EUDI-Wallet: Deutschland schmiedet 75er-Allianz für digitale Identität
22.11.2025 - 20:50:12
Die digitale Zukunft Europas nimmt in Deutschland konkrete Formen an. Diese Woche besiegelte die Bundesregierung eine Grundsatzvereinbarung mit über 75 Unternehmen und Organisationen – der bislang größte Schulterschluss zwischen Staat und Wirtschaft für die europaweite digitale Brieftasche.
Die am 19. November unterzeichnete Absichtserklärung vereint das Who’s Who der deutschen Digitalwirtschaft: Von Branchenverband Bitkom über die Identitätsprüfer IDnow bis zur Bundesdruckerei. Das Ziel? Die European Digital Identity (EUDI) Wallet soll in Deutschland nicht nur pünktlich zur EU-Frist 2027 starten, sondern zum Vorzeigemodell werden. Und das mit maximaler Akzeptanz in der Bevölkerung.
Nur Tage zuvor hatte das Bundesinnenministerium beim Europäischen Gipfel zur digitalen Souveränität in Berlin bereits erste funktionierende Prototypen präsentiert. Die Botschaft ist klar: Deutschland will beim digitalen Ausweis die Führungsrolle übernehmen.
Was die Vereinbarung so bemerkenswert macht? Die schiere Bandbreite der Beteiligten. Sicherheitsunternehmen wie secunet und Giesecke+Devrient arbeiten künftig Seite an Seite mit Identifikationsdiensten wie IDnow und WebID – eigentlich Konkurrenten im Markt.
Passend zum Thema Cybersicherheit: Viele der jetzt beteiligten Unternehmen unterschätzen die IT‑Risiken bei digitalen Identitätslösungen. Untersuchungen zeigen, dass 73% der Firmen nicht ausreichend gegen Cyberangriffe gewappnet sind – ein erhebliches Problem, wenn Wallets sensible Personendaten verwalten. Dieses kostenlose E‑Book erklärt aktuelle Bedrohungen, Compliance-relevante Maßnahmen und pragmatische Schritte, mit denen Betreiber, Dienstleister und Behörden ihre Systeme kurzfristig härten können. Kostenloses Cyber‑Security‑E‑Book herunterladen
Selbst die Bundesnotarkammer stieg ein und kündigte ein eigenes Pilotprojekt für Start-ups an. Digitale Beurkundungsprozesse sollen dadurch drastisch vereinfacht werden. “Dieser koordinierte Entwicklungsprozess ermöglicht es, potenzielle Herausforderungen frühzeitig zu klären und gemeinsam Lösungen zu entwickeln”, erklärte ein Sprecher der Kammer.
Die Spielregeln sind eindeutig: Bis zum dritten Quartal 2026 müssen die Unterzeichner eine umfassende Bewertung der technischen Reife vorlegen. Diese Prüfung bestimmt, welche Anwendungsfälle – von Altersverifizierung über sichere Identifikation bis zur Ausstellung digitaler Nachweise – tatsächlich marktreif sind.
Digitaler Führerschein als Appetithäppchen
Beim Berliner Gipfel am 18. November gab’s mehr als bloße Absichtserklärungen zu sehen. Die Bundesdruckerei enthüllte einen funktionsfähigen Prototypen des digitalen Führerscheins – ein konkreter Vorgeschmack darauf, wie Bürger künftig mit der Wallet interagieren werden.
Das Demonstrationsmodell fußt auf dem erfolgreichen EU-Pilotprojekt “POTENTIAL”, das Ende Oktober abgeschlossen wurde. Die Zahlen aus dem Praxistest über 19 europäische Länder können sich sehen lassen:
– 847 Bankkonten wurden per digitaler ID eröffnet
– 4.827 mobile Führerscheinkontrollen durch Polizei und Autovermieter
– 5.200 SIM-Karten sicher via Smartphone registriert
“POTENTIAL hat gezeigt, dass die Anwendungsfälle und Partner für das EUDI-Wallet-Ökosystem bereit sind”, betonte Dr. Claudia Thamm, Vizepräsidentin der Bundesdruckerei, bereits im Oktober. Ihre Aussage erhielt beim Gipfel neues Gewicht.
i-Kfz-App läuft bereits im Echtbetrieb
Während die vollständige EUDI-Wallet erst 2027 startet, liefert Berlin bereits jetzt digitalen Mehrwert. Am 6. November ging die i-Kfz-App offiziell an den Start – entwickelt von der Bundesdruckerei zusammen mit dem Kraftfahrt-Bundesamt.
Die Anwendung ermöglicht die komplette digitale Fahrzeugzulassung vom Smartphone aus. Lästige Behördengänge? Entfallen. Die App dient gleichzeitig als Gewöhnungsphase: Bürger lernen den Umgang mit sensiblen Behördendokumenten auf dem Handy, bevor die umfassende EUDI-Wallet alle Funktionen bündelt.
Henne-Ei-Problem gelöst?
Deutschlands Strategie unterscheidet sich fundamental von früheren Digital-ID-Versuchen. Der frühe Einbezug von über 75 Partnern aus der Privatwirtschaft soll das klassische Akzeptanzproblem vermeiden: Was nützt ein digitaler Ausweis, wenn ihn niemand annimmt?
Die Beteiligung großer Dienstleister garantiert vom ersten Tag an Einsatzmöglichkeiten – von der Kontoeröffnung bei ING (bereits Pilotpartner) über Vertragsunterschriften bis zur Online-Altersverifizierung. Marktbeobachter werten die November-Vereinbarung als entscheidendes Signal: “Konkurrenten wie IDnow, WebID und traditionelle Sicherheitsfirmen wie secunet an einen Tisch zu bringen, bedeutet: Interoperabilität wird von Anfang an mitgedacht, nicht nachträglich aufgepfropft.”
Die eIDAS-2.0-Verordnung der EU verpflichtet alle Mitgliedstaaten, bis 2027 eine digitale Brieftasche anzubieten. Deutschland setzt mit seinem breit aufgestellten Konsortium Standards dafür, wie öffentlich-private Partnerschaften kritische digitale Infrastruktur schaffen können.
Countdown zur Massentauglichkeit
Mit unterzeichneter Absichtserklärung und funktionierenden Prototypen beginnt jetzt die heiße Phase der technischen Integration. Der nächste Meilenstein: die Reifeprüfung im dritten Quartal 2026. Dann bewertet das Konsortium, ob das System stabil genug für die Masse ist.
Bis dahin werden weitere eigenständige Dienste wie die i-Kfz-App die Lücke füllen. Das Bundesministerium für Digitales hat kontinuierlichen Austausch mit den Privatunternehmen zugesagt. Das Versprechen: Die EUDI-Wallet soll kein bürokratisches Pflichtprogramm werden, sondern eine nutzerfreundliche Plattform, die den digitalen Alltag tatsächlich erleichtert.
Kann Deutschland damit zum Vorreiter der europäischen Digital-ID-Revolution werden? Die Ausgangslage jedenfalls stimmt optimistisch.
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