EUDR, Waldschutz-Verordnung

EUDR: EU verschiebt Waldschutz-Verordnung erneut bis Ende 2026

02.12.2025 - 03:49:12

Brüssel steht vor einer weiteren Verschiebung seiner umstrittenen Anti-Entwaldungsverordnung. Nach einer klaren Abstimmung im Europaparlament Ende November dürfte die EU Deforestation Regulation (EUDR) nun erst ab Ende 2026 gelten – mehr als zwei Jahre später als ursprünglich geplant. Doch Unternehmen sollten nicht aufatmen: Die Verzögerung ist rechtlich noch nicht in trockenen Tüchern.

Die Geschichte der EUDR entwickelt sich zum Lehrstück über europäische Regulierungsambitionen und deren praktische Umsetzbarkeit. Ursprünglich sollte die Verordnung bereits im Dezember 2024 greifen, wurde dann auf 2025 verschoben – und steht nun vor ihrer zweiten Verschiebung auf den 30. Dezember 2026.

Das Problem: Solange die abschließenden Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission nicht bis zum Jahresende 2025 abgeschlossen sind, droht ein rechtliches Chaos. Formal würde dann weiterhin die bisherige Frist gelten.

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Am 26. November 2025 stimmten die Europaabgeordneten mit überwältigender Mehrheit für die erneute Verzögerung: 402 Stimmen dafür, 250 dagegen, 8 Enthaltungen. Das Ergebnis spiegelt die wachsende Erkenntnis wider, dass weder die technischen Systeme noch die Verwaltungskapazitäten für eine Umsetzung bereitstehen.

Nach der vom Parlament verabschiedeten Position würden gestaffelte Fristen gelten:

  • 30. Dezember 2026: Große und mittlere Unternehmen müssen vollständige Sorgfaltspflichten erfüllen
  • 30. Juni 2027: Kleinstunternehmen und kleine Betriebe erhalten zusätzliche sechs Monate

Damit folgt das Parlament der Position des EU-Rats, der sein Verhandlungsmandat bereits am 19. November 2025 beschlossen hatte. Die EU-Botschafter hatten argumentiert, dass eine “realistische Umsetzung innerhalb bestehender Verwaltungskapazitäten” mehr Zeit benötige.

Deutliche Entlastung für Unternehmen geplant

Neben der zeitlichen Streckung bringen die Änderungen erhebliche Vereinfachungen. Die Branche hatte monatelang über überbordende Bürokratie geklagt – nun reagiert Brüssel.

Die wichtigsten Erleichterungen im Überblick:

First-Operator-Prinzip: Künftig muss nur noch derjenige Akteur eine vollständige Sorgfaltserklärung abgeben, der ein Produkt erstmals auf den EU-Markt bringt. Nachgelagerte Händler können sich auf diese Erklärung berufen, statt eigene aufwendige Prüfungen durchzuführen.

Entlastung der Lieferkette: Händler weiter hinten in der Kette müssen lediglich die Referenznummer der ursprünglichen Erklärung angeben. Das erspart Tausenden Unternehmen doppelte Dokumentationsarbeit.

Sonderregelung für Kleinbetriebe: Mikro- und Kleinunternehmen könnten mit einer einmaligen vereinfachten Erklärung davonkommen, statt kontinuierlicher Berichtspflichten.

Diese Konzessionen gehen auf einen Kommissionsvorschlag vom 21. Oktober 2025 zurück, der einräumte, dass die komplexen Meldevorgaben globale Lieferketten blockieren würden.

Zeitdruck in den Trilog-Verhandlungen

Doch die politische Einigung zwischen Rat und Parlament bedeutet noch nicht die rechtliche Realität. Aktuell laufen die sogenannten Trilog-Verhandlungen – informelle Gespräche zwischen den drei EU-Institutionen zur Finalisierung des Gesetzestextes.

Der Zeitplan ist äußerst eng. Damit die Verschiebung Wirkung entfaltet, müssen folgende Schritte noch vor Jahresende erfolgen:

  1. Trilog-Einigung: Verhandlungsführer müssen einen Kompromisstext vereinbaren (erwartet Mitte Dezember)
  2. Formale Annahme: Rat und Parlament müssen den finalen Text offiziell beschließen
  3. Veröffentlichung: Die Verordnung muss im Amtsblatt der EU erscheinen – spätestens am 30. Dezember 2025

Scheitert dieser Zeitplan, würde technisch gesehen die bisherige Frist zum 30. Dezember 2025 in Kraft treten. Ein rechtlicher Abgrund für tausende betroffene Unternehmen. Analysten gehen allerdings davon aus, dass die breite Übereinstimmung zwischen den Institutionen ein beschleunigtes Verfahren ermöglicht.

Industrie erleichtert, Umweltverbände entsetzt

Die erneute Verzögerung spaltet die Beobachter. Verbände aus Forstwirtschaft und Landwirtschaft zeigen sich erleichtert. Ohne ein funktionierendes IT-System und klare Länder-Benchmarks wäre die Durchsetzung zum Jahresende 2025 chaotisch geworden, argumentieren sie.

“Die Verlängerung verschafft dringend benötigte Luft zum Atmen”, kommentierte ein Vertreter der europäischen Holzindustrie. “Ohne vollständig einsatzbereites Register und eindeutige Richtlinien für ‘risikoarme’ Herkunftsländer hätte die Dezember-Frist Handelsströme massiv gestört.”

Umweltorganisationen hingegen sprechen von einem “endlosen Karussell” der Verschiebungen. Die Verordnung sei vor zwei Jahren mit starkem demokratischen Mandat verabschiedet worden. Weitere Aufschübe untergraben die Glaubwürdigkeit der EU beim Klimaschutz, kritisieren sie.

Besonders bitter: Während Brüssel zögert, schreitet die globale Entwaldung voran. Jeder verlorene Monat bedeutet irreversible Waldverluste in Südamerika, Südostasien und Afrika.

Was Unternehmen jetzt tun sollten

Trotz der wahrscheinlichen Verschiebung raten Compliance-Experten zur Vorsicht. Der inhaltliche Kern der EUDR – der Nachweis entwaldungsfreier Produkte – bleibt unverändert.

Lieferketten kartieren: Unternehmen sollten weiterhin Geodaten für alle relevanten Landparzellen sammeln. Die Anforderung verschwindet nicht, sie kommt nur später.

Lieferanten einbinden: Vorgelagerte Zulieferer müssen auf die Datenbereitstellung vorbereitet werden, unabhängig vom genauen Stichtag.

Trilog-Verhandlungen beobachten: Die offizielle Verkündung der Trilog-Ergebnisse wird in den kommenden Wochen erwartet.

Die endgültige Bestätigung der Verzögerung dürfte noch im Dezember erfolgen – vorausgesetzt, die Verhandlungen zwischen den Institutionen verlaufen erfolgreich. Bis dahin bleibt eine gewisse Unsicherheit bestehen.

Klar ist bereits jetzt: Die EUDR wird kommen, wenn auch später als gedacht. Unternehmen, die sich jetzt nicht vorbereiten, riskieren erhebliche Wettbewerbsnachteile ab 2026.

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