Frankreich und Deutschland: Europa im Doppel-Stillstand

Die beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone sind politisch gelähmt. Während Berlin nach dem Ampel-Aus auf Neuwahlen wartet, steht Paris vor einem dramatischen Regierungssturz. Die Folge: Investoren werden nervös, dringende Reformen bleiben liegen.

Nach dem Ampel-Bruch Anfang November regiert Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit einer Minderheitsregierung. Für jedes Gesetz braucht er die Union. Der Plan: Am 16. Dezember stellt er die Vertrauensfrage, am 23. Februar 2025 folgen Neuwahlen.

Bis dahin herrscht legislativer Stillstand. Scholz bot der Opposition an, noch vor Weihnachten das Kindergeld zu erhöhen und die Kalte Progression abzubauen. Doch Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) blockt: Keine Unterstützung für SPD-Wahlkampfthemen, solange die Vertrauensfrage nicht gestellt ist.

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Haushaltschaos bedroht Wirtschaft

Besonders kritisch: Es gibt keinen verabschiedeten Haushalt für 2025. Ab Januar greift die vorläufige Haushaltsführung. Das bedeutet konkret:

• Keine neuen Förderprogramme
• Investitionen nur bei rechtlicher Verpflichtung
• Planungsunsicherheit für Unternehmen

“Die Unsicherheit ist Gift für den Standort”, warnen Wirtschaftsverbände. Projekte wie das “Wachstumschancengesetz” drohen zu scheitern. Unternehmen wie Northvolt oder Intel überdenken ihre Deutschland-Investitionen.

Paris vor dem Absturz: Barniers Regierung am Ende

Noch dramatischer die Lage in Frankreich. Premierminister Michel Barnier muss einen radikalen Sparhaushalt durchsetzen – das Defizit liegt bei über 6 Prozent des BIP. Doch ihm fehlt die Mehrheit.

Le Pens tödliches Ultimatum

Marine Le Pen vom rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) stellt Forderungen: Keine Erhöhung der Stromsteuer, keine Kürzungen im Gesundheitswesen. Am Donnerstag strich Barnier die Stromsteuer-Erhöhung. Le Pens Reaktion? “Nicht ausreichend.”

Sie droht offen mit einem Misstrauensvotum in der kommenden Woche. Stimmt der RN gemeinsam mit dem Linksbündnis gegen Barnier, ist die Regierung Geschichte. Frankreich stünde ohne Haushalt und ohne handlungsfähige Führung da.

Märkte schlagen Alarm: Frankreich wie in der Eurokrise

Die Finanzmärkte reagieren nervös auf die Doppelkrise:

• Risikoaufschlag explodiert: Der Zinsabstand zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen erreicht fast 90 Basispunkte – Niveau der Eurokrise 2012
• Euro unter Druck: Die Gemeinschaftswährung schwächelt gegenüber dem Dollar
• Börsen nervös: Während der DAX stabil bleibt, reagiert der CAC 40 hochsensibel auf Le Pens Drohungen

“Wenn Frankreich in eine Regierungskrise stürzt, während Deutschland im Wahlkampf ist, fehlt Europa die Führung”, warnt ein Marktstratege. Besonders brisant: Die USA unter dem designierten Präsidenten Trump könnten diese Schwäche ausnutzen.

Europa ohne Kompass: Projekte auf Eis

Die gleichzeitige Lähmung von Berlin und Paris blockiert die gesamte EU:

• Reformen gestoppt: Kapitalmarktunion und Verteidigungsanleihen liegen auf Eis
• Brüssel handlungsunfähig: Wichtige Entscheidungen brauchen deutsche und französische Mandate
• Standortverluste: Unternehmen verschieben Europa-Investitionen wegen ungeklärter Förderkulissen

Experten sehen gefährliche Parallelen zu früheren Krisen: “Wir leisten uns politischen Stillstand, während die Wirtschaft dringend Reformen braucht.”

Die entscheidende Woche: Was jetzt passiert

Frankreich (2.-5. Dezember): Barnier wird den Haushalt vermutlich per Notparagraf durchdrücken. Dann folgt das Misstrauensvotum. Überlebt er nicht, droht eine Finanzkrise.

Deutschland (bis 16. Dezember): Letzte Chance für minimale Einigungen zwischen Scholz und Merz – etwa beim Schutz des Bundesverfassungsgerichts oder bei Steueranpassungen.

Längerfristig: Bis März/April 2025 wird Deutschland wirtschaftspolitisch ausfallen. Frankreichs Schicksal entscheidet sich in Tagen.

Für Investoren heißt das: Die politische Risikoprämie ist zurück in Europa. Und sie wird bleiben.

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