Bund, Lieferketten-Regeln

EU und Bund lockern Lieferketten-Regeln drastisch

14.11.2025 - 22:40:12

EU-Parlament erhöht Schwellenwerte für Sorgfaltspflichten deutlich, Bundesregierung streicht jährliche Berichtspflicht komplett. Bürokratieabbau bringt spürbare Erleichterungen.

Doppelentlastung für deutsche Firmen: Brüssel hebt Schwellenwerte deutlich an, Berlin streicht Berichtspflichten. Was nach jahrelanger Kritik der Wirtschaft nun wirklich kommt.

Die Nachricht dürfte in vielen Unternehmen für Erleichterung sorgen. Das EU-Parlament hat heute die umstrittene Lieferkettenrichtlinie entschärft – und das erheblich. Künftig greifen die strengen Sorgfaltspflichten erst ab 5.000 Mitarbeitern und 1,5 Milliarden Euro Jahresumsatz. Zum Vergleich: Ursprünglich sollten die Vorgaben schrittweise auf deutlich kleinere Betriebe ausgeweitet werden.

Doch damit nicht genug. Parallel dazu hat die Bundesregierung diese Woche ein umfassendes Entlastungspaket verabschiedet, das auch das deutsche Lieferkettengesetz betrifft. Die jährliche Berichtspflicht? Soll komplett gestrichen werden. Für tausende Unternehmen bedeutet dies: weniger Bürokratie, mehr Luft zum Atmen.

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Was sich in Brüssel ändert

Die Entscheidung des EU-Parlaments markiert einen deutlichen Kurswechsel. Statt mittelständische Betriebe mit strengen Vorgaben zu überziehen, konzentriert sich die Richtlinie nun auf die wirklich großen Player. Die neue Schwelle von 5.000 Beschäftigten liegt weit über den ursprünglichen Plänen.

Eine weitere zentrale Änderung: Der verbindliche Klimatransitionsplan fällt weg. Unternehmen müssen also keine detaillierten Pläne mehr vorlegen, wie sie ihre Geschäftsmodelle klimaneutral gestalten wollen. Kein Wunder also, dass Wirtschaftsverbände von einem “wichtigen Signal” sprechen.

Doch was heißt das konkret? Weniger Firmen werden direkt von der EU-Richtlinie erfasst. Der administrative Aufwand sinkt spürbar. Und die Rechtssicherheit steigt, weil europaweit einheitliche Standards gelten – zumindest theoretisch.

Berlin streicht Berichtspflicht

Während Brüssel die Schwellenwerte anhebt, packt die Bundesregierung das deutsche Lieferkettengesetz an. Die wichtigste Änderung: Die jährliche Berichtspflicht verschwindet komplett aus dem Gesetz. Unternehmen müssen ihre Aktivitäten nicht mehr in umfangreichen Berichten dokumentieren.

Die Sorgfaltspflichten selbst bleiben allerdings bestehen. Risikoanalysen durchführen, Beschwerdemechanismen einrichten, die Lieferkette im Blick behalten – das alles gilt weiterhin. Doch künftig sollen Sanktionen nur noch bei schweren Verstößen greifen. Eine Abstufung, die vielen Betrieben entgegenkommen dürfte.

Die Maßnahme ist Teil eines größeren Plans. Das Kabinett hat über 50 Eckpunkte zum Bürokratieabbau beschlossen, die Entlastungen in Milliardenhöhe bringen sollen. Von der Gewerbeordnung über digitale Beurkundungen bis zur Zwangsvollstreckung – das Paket zielt auf spürbare Erleichterungen.

Wirtschaft atmet auf

Die gleichzeitigen Lockerungen in Berlin und Brüssel sind kein Zufall. Seit Monaten kritisieren Verbände die ausufernde Bürokratie scharf. Der Mittelstand warnte vor Wettbewerbsnachteilen, börsennotierte Konzerne beklagten den administrativen Aufwand.

Jetzt reagiert die Politik. Die entschärfte EU-Richtlinie löst den befürchteten deutschen Alleingang ab. Statt eigenwilliger nationaler Regeln kommt eine pragmatischere europäische Lösung. Die Übergangsphase bis 2027 nutzt Berlin, um Unternehmen kurzfristig zu entlasten.

Doch täuscht die Lockerung über den eigentlichen Trend hinweg? Experten bezweifeln das. Der Marktdruck in Richtung Transparenz und Nachhaltigkeit bleibt bestehen. Große internationale Kunden fordern weiterhin Nachweise über faire Produktionsbedingungen. Verbraucher achten zunehmend auf ethische Standards.

Die Frage lautet also: Ist die Entlastung eine echte Kehrtwende oder nur eine Atempause?

Der Fahrplan bis 2028

Der weitere Zeitplan steht nun fest. Die EU-Mitgliedstaaten haben bis Juli 2027 Zeit, die abgeschwächte Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Ab Juli 2028 soll sie dann europaweit gelten – mit den neuen, höheren Schwellenwerten.

Bis dahin gilt in Deutschland das angepasste Lieferkettengesetz ohne Berichtspflicht. Die 50 Eckpunkte zum Bürokratieabbau werden in den kommenden Monaten in konkrete Gesetze gegossen und durchlaufen das Parlament.

Das erklärte Ziel: harmonisierte europäische Standards schaffen, Rechtsunsicherheit abbauen, das berüchtigte “Gold Plating” vermeiden. Also keine übereifrige Umsetzung von EU-Vorgaben mehr, die am Ende nur den eigenen Standort schwächt.

Ob das gelingt, wird sich zeigen. Die doppelte Entlastung ist jedenfalls ein deutliches Signal: Die Politik hat die Kritik gehört. Jetzt kommt es auf die praktische Umsetzung an.

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