Führungskrise, Rotstift

Führungskrise: Warum der Rotstift das falsche Signal sendet

28.11.2025 - 17:49:12

Die Schere klafft auseinander. Während eine neue Studie belegt, dass moderne Führung radikal individualisiert werden muss, regiert in deutschen und österreichischen Unternehmen der Rotstift. Die Bundesagentur für Arbeit meldete heute ernüchternde Zahlen – und ausgerechnet jetzt warnen Forscher: Standardisierte Führung versagt bei altersgemischten Teams. Droht der Wirtschaft ein gefährlicher Rückzug ins Krisenmanagement, während sie eigentlich in ihre Führungskräfte investieren müsste?

Eine am Mittwoch im Fachjournal Work, Aging and Retirement veröffentlichte Metastudie liefert die bisher umfassendste Evidenz: Es gibt keinen Führungsstil, der für alle Altersgruppen gleichermaßen funktioniert. Die Forscherinnen Eva Zellman, Daniela Andrei und Sharon Parker analysierten jahrzehntelange Datenreihen und kommen zu einem eindeutigen Schluss: Besonders ältere Mitarbeitende brauchen einen beziehungsorientierten Führungsansatz – geprägt von Unterstützung, Wertschätzung und Mentoring.

Was in vielen deutschen Konzernzentralen noch als „Soft Skill” abgetan wird, erweist sich laut der Studie als harter Leistungsfaktor. Während jüngere Beschäftigte auf verschiedene Führungsstile reagieren, hängen Bindung und Wohlbefinden älterer Kollegen überproportional stark von der emotionalen Sicherheit ab, die relationale Führung schafft. Kein Wunder also, dass klassisches „Command and Control” in gemischten Teams zunehmend versagt.

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Doch die wirtschaftliche Realität zeichnet ein anderes Bild. Heute Morgen legte die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg ihre November-Zahlen vor – und BA-Chefin Andrea Nahles fand deutliche Worte: „Die konjunkturelle Schwäche hält an und der Arbeitsmarkt bleibt ohne Schwung.” Zwar sank die Arbeitslosigkeit im November saisonbedingt leicht, doch im Jahresvergleich stieg sie um 111.000 Personen. Noch alarmierender: Die Zahl offener Stellen fiel um 44.000 gegenüber dem Vorjahr. Unternehmen halten sich mit Neueinstellungen zurück.

In Österreich sieht es kaum besser aus. Eine am 19. November veröffentlichte Deloitte-CFO-Umfrage spricht Bände: 65 Prozent der befragten Finanzvorstände kämpfen mit hoher wirtschaftlicher Unsicherheit. Gerhard Marterbauer, Partner bei Deloitte Österreich, bringt es auf den Punkt: „44 Prozent der CFOs erwarten in naher Zukunft Personalabbau.” Für 58 Prozent der Finanzchefs hat Kostenreduktion strategisch höchste Priorität.

Das Budget für Führungskräfteentwicklung? Steht auf der Streichliste.

Die gefährliche Transformationslücke

Hier entsteht eine gefährliche Diskrepanz. Eine frühere Deloitte-Leadership-Umfrage aus dem September ergab: 82 Prozent der Unternehmen befinden sich aktuell in Transformationsprozessen. Doch diese scheitern häufig an mangelnder Einbindung der Belegschaft und Kommunikationsdefiziten.

Die neue Datenlage offenbart eine „Transformationslücke”:

Der Bedarf: Unternehmen müssen sich transformieren, um Digitalisierung und demografischen Wandel zu bewältigen. Das zeigt die Zellman-Studie eindeutig.

Die Hürde: Wirtschaftlicher Druck zwingt zum Rückzug auf Kostenkürzungen. Die BA-Daten und CFO-Umfragen sprechen eine klare Sprache.

Das Risiko: Wer gerade jetzt in der Krise „weiche” Investitionen in Führungsentwicklung streicht, riskiert den Verlust genau jener Belegschaft, die den Turnaround schaffen soll.

Wenn Führungskräfte unter dem Druck kurzfristiger Sparziele in Mikromanagement verfallen, zerstören sie möglicherweise das Vertrauen, das laut der Work, Aging and Retirement-Studie für die Stabilität erfahrener Teams unverzichtbar ist. Kann sich die deutsche Wirtschaft diesen strategischen Fehler leisten?

„Jetzt erst recht”: Vielfalt als Resilienzfaktor

Gegen diesen Wind stemmt sich die Diversity-Community mit neuem Selbstbewusstsein. Auf der vergangene Woche in Berlin stattfindenden Konferenz „DIVERSITY 2025″ des Tagesspiegel (19.-20. November) lautete das Motto bewusst kämpferisch: „Gegen den Wind” (#JetztErstRecht).

Redner wie Cawa Younosi und Bundestagsabgeordneter Karamba Diaby machten deutlich: Diversity-Initiativen dürfen keine Schönwetter-Projekte sein. Der Konsens aus Berlin: Gerade in Krisenzeiten ist eine inklusive Kultur kein Luxus, sondern ein Resilienzfaktor. Von Unternehmensführungen wird zunehmend erwartet, unabhängig vom wirtschaftlichen Klima klar Position zu beziehen.

Die Botschaft könnte kaum aktueller sein. Während CFOs den Rotstift ansetzen, warnt die Forschung: Wer Führung standardisiert und Beziehungsarbeit spart, verliert den Kontakt zu älteren Beschäftigten – ausgerechnet in einer Phase, in der der demografische Wandel Unternehmen zwingt, erfahrene Mitarbeitende länger zu halten.

Der Spagat für 2025

HR-Verantwortliche in Deutschland stehen 2025 vor einem doppelten Mandat. Sie müssen den unmittelbaren Druck zur „Kostendisziplin” – wie die heutigen BA-Zahlen unterstreichen – bewältigen und gleichzeitig Führungskräfte befähigen, altersgemischte Teams mit der nötigen Feinheit zu leiten.

Die erfolgreichen Organisationen werden jene sein, die diese Ziele nicht als Gegensätze begreifen. Statt zwischen Effizienz und Empathie zu wählen, werden sie Führungskräfte ausbilden, die Performance durch relationale Inklusion steigern. Denn wer heute an der falschen Stelle spart, zerstört die Personalkapazität von morgen.

Verantwortlich für die Proteste gegen Sparmaßnahmen sind letztlich nicht die Mitarbeitenden, sondern kurzsichtige Strategien. Das dürfte spannend werden – und zwar für beide Seiten.

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Hinweis: Die zitierten Arbeitsmarktdaten wurden von der Bundesagentur für Arbeit am 28. November 2025 veröffentlicht. Die Studienergebnisse basieren auf der Publikation in Work, Aging and Retirement vom 26. November 2025.

@ boerse-global.de