Gefahrstoffverordnung: Neue Meldepflicht für Krebsrisiken am Arbeitsplatz
26.12.2025 - 01:02:11Deutschland verschärft den Arbeitsschutz: Unternehmen müssen Behörden jetzt aktiv informieren, wenn Grenzwerte für krebserregende Stoffe überschritten werden. Die neue Pflicht betrifft Branchen wie Chemie und Bau.
BERLIN – Werden Grenzwerte für krebserregende Stoffe überschritten, müssen Unternehmen das jetzt offiziell melden. Deutschland verschärft mit einer neuen Meldepflicht die Regeln für den Arbeitsschutz und zieht damit die Schraube bei der Bekämpfung von Berufskrebs an. Die aktualisierte Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) verpflichtet Arbeitgeber seit dieser Woche, Behörden aktiv zu informieren, wenn die Grenzwerte für bestimmte karzinogene oder erbgutverändernde Stoffe (CM-Stoffe) überschritten.
Diese Änderung markiert einen grundlegenden Wechsel: weg von interner Dokumentation, hin zu verbindlicher Transparenz. Für Sicherheitsverantwortliche in der Chemie-, Metall- oder Bauindustrie bedeutet die neue „Mitteilungspflicht bei Grenzwertüberschreitungen“ sofortigen Handlungsbedarf. Sie müssen ihre Messdaten und Meldewege dringend überprüfen.
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Was die neue Meldepflicht konkret bedeutet
Im Kern geht es um einen neuen Absatz in § 10 der GefStoffV. Wird der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) oder die Akzeptanzkonzentration für CM-Stoffe der Kategorien 1A und 1B überschritten, muss der Arbeitgeber die zuständige Behörde informieren. Die Frist dafür ist knapp: Innerhalb von zwei Monaten nach Feststellung der Überschreitung muss die Meldung erfolgen.
„Der Fokus verschiebt sich von der Risikobewertung hin zur aktiven Rechenschaftspflicht“, erklärt Dr. Lena Weber, Juristin für Arbeitsschutzrecht. „Die Behörden wollen jetzt sehen, wo und warum Grenzwerte fallen, damit der Maßnahmenplan kein Papiertiger bleibt.“
Die Meldung an die Behörde muss umfassend sein:
* Die konkrete Ursache der Grenzwertüberschreitung.
* Einen detaillierten Maßnahmenplan zur Senkung der Belastung.
* Den geplanten Zeitrahmen, bis wann die Einhaltung wieder erreicht sein soll.
* Rückwirkende Daten zu Expositionsdauer und betroffenen Mitarbeitern.
EU-Deadline treibt nationale Verschärfung an
Den entscheidenden Anstoß für die Verschärfung gab eine EU-Richtlinie zum Schutz vor Asbest (2023/2668), die bis zum 21. Dezember 2025 in nationales Recht umgesetzt werden musste. Deutschland nutzte diese Deadline, um die Meldepflichten nicht nur für Asbest, sondern für alle hochriskanten CM-Stoffe wie Benzol oder Chrom(VI)-Verbindungen zu harmonisieren.
Ziel der Bundesregierung ist es, die Prävention von Berufskrebs zu verbessern. Durch die Meldepflicht sollen Behörden systematische Schwachstellen in den Schutzmaßnahmen früher erkennen und eingreifen können, bevor chronische Gesundheitsschäden entstehen.
Das „Ampel-Modell“ wird verbindlich
Rechtlich verankert wird die Pflicht durch das risikobezogene Maßnahmenkonzept, besser bekannt als „Ampel-Modell“. Dieses teilt das Risiko in drei Zonen ein:
1. Grün (geringes Risiko): Die Belastung liegt unter der Akzeptanzkonzentration.
2. Gelb (mittleres Risiko): Die Belastung liegt zwischen Akzeptanz- und Toleranzkonzentration.
3. Rot (hohes Risiko): Die Belastung überschreitet die Toleranzkonzentration.
Die neue Pflicht wird ausgelöst, sobald die Akzeptanzkonzentration in der Gelb-Zone überschritten wird. Damit ist der Spielraum für ein „erträgliches“ Risiko vorbei. „Unternehmen können sich nicht mehr mit ‚gut genug‘ in der Gelb-Zone zufriedengeben“, sagt Sicherheitsberater Markus Lang. „Der vorgelegte Plan mit Deadline schafft externen Druck, die Belastung wirklich in den grünen Bereich zu senken.“
Baugewerbe und KMU stehen vor großen Herausforderungen
Die Reaktionen der Wirtschaft fallen gemischt aus. Während die chemische Industrie gut vorbereitet ist, sehen besonders das Baugewerbe und viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erhebliche Hürden.
Auf Baustellen im Bestand kann die unerwartete Freisetzung von Asbest jetzt nicht nur einen Arbeitsstopp, sondern auch ein formales Meldeverfahren auslösen. Kritiker monieren die kurze Zweimonatsfrist für komplexe Ursachenanalysen. „Ein belastbarer Maßnahmenplan, der der Behörde standhält, braucht Zeit“, so ein Sprecher des Verbands Deutscher Sicherheitsingenieure (VDSI).
Befürworter halten die Regelung für überfällig. Da Berufskrebs die häufigste tödliche Berufskrankheit in der EU ist, sind Transparenz und die Meldungen an die zentrale Expositionsdatenbank (ZED) essenziell für die Prävention.
Das müssen Unternehmen jetzt umsetzen
Die Übergangsfrist ist abgelaufen. Die Verordnung gilt. Daher ist sofortiges Handeln gefordert.
Checkliste für Arbeitgeber:
1. Messberichte prüfen: Alle aktuellen Messungen der Arbeitsplatzatmosphäre auf CM-Stoffe auditieren. Bei Überschreitungen läuft die Zweimonatsfrist möglicherweise schon.
2. Gefährdungsbeurteilung aktualisieren: Das risikobezogene Konzept muss jetzt rechtlich verbindlich eingearbeitet sein.
3. Vorlagen für Maßnahmenpläne erstellen: Standardisierte Templates entwickeln, die die behördlichen Vorgaben erfüllen.
4. Mitarbeiter schulen: Sicherheitsfachkräfte und Abteilungsleiter informieren, dass die interne „Erledigung“ von Grenzwertüberschreitungen nicht mehr ausreicht.
Für 2026 rechnen Experten mit einer Welle behördlicher Kontrollen. Die neuen Meldedaten werden den Behörden eine gezielte Inspektion von Risikobetrieben ermöglichen. Die Ära der intransparenten Handhabung ist beendet.
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