Gefahrstoffverordnung, Haftungsfalle

Gefahrstoffverordnung: Haftungsfalle für Arbeitgeber verschärft

20.11.2025 - 18:10:12

Wer Arbeitsschutzregeln ignoriert, haftet jetzt persönlich. Die novellierte Gefahrstoffverordnung und verschärfte Rechtsprechung setzen Unternehmen unter Druck – Bußgelder und Regress im sechsstelligen Bereich drohen.

Die rechtlichen Daumenschrauben sind angezogen: Gerichte und Unfallversicherungsträger gehen bei Verstößen gegen Gefahrstoffvorschriften härter denn je vor. Ein aktueller Bericht des Handwerksblatts macht deutlich, dass bereits das Missachten grundlegender Unfallverhütungsvorschriften als grobe Fahrlässigkeit gilt. Parallel entfaltet die Ende 2024 in Kraft getretene Reform der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) ihre volle Wirkung.

Besonders brisant: Der gewohnte Haftungsschutz durch die gesetzliche Unfallversicherung greift nicht mehr, wenn Unternehmer grob fahrlässig handeln. Was bedeutet das konkret für deutsche Betriebe?

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Eigentlich sind Arbeitgeber durch die gesetzliche Unfallversicherung vor zivilrechtlichen Ansprüchen ihrer Mitarbeiter geschützt. Doch dieser Schutz hat eine Sollbruchstelle: grobe Fahrlässigkeit.

Jüngste juristische Bewertungen zeigen: Wer elementare DGUV-Vorschriften ignoriert, steht schnell ohne Schutz da. In einem beispielhaften Fall führten mangelnde Belüftung und nicht entfernte Zündquellen zu einer Explosion. Das Gericht sah darin klare Verstöße gegen § 2 DGUV Vorschrift 1 sowie § 7 und § 12 GefStoffV – grobe Fahrlässigkeit.

Die Folge: Die Berufsgenossenschaft kann Behandlungskosten und Verletztengeld vom Unternehmer zurückfordern. Angesichts steigender Gesundheitskosten summieren sich solche Regressforderungen nach § 110 SGB VII schnell auf sechsstellige Beträge. Kein Wunder also, dass die Sorge vor der persönlichen Haftung in deutschen Chefetagen wächst.

Das Ampel-Modell macht ernst

Die novellierte Gefahrstoffverordnung verschärft den Druck systematisch. Seit diesem Jahr ist das risikobezogene Maßnahmenkonzept für krebserzeugende Stoffe (CMR-Stoffe) verbindlich – dokumentationspflichtig und prüfungsrelevant.

Das Prinzip: Drei Risikobereiche strukturieren die Gefährdung wie eine Ampel. Im grünen Bereich (unterhalb der Akzeptanzkonzentration) reichen Basismaßnahmen. Der gelbe Bereich zwischen Akzeptanz- und Toleranzkonzentration verlangt strikte Minimierung mit konkreten Maßnahmenplänen. Im roten Bereich – bei Überschreitung der Toleranzkonzentration – sind Tätigkeiten nur noch mit strengsten Schutzmaßnahmen wie Vollschutz oder geschlossenen Systemen erlaubt.

Experten von Haufe warnen: Wer bei Kontrollen keine aktuelle Gefährdungsbeurteilung nach diesem Schema vorlegt, liefert den Behörden den Beweis für Organisationsverschulden quasi frei Haus. Die bloße Dokumentation in der Schublade genügt längst nicht mehr – die praktische Umsetzung steht im Fokus.

Bauherren in der Pflicht

Besonders die Bau- und Sanierungsbranche trifft eine gravierende Neuerung: Die Pflichten für Auftraggeber wurden massiv ausgeweitet. Wer Renovierungen beauftragt, muss vorab aktiv erkunden, ob Gefahrstoffe wie Asbest vorhanden sind – und diese Information an ausführende Firmen weitergeben.

Diese neue Mitwirkungspflicht soll verhindern, dass Handwerker unwissentlich krebserregende Fasern freisetzen. Doch was passiert bei Verstößen? Bußgelder drohen, Baustopps durch Aufsichtsbehörden werden zur realen Gefahr. Die Konsequenz für Fachbetriebe: Ohne klare Informationen über die Schadstoffbelastung darf die Arbeit nicht beginnen.

Vertragsstrafen wegen Verzögerungen können hier schnell existenzbedrohend werden. Die Frage drängt sich auf: Sind deutsche Bauherren auf diese verschärfte Verantwortung vorbereitet?

Digitale Überwachung nimmt zu

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) treibt die Digitalisierung der Kontrolle voran. Die Zentrale Expositionsdatenbank (ZED) wird zum Pflichtinstrument – Unternehmen sollen Expositionen gegenüber CMR-Stoffen zunehmend digital erfassen.

Branchenbeobachter erwarten für 2026 erste Grundsatzurteile zur neuen „Veranlasserhaftung” bei Asbestfunden. Bis dahin gilt: Prävention ist der einzige wirksame Schutz vor Haftung.

Was Betriebe jetzt tun müssen

Die Zeit drängt. Unternehmen sollten noch vor Jahresende ihre Gefährdungsbeurteilungen aktualisieren und Mitarbeiter auf Basis der neuen Rechtslage unterweisen. Konkret bedeutet das:

Gefährdungsbeurteilung überprüfen: Entspricht sie dem neuen Ampel-Modell? Lüftungskonzepte müssen validiert, technische Absauganlagen ausreichend dimensioniert sein.

Dokumentation lückenlos führen: Die ZED-Nutzung für CMR-Stoffe ist Pflicht. Bei Bestandsbauten gilt: Vor Arbeitsbeginn Schadstoffgutachten einfordern – die Erkundungspflicht ist kein bürokratischer Papiertiger mehr.

Die Botschaft ist unmissverständlich: Der Gesetzgeber meint es ernst. Wer jetzt nicht handelt, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern im Ernstfall die wirtschaftliche Existenz.

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