EUDR, Waldschutz-Gesetz

EUDR: EU verschiebt Waldschutz-Gesetz erneut

21.11.2025 - 18:11:12

Brüssel – Die Anti-Entwaldungsverordnung der EU wird nicht wie geplant Ende 2025 in Kraft treten. Der Rat der Europäischen Union schlägt nun eine weitere Verschiebung um ein Jahr vor – auf den 30. Dezember 2026. Gleichzeitig sollen drastische Vereinfachungen die Bürokratie für Unternehmen reduzieren.

Erst vor wenigen Wochen sollte das Gesetz noch wie vorgesehen am 30. Dezember 2025 wirksam werden. Doch die Realität holte die EU ein: Weder die zentrale IT-Infrastruktur noch die nationalen Behörden sind bereit für die Datenflut, die das Gesetz auslösen würde. Die Mitgliedstaaten reagierten – und stimmten Ende dieser Woche für eine umfassende Neuausrichtung.

Der Ständige Ausschuss der Vertreter (Coreper) verabschiedete am 19. November 2025 ein Verhandlungsmandat, das die Zeitpläne grundlegend umkrempelt. Unter dem neuen Vorschlag gelten gestaffelte Übergangsfristen:

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Große und mittlere Unternehmen müssten bis zum 30. Dezember 2026 die Vorgaben erfüllen. Kleinstunternehmen und kleine Betriebe erhielten eine Schonfrist bis zum 30. Juni 2027.

Die Verschiebung überschreibt faktisch die Position der EU-Kommission vom Oktober 2025, die weitere Verzögerungen noch kategorisch ausgeschlossen hatte. Doch die technischen Probleme ließen sich nicht ignorieren: Das geplante Informationssystem droht unter Millionen von Sorgfaltserklärungen zusammenzubrechen.

„Weder die nationalen Behörden noch die IT-Systeme der EU sind vollständig gerüstet für das Datenvolumen, das das Gesetz verlangt”, berichtete Food Ingredients First am 20. November. Die logistische Komplexität ist immens – schließlich sollen Lieferketten für Kaffee, Kakao, Soja, Holz, Palmöl, Kautschuk und Rinder lückenlos nachverfolgt werden.

Doch bei der reinen Terminverschiebung bleibt es nicht. Der Rat schlägt zudem weitreichende Vereinfachungen vor, die auf jahrelange Kritik von Wirtschaftsverbänden reagieren. Die Änderungen zielen darauf ab, die „unnötige Bürokratie” des ursprünglichen Textes abzubauen.

Die wichtigsten Erleichterungen:

„Null-Risiko”-Kategorie: Länder ohne Entwaldungsgefahr erhalten einen Sonderstatus. Wer aus diesen Regionen bezieht, braucht deutlich weniger strenge Sorgfaltsprüfungen.

Vereinfachte Meldepflichten: Primärproduzenten in risikoarmen Regionen müssten nur noch eine einmalige Erklärung bei der Registrierung abgeben – nicht mehr für jede einzelne Lieferung.

Reduzierte Datenanforderungen: Die Pflicht zur Angabe von Geo-Koordinaten für jedes Anbaugebiet würde in bestimmten Fällen durch eine einfache Geschäftsadresse ersetzt. Erntemengen könnten geschätzt statt präzise gemessen werden.

Laut Lebensmittelpraxis vom 20. November sollen diese Maßnahmen Tausende Unternehmen von wiederholtem Papierkram befreien. „Ziel ist ein reibungsloser und effektiver Systemstart bei gleichzeitiger Wahrung der Umweltziele der EUDR”, erklärte ein Ratssprecher.

Politisches Tauziehen um Klimaschutz

Die Reaktionen auf den Vorschlag fallen erwartungsgemäß gespalten aus. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) zeigte sich erfreut und reklamierte einen Erfolg deutscher Diplomatie für sich.

„Ich freue mich, dass sich die Mitgliedstaaten nun auf eine gemeinsame Linie auf Grundlage unseres deutschen Vorschlags geeinigt haben”, erklärte Rainer am Donnerstag. Der Rat sende ein klares Signal für eine „praktikable, schlanke EUDR”, die Wälder schütze, ohne Ländern ohne Entwaldungsprobleme „überflüssige Anforderungen” aufzubürden. Rainers Worte spiegeln die veränderte Haltung der Bundesregierung wider, die wirtschaftliche Stabilität nun über schnelle Klimaschutzmaßnahmen stellt.

Umweltorganisationen reagierten mit Enttäuschung. WWF und Fern hatten wiederholt gewarnt, dass weitere Verzögerungen die Glaubwürdigkeit der EU in Klimafragen untergraben würden. Der Rat kontert: Eine chaotische Umsetzung durch IT-Ausfälle würde dem langfristigen Erfolg der Verordnung mehr schaden als eine strukturierte Verzögerung.

Der Vorschlag folgt auf eine Phase der Unsicherheit. Ende Oktober 2025 kursierten Gerüchte, die Kommission könnte die Verschiebung zurücknehmen – was bei Händlern für Panik sorgte. Die entschlossene Intervention des Rates diese Woche scheint die Richtung nun klar vorzugeben: Entlastung der Wirtschaft vor sofortigem Vollzug.

Eine Verordnung auf der Wartebank

Die EUDR, 2023 als Meilenstein gegen Entwaldung gefeiert, sollte ursprünglich am 30. Dezember 2024 gelten. Doch bereits Ende 2024 kam es zur ersten großen Hürde.

Im November 2024 einigten sich Parlament und Rat nach massivem Druck von Handelspartnern wie Brasilien, Indonesien und den USA sowie internem EU-Widerstand auf eine einjährige „Einführungsphase” – Starttermin: 30. Dezember 2025.

Jetzt, ein Jahr später, wiederholt sich die Geschichte. Trotz der Verlängerung bleibt die technische Infrastruktur ein Flaschenhals. Argus Media berichtete Ende 2025, die Kommission habe „ernsthafte Kapazitätsbedenken bezüglich des IT-Systems”, das unter der erwarteten Last zusammenbrechen könnte. Diese technische Realität macht die zweite Verschiebung für viele Mitgliedstaaten zur pragmatischen Notwendigkeit.

Abstimmung im Parlament steht bevor

Mit der Verabschiedung des Mandats ist der Prozess nicht abgeschlossen. Der Vorschlag muss nun mit dem Europäischen Parlament verhandelt werden. Trilog-Gespräche sollen sofort beginnen, die Abstimmung im Parlament könnte Anfang Dezember 2025 erfolgen.

Angesichts der knappen Zeit bis zur aktuellen Frist am 30. Dezember 2025 steht der Gesetzgebungsprozess unter extremem Zeitdruck. Beide Institutionen müssen die Änderungen formal annehmen und im Amtsblatt der EU veröffentlichen, bevor das Jahr endet – sonst droht ein rechtliches Vakuum.

Für Unternehmen bedeutet die Nachricht aus Brüssel vorsichtige Erleichterung, aber auch anhaltende Wachsamkeit. Während eine Verzögerung höchst wahrscheinlich erscheint, hängen die finalen Details zur „Null-Risiko”-Kategorie und den konkreten Meldebefreiungen vom Ausgang der Verhandlungen zwischen Rat und Parlament ab.

Stand 21. November 2025 steht die EUDR vor einem weiteren Vorbereitungsjahr – eine bedeutende Neukalibrierung des EU-Ansatzes zur Umweltsteuerung von Lieferketten.

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