Firmenwagen, Mindestlohn

Firmenwagen zählt nicht als Mindestlohn

14.11.2025 - 21:13:12

Höchstrichterliche Entscheidung bestätigt, dass der gesetzliche Mindestlohn ausschließlich in bar zu zahlen ist. Sachleistungen wie Firmenwagen gelten nicht als Erfüllung und führen zu Nachzahlungspflichten.

Das Bundessozialgericht hat entschieden: Ein Dienstwagen kann den gesetzlichen Mindestlohn nicht ersetzen. Unternehmen, die Geringverdiener ausschließlich mit Sachleistungen vergüten, müssen nun mit erheblichen Nachzahlungen rechnen.

Die am Freitag verkündete Entscheidung aus Kassel dürfte bei vielen Arbeitgebern für Unruhe sorgen. Der 12. Senat des BSG stellte unmissverständlich klar: Der Mindestlohn ist ein Anspruch auf Barzahlung – Punkt. Wer glaubte, diesen durch einen Firmenwagen oder andere Sachleistungen abgelten zu können, liegt falsch. Die Deutsche Rentenversicherung hatte in mehreren Fällen Nachzahlungen gefordert und bekam nun höchstrichterlich Recht.

Kernfrage: Geld oder Gegenwert?

Was war passiert? In zwei Verfahren (Az.: B 12 BA 8/24 R und B 12 BA 6/23 R) hatten Arbeitgeber ihre Teilzeitkräfte ausschließlich mit einem Firmenwagen zur Privatnutzung vergütet. Die Sozialversicherungsbeiträge wurden ordnungsgemäß auf den Geldwert dieses Sachbezugs abgeführt. Soweit, so üblich – könnte man meinen.

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Doch die Richter sahen das anders. Das Mindestlohngesetz verlange eine Geldzahlung zur Sicherung des Lebensunterhalts, so die klare Aussage. Der Mindestlohnanspruch entstehe kraft Gesetzes automatisch – und zwar als Bargeldanspruch. Die bereits gezahlten Beiträge für den Firmenwagen? Die decken nur den Sachbezug ab, nicht aber die Pflicht zur Mindestlohnzahlung. Ergo: Arbeitgeber müssen doppelt zahlen.

Von der Betriebsprüfung bis Karlsruhe

Der Weg zu diesem Urteil begann mit Routineprüfungen durch die Rentenversicherung. Bei Betriebsprüfungen waren die fragwürdigen Vergütungsmodelle aufgefallen: Teilzeitbeschäftigte, die faktisch keinen Cent auf ihr Konto überwiesen bekamen, sondern nur einen Dienstwagen. Die Rentenversicherung forderte daraufhin erhebliche Nachzahlungen – berechnet auf Basis des nicht ausgezahlten Mindestlohns.

Zunächst hatten die betroffenen Unternehmen vor den Landessozialgerichten Erfolg. Diese urteilten, die Frage der Mindestlohnerfüllung sei für das Beitragsrecht irrelevant. Ein Trugschluss, wie sich nun zeigt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund ging in Revision – und bekam vom höchsten Sozialgericht Deutschlands recht. Die Entscheidung schafft nun bundesweit Klarheit.

Das Problem mit dem “Phantomlohn”

Die BSG-Richter bestätigten damit eine Rechtsauffassung, die bereits das Bundesarbeitsgericht vertreten hatte: Der Mindestlohn ist eine reine “Geldschuld”. Was kompliziert klingt, hat einen simplen Kern: Sozialversicherungsbeiträge werden auf den geschuldeten, nicht auf den tatsächlich gezahlten Lohn fällig.

Ein sogenannter Phantomlohn entsteht genau dann, wenn ein Anspruch besteht, aber nicht ausgezahlt wird. Und genau das war hier der Fall. Die Arbeitnehmer hatten einen gesetzlichen Anspruch auf Mindestlohn in bar – egal, ob sie ihn erhielten oder nicht. Dass sie zusätzlich einen Firmenwagen nutzten, ändert daran nichts.

Was ist mit Arbeitnehmern, die durch diese Doppelvergütung mehr erhalten als vertraglich vereinbart? Das sei zivilrechtlich zu klären, so die Richter. Die öffentlich-rechtliche Beitragspflicht bleibe davon unberührt.

Warnung an kreative Vergütungsmodelle

Das Urteil ist ein klarer Dämpfer für Unternehmen, die auf “kreative” Vergütungslösungen gesetzt haben. Sachbezüge wie Firmenwagen, Gutscheine oder Unterkunft mögen bei höheren Gehältern zusätzliche Benefits sein – beim Mindestlohn gibt es keine Verhandlungsmasse.

Rechtsexperten bewerten die Entscheidung als konsequente Umsetzung des ursprünglichen Gesetzeszwecks: Jeder Beschäftigte muss ein liquides Mindesteinkommen erhalten, mit dem sich Lebenshaltungskosten bestreiten lassen. Für die Sozialversicherungsträger bedeutet das Urteil Rechtssicherheit bei künftigen Betriebsprüfungen.

Für Arbeitgeber hingegen wächst das Haftungsrisiko erheblich. Wer in den vergangenen Jahren ähnliche Modelle praktiziert hat, muss mit Prüfungen und jahrelangen Nachzahlungen rechnen – inklusive Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil.

Was Unternehmen jetzt tun müssen

Die Botschaft aus Kassel ist eindeutig: Eine sofortige Überprüfung aller Arbeitsverträge und Gehaltsabrechnungen ist dringend geboten. Besonders bei Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten sollten Personalabteilungen genau hinschauen.

Jede geleistete Arbeitsstunde muss bar mit mindestens dem aktuellen Mindestlohn vergütet werden. Firmenwagen und andere Sachleistungen? Nur zusätzlich zum Mindestlohn, nicht als dessen Bestandteil. Alles andere führt beim nächsten Besuch der Rentenversicherung zu bösen Überraschungen. Beim Mindestlohn gibt es keinen Spielraum mehr – die Richter haben gesprochen.

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