EU verschiebt Entwaldungsverordnung erneut bis Ende 2026
22.11.2025 - 02:39:12Brüssel, 22. November 2025 – Der Rat der Europäischen Union hat sich am Mittwoch auf ein Verhandlungsmandat geeinigt, das die umstrittene EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) um weitere zwölf Monate verschieben soll. Große und mittlere Unternehmen müssten demnach erst bis zum 30. Dezember 2026 die strengen Sorgfaltspflichten erfüllen – das zweite Mal innerhalb von zwei Jahren, dass die Kommission ihre Vorzeigeregulierung aufschiebt.
Die Entscheidung folgt auf anhaltende Warnungen aus Wirtschaft und Drittstaaten, dass weder die technischen Systeme noch die globalen Lieferketten rechtzeitig für den ursprünglich für Ende Dezember 2025 geplanten Start bereit wären. Drohen nun Versorgungsengpässe bei Kaffee, Kakao und Holzprodukten?
Bereits im November 2024 hatte die EU eine einjährige Verzögerung beschlossen – damals schien ein Jahr ausreichend, um das zentrale IT-System und die Risikobewertung der Herkunftsländer abzuschließen. Doch die Realität holte Brüssel ein: Technische Probleme bei der Meldeplattform und Verwirrung über die Klassifizierung risikoarmer Länder verzögerten die Umsetzung weiter.
Nach der neuen Zeitplanung des Rates müssten große und mittlere Unternehmen bis 30. Dezember 2026 ihre Systeme aufgebaut haben. Für Kleinst- und Kleinunternehmen verschiebt sich die Frist sogar bis zum 30. Juni 2027. Der Vorschlag von EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall vom 21. Oktober wurde vom Rat deutlich erweitert – vor allem um praktische Erleichterungen für die Wirtschaft.
Das „Once-Only”-Prinzip gegen Bürokratie-Tsunami
Die entscheidende Neuerung: das „Once-Only”-Prinzip. Künftig müsste nur noch derjenige Akteur eine vollständige Sorgfaltserklärung (DDS) einreichen, der das Produkt erstmals auf den EU-Markt bringt. Alle nachgelagerten Händler und Verarbeiter könnten sich auf die Referenznummer dieser Ursprungserklärung berufen – eine enorme administrative Entlastung für Einzelhändler und Zwischenhändler.
„Die ursprüngliche Version hätte Unternehmen massiv überlastet”, erklärte ein Sprecher der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) am Freitag. Besonders für den Handel, der Hunderte Produktlinien führt, wäre die mehrfache Dokumentation derselben Lieferkette praktisch nicht zu bewältigen gewesen.
Zusätzlich plant der Rat vereinfachte Meldeformulare für kleine Primärerzeuger – eine direkte Reaktion auf Kritik von Kleinbauern-Verbänden, die mit den technischen Anforderungen der Geolokalisierung überfordert waren.
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Vereinfachungs-Prüfung bis April 2026 verpflichtend
Um künftige Engpässe zu vermeiden, hat der Rat eine rechtlich bindende Klausel eingefügt: Die Kommission muss bis zum 30. April 2026 eine umfassende Vereinfachungsprüfung vorlegen.
Diese Analyse soll bewerten, wie stark die Verordnung kleine Unternehmen belastet und ob die IT-Systeme tatsächlich funktionieren. Falls die Prüfung weiterhin erhebliche Ineffizienzen aufdeckt, wäre die Kommission verpflichtet, noch vor dem neuen Stichtag 2026 legislative Änderungen vorzuschlagen.
„Wir verschieben das Problem nicht einfach, sondern beheben die strukturellen Ursachen”, betonte der DIHK. Dieser Mechanismus könnte entscheidend sein: Wenn im April 2026 klar wird, dass die Systeme immer noch nicht ausgereift sind, müsste Brüssel handeln – und nicht erst wieder kurz vor der Deadline reagieren.
Warum scheitert die EUDR erneut am Zeitplan?
Die wiederholte Verzögerung offenbart die enorme Komplexität globaler Lieferketten-Regulierung. Die EUDR verlangt von Unternehmen, für Kaffee, Kakao, Soja, Palmöl, Holz, Rindfleisch und Kautschuk nachzuweisen, dass diese Rohstoffe nicht von nach Dezember 2020 entwaldeten Flächen stammen – inklusive GPS-Koordinaten der Anbauflächen.
Während das Umweltziel unbestritten ist, haperte es 2025 massiv an der Umsetzung: Das zentrale Meldesystem lief instabil, die Risiko-Klassifizierung der Herkunftsländer verzögerte sich, und viele Produzenten in Asien, Afrika und Lateinamerika hatten schlicht keine Zeit, die komplexen Dokumentationssysteme aufzubauen.
Ohne Verschiebung hätte am 30. Dezember 2025 faktisch ein Importverbot für nicht-konforme Waren gegolten – mit absehbaren Versorgungslücken und Preissteigerungen für Konsumenten.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Ratsbeschluss ist noch kein Gesetz. Das Europäische Parlament muss kommende Woche in Straßburg darüber abstimmen – angesichts der Dringlichkeit läuft ein Schnellverfahren. Experten erwarten grünes Licht, auch wenn über den Umfang der Vereinfachungen debattiert werden dürfte.
Kritischer ist der Zeitdruck: Der finale Text muss vor dem 30. Dezember 2025 im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden, um ein rechtliches Vakuum zu verhindern. Für Unternehmen bedeutet die Galgenfrist vor allem eines: Das zusätzliche Jahr sollte nicht zur Entspannung genutzt werden, sondern zur Verfeinerung der Rückverfolgbarkeitssysteme.
Die Botschaft aus Brüssel ist eindeutig: Die Richtung bleibt gleich, auch wenn das Tempo angepasst wurde. Wer 2026 erneut unvorbereitet dasteht, wird kaum auf eine dritte Verschiebung hoffen können.
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