupläne noch aufrechterhalten. Banken verschärfen ihre Kreditvergaberichtlinien nach den jüngsten Insolvenzen und Skandalen weiter.

Was 2026 bringt

Die Branche blickt gespannt auf die Umsetzung der angekündigten „Fast Lane” für Baugenehmigungen, die der GdW fordert. Doch kurzfristig steht Krisenmanagement im Fokus:

Der U-Ausschuss im Burgenland wird in den kommenden Wochen zeigen, wie tief die Probleme in der Wohnbaufinanzierung wirklich reichen. In Berlin wird sich entscheiden, ob die Enteignungsstudie in konkretes Regierungshandeln mündet oder theoretisches Papier bleibt.

Das Jahr 2025 endet für den gemeinnützigen Wohnbau nicht mit der erhofften Erholung. Es endet mit dem dringenden Appell an die Politik, die Rahmenbedingungen grundlegend neu zu justieren.

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