Wien, Wohnbau-Revolution

EU setzt auf Wien: Kommt die Wohnbau-Revolution?

02.12.2025 - 04:12:12

Die EU-Kommission will mit gelockerten Beihilferegeln den sozialen Wohnbau fördern und orientiert sich dabei am Wiener Modell mit gedeckelten Mieten und öffentlicher Bodenpolitik.

Das Europäische Parlament diskutiert heute eine Zeitenwende in der Wohnungspolitik. Im Zentrum: Das Wiener Modell als mögliche Blaupause für ganz Europa. Explodierende Mieten von Berlin bis Lissabon haben das Thema auf die höchste EU-Ebene katapultiert.

Der Sonderausschuss für Wohnraum (HOUS) trifft heute in Brüssel auf EU-Kommissar Dan Jørgensen. Die zentrale Frage: Kann das, was in Wien seit Jahrzehnten funktioniert, den gesamten Kontinent aus der Wohnraumkrise führen? Die Diskussion markiert einen Wendepunkt – jahrelang galt Wohnbau als rein nationale Angelegenheit.

Brüssel bricht mit alten Dogmen

„Die Regeln, wie sie jetzt stehen, sind zu strikt für die Situation, der wir gegenüberstehen”, erklärt Kommissar Jørgensen. Der erste EU-Kommissar mit explizitem Wohnungsmandat kündigt nichts Geringeres an als das Ende der marktliberalen Zurückhaltung.

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Die heutige Sitzung gilt als Generalprobe für den „European Affordable Housing Plan”, dessen offizielle Vorstellung für Mitte Dezember erwartet wird. Konkret plant die Kommission, die strengen EU-Beihilferegeln zu lockern. Bisher durften staatliche Subventionen oft nur für den engsten Kreis der Bedürftigen fließen – eine Politik, die den breitenwirksamen Wohnbau für die Mittelschicht blockiert hat.

Die Empfehlungen des „Housing Advisory Board” lesen sich stellenweise wie eine Beschreibung der Wiener Wohnungspolitik: aktive Bodenbevorratung, langfristige Preisbindungen und eine Mischung aus kommunalem und genossenschaftlichem Bauen.

Wien zeigt, wie es funktioniert

Was macht die österreichische Hauptstadt anders? Während in anderen Metropolen der soziale Wohnbau eine Nischenlösung für die Ärmsten ist, wohnt in Wien die breite Mitte im geförderten Bau. Rund 60 Prozent der Wiener Bevölkerung leben in Wohnungen mit gedeckelten Mieten.

Das Geheimnis liegt in der Objektförderung. Wien subventioniert nicht primär die Mieter, sondern den Bau der Gebäude selbst. Im Gegenzug verpflichten sich die Bauträger zu langfristig günstigen Mieten und verzichten auf Spekulationsgewinne.

Ein entscheidendes Werkzeug ist der wohnfonds_wien. Dieser Bodenbereitstellungsfonds kauft strategisch Grundstücke auf, entwickelt sie und gibt sie zu günstigen Konditionen an gemeinnützige Bauträger weiter. Projekte wie das „Village im Dritten” oder das „Quartier Seecarré” in der Seestadt Aspern demonstrieren: Wien baut trotz globaler Baukrise und hoher Zinsen weiter, während in Deutschland der Wohnungsbau vielerorts zum Erliegen gekommen ist.

Der dramatische Kontrast

Während Delegationen aus den USA, Deutschland und Südkorea sich in Wien die Klinke in die Hand geben, zeigen aktuelle Daten die Dramatik der Lage:

  • Mieten in Wien: Durchschnittlich 10 bis 11 Euro pro Quadratmeter
  • Mieten in Paris oder Dublin: Oft das Dreifache, zwischen 30 und 40 Euro
  • Deutschland: Verfehlt das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr massiv. Jährlich fallen zehntausende Sozialwohnungen aus der Preisbindung, während kaum neue nachkommen
  • Wien: Der Bestand an geförderten Wohnungen wächst netto weiter

Die Stabilität des Wiener Marktes wirkt zudem als Inflationsbremse. Da ein Großteil der Mieten nicht an den volatilen freien Markt gekoppelt ist, bleibt den Haushalten mehr Kaufkraft – ein makroökonomischer Faktor, den nun auch die Europäische Investitionsbank (EIB) erkannt hat. Sie soll künftig eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung der neuen EU-Wohnbauoffensive spielen.

Die Grenzen des Exports

Trotz der Begeisterung warnen Experten vor überzogenen Erwartungen. „Wien profitiert von einer hundertjährigen Geschichte, beginnend mit dem Roten Wien der 1920er Jahre”, erklärt ein Branchenanalyst. Die Stadt Wien ist einer der größten Immobilienbesitzer Europas. Städte wie Berlin oder Dresden, die ihren öffentlichen Wohnungsbestand privatisiert haben, können diesen Boden nicht einfach zurückholen.

Dennoch: Wenn die EU die rechtlichen Rahmenbedingungen ändert – etwa durch die Erlaubnis, staatliche Beihilfen breiter einzusetzen und Investitionen in den Wohnbau von strengen Schuldenregeln auszunehmen – könnten andere Städte beginnen, eigene Versionen des Wiener Modells aufzubauen.

Was jetzt kommt

Nach der erwarteten Präsentation des finalen „Affordable Housing Plan” Mitte Dezember wird sich zeigen, wie viel Geld die EU tatsächlich mobilisieren kann. Die heutige Sitzung ist der Startschuss für eine neue Ära der europäischen Sozialpolitik.

Für Wien ist die internationale Aufmerksamkeit Bestätigung und Ansporn zugleich. Projekte wie die Holzbau-Offensive und die Sanierungsoffensive „Wir sanieren Wien” zeigen: Auch das Vorbild entwickelt sich weiter, um klimafit zu bleiben.

Die Botschaft aus Brüssel lautet: Wohnen ist keine Ware wie jede andere, sondern ein Grundrecht. Und der Markt allein wird es nicht richten.

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