Thema des Tages, Aktienfokus

FRANKFURT / NEW YORK - Die Debatte um das chinesische KI-Start-up DeepSeek hat Techwerte am Montag deutlich nach unten gezogen.

27.01.2025 - 22:48:20

AKTIEN IM FOKUS 4: DeepSeek sorgt für KI-Gewitter - Siemens Energy sackt ab

(neu: Kurse aktualisiert, Zahlen von Siemens Energy)

FRANKFURT/NEW YORK (dpa-AFX) - Die Debatte um das chinesische KI-Start-up DeepSeek hat Techwerte am Montag deutlich nach unten gezogen. Der technologielastige US-Index Nasdaq 100 US6311011026 sackte letztlich um knapp 3 Prozent ab. Allerdings hatte der Index 2024 auch um rund 25 Prozent zugelegt, nach einem Anstieg um mehr als 50 Prozent im vorangegangenen Jahr.

Am Wochenende kochten Diskussionen über DeepSeeks neuestes KI-Modell immer weiter hoch, da es kosteneffizient sein soll und womöglich mit weniger starken Chips für Künstliche-Intelligenz-Anwendungen auskommt als die großen Modelle der etablierten Anbieter. Experten wollen die jüngsten Entwicklungen zwar nicht überbewerten. Gleichwohl könnte die Debatte eine Konsolidierung der teils hohen Bewertungen im Tech-Bereich auslösen, so ein Börsianer.

So weckt die Debatte bei Investoren Sorgen mit Blick auf die Bewertungen von Tech-Werten wie die KI-Chipspezialisten Nvidia US67066G1040, Broadcom US11135F1012 und AMD US0079031078 sowie des Software-Konzerns Microsoft US5949181045. An der japanischen Börse standen die Halbleiterindustrie-Ausrüster Tokyo Electron und Advantest sowie der Tech-Investor Softbank JP3436100006 deutlich unter Druck.

Nvidia sackten zum Wochenstart in New York um 17 Prozent auf 118,42 US-Dollar ab. Damit verlor Nvidia den Status als wertvollstes börsennotiertes Unternehmen wieder an den iPhone-Konzern Apple US0378331005, dessen Marktwert um 3,2 Prozent auf 3,46 Billionen Dollar anzog. Der Marktkapitalisierungs-Verlust von 589 Milliarden US-Dollar bei Nvidia war der höchste Tagesverlust in der US-Börsen-Geschichte.

Der Softwareriese Microsoft, dessen Papiere um 2,1 Prozent fielen, zog mit einer Marktkapitalisierung von aktuell noch 3,23 Billionen Dollar ebenfalls an Nvidia (noch 2,90 Billionen Dollar) vorbei.

Am deutschen Markt gerieten Aktien wie Aixtron DE000A0WMPJ6 (-5,6 Prozent), Siltronic DE000WAF3001 (-1,6 Prozent), Süss Microtec DE000A1K0235 (-9,1 Prozent) und Kontron AT0000A0E9W5 (-2,8 Prozent) unter Druck. Im Dax DE0008469008 fielen Infineon DE0006231004 und Siemens DE0007236101 um 1,9 beziehungsweise 3,4 Prozent. SAP DE0007164600 notierte dagegen nur 0,8 Prozent im Minus.

Die Aktien des auch auf den Bau von Rechenzentren spezialisierten Baukonzerns Hochtief DE0006070006 korrigierten mit minus 5,2 Prozent weiter nach ihrer jüngsten Rally.

Auch Papiere aus dem Energiebereich litten, nachdem in den vergangenen Monaten der steigende Strombedarf der rechenintensiven KI-Systeme teils kräftigen Rückenwind verliehen hatte. Einer der größten Leidtragenden war Siemens Energy DE000ENER6Y0, die von ihrem Rekord am Freitag bei über 60 Euro um 20 Prozent abstürzten. Seit Ende 2023 hatten sie sich bis Freitag aber auch gut verfünffacht. Die nachbörslich veröffentlichten Quartalszahlen fielen zwar besser als erwartet aus. Doch die Kursgewinne auf der Handelsplattform Tradegate waren nach dem vorherigen Absturz der Aktie nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

"Das Weltuntergangszenario, das gerade im Twitter-Universum verbreitet wird, scheint übertrieben", schreiben die Experten um Stacy Rasgon von Analysehaus Bernstein Research. Die KI-Modelle von DeepSeek seien gut und böten eine gute Leistung, allerdings sei OpenAI garantiert nicht für 5 Millionen US-Dollar nachgebaut worden. Zudem überrasche die Effizienz von DeepSeek-V3 nicht angesichts des verwendeten Modellaufbaus. Diese sogenannte Mixture-of-Expert (MoE)-Architektur sei darauf ausgelegt, die Kosten für Training und Betrieb von KI-Modellen zu reduzieren, da immer nur ein Teil der Modellparameter aktiv sei.

Dass die aktuellen Entwicklungen Investoren dennoch nervös machten, basiert laut Rasgon und Kollegen auf einem Missverständnis mit Blick auf die Kosten für das jüngste DeepSeek-Modell. Weitere Gründe seien, dass DeepSeek kleinere Modelle aus größeren extrahiere sowie die niedrigen Preise, die es für die Nutzung seiner Programme aufrufe.

Der erste Sorgenfaktor erscheine grundsätzlich falsch, da das Unternehmen keine revolutionären oder unbekannten Technologien verwendet habe, so die Experten. Der zweite Punkt sei schon interessanter, aber auch nichts Neues, wenngleich die Berechtigung des Ansatzes untermauert worden sei.

Die Investorensorgen angesichts der Preise, die DeepSeek verlange, seien allerdings nicht von der Hand zu weisen. Zwar sei die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens unklar, aber die Sache werfe Fragen über die Rolle und Lebensfähigkeit von proprietären KI-Modellen im Vergleich zu Open-Source-Ansätzen auf.

Grund zur Panik sei all das aber dennoch nicht, denn angesichts der rasant steigenden Kosten für den weltweiten KI-Ausbau seien Innovationen wie die von DeepSeek notwendig. Diese Innovationen gingen zudem wohl kaum über das hinaus, was Top-KI-Entwickler nicht auch wüssten. Und: Im Techsektor sorgten Effizienzzuwächse normalerweise für eine steigende Nachfrage.

@ dpa.de

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