EU-Sanktionen, Sanktionsschleusen

EU-Sanktionen: Sanktionsschleusen für Russland werden geschlossen

30.12.2025 - 19:42:12

Ab dem Jahreswechsel gelten strengere EU-Vorschriften zur Kontrolle von Tochterfirmen und Lieferketten, um die Umgehung von Russland-Sanktionen zu unterbinden.

Die EU verschärft die Kontrolle von Tochterfirmen und Lieferketten, um die Umgehung von Russland-Sanktionen zu stoppen. Ab dem 1. Januar 2025 gelten verschärfte Pflichten für Tausende Exporteure.

Mit dem Auslaufen wichtiger Übergangsfristen tritt die europäische Sanktionspolitik in eine neue, härtere Phase ein. Die Europäische Kommission hat kurz vor Jahresende klare Leitlinien veröffentlicht, die die Pflichten von EU-Unternehmen bei der Kontrolle ihrer ausländischen Tochtergesellschaften und Lieferverträge präzisieren. Ziel ist es, letzte Schlupflöcher für den Transfer von Hochtechnologie-Gütern nach Russland zu schließen. Die neuen Regeln betreffen insbesondere sogenannte Common High Priority (CHP)-Güter – Bauteile, die in russischen Waffensystemen in der Ukraine gefunden wurden.

Kritische Frist für Hochtechnologie-Exporte

Die dringlichste Neuerung betrifft Mikroelektronik, Kugellager oder Navigationsausrüstung. Seit dem 26. Dezember 2024 sind EU-Mutterkonzerne gesetzlich verpflichtet, mit „angemessenen Anstrengungen“ sicherzustellen, dass ihre Tochterfirmen in Drittländern diese sensiblen Güter nicht nach Russland weiterverkaufen. Diese Pflicht aus Artikel 12gb der Sanktionsverordnung durchbricht erstmals die juristische Haftungstrennung innerhalb von Konzernen.

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Ein EU-Unternehmen kann sich nicht mehr mit Unwissenheit über die Aktivitäten seiner ausländischen Tochter herausreden. Die Kommission macht klar: „Angemessene Anstrengungen“ bedeuten alle machbaren Schritte. Dazu zählen Änderungen der Unternehmensführung oder die Ausübung von Stimmrechten, um Sanktionsverstöße zu verhindern. Eine ähnliche Frist für Sanktionen im Zusammenhang mit Belarus läuft am 2. Januar 2025 ab.

„No-Russia-Klausel“: Nachfrist endet am 1. Januar

Für den allgemeinen Warenverkehr endet am Neujahrstag die Schonfrist für die umstrittene „No-Russia-Klausel“. Seit März 2024 müssen neue Verträge mit Partnern außerhalb der EU eine Klausel enthalten, die den Weiterverkauf nach Russland vertraglich verbietet. Für Altverträge, die vor dem 19. Dezember 2023 geschlossen wurden, galt eine Übergangsfrist – diese läuft nun ab.

Die aktuellen Leitlinien der Kommission geben Unternehmen etwas Spielraum, sorgen aber auch für Klarheit:
* Formulierungsfreiheit: Die exakte Vorlage der Kommission muss nicht verwendet werden. Jede Klausel ist gültig, die den Partner rechtlich bindet und wirksame Gegenmaßnahmen wie Vertragskündigung oder Strafen vorsieht.
* Wirksame Gegenmaßnahmen: Die Kommission betont, dass die vertraglichen Sanktionen „stark und abschreckend“ sein müssen. Standard-Klauseln zu Vertragsverletzungen reichen möglicherweise nicht aus.
* Ausnahmen für Partnerländer: Der Zwang zur Klausel entfällt für Exporte in befreundete Staaten wie die USA, Großbritannien oder Japan. Das entlastet den Handel innerhalb der Sanktionsallianz.

Was sind „angemessene Anstrengungen“?

Die Definition dieser „angemessenen Anstrengungen“ bei der Kontrolle von Tochterfirmen war ein großer Streitpunkt für multinationale Konzerne. Besonders in Ländern, deren lokale Gesetze EU-Sanktionen widersprechen könnten, sahen sich Unternehmen in einem Dilemma.

Die Kommission nimmt eine pragmatische, aber strenge Haltung ein. Kann ein EU-Konzern die Einhaltung aufgrund lokaler Gesetze nicht durchsetzen, muss er diese Hindernisse lückenlos dokumentieren. Der bloße Verlust der kommerziellen Kontrolle oder eine Minderheitsbeteiligung befreit die Muttergesellschaft jedoch nicht von ihrer Pflicht. Die Leitlinie legt nahe: Lässt sich eine Tochter nicht auf EU-konforme Linie bringen, muss das Mutterunternehmen die Geschäftsbeziehung möglicherweise überdenken.

Rechtsexperten warnen vor den Konsequenzen. EU-Firmen geraten zwischen alle Fronten: Die Einhaltung des EU-Rechts könnte sie vor Gerichten in Drittländern angreifbar machen. Versäumnisse bei der Kontrolle ziehen dagegen Strafen aus Brüssel nach sich.

Sanktionsumgehung über Drittländer im Fokus

Die verschärften Regeln sind Teil einer breiteren EU-Strategie gegen die Sanktionsumgehung über Drittländer, vor allem in Zentralasien, dem Kaukasus und dem Nahen Osten. Das bereits 2024 verabschiedete 14. Sanktionspaket zielte speziell auf die „Schattenflotte“ und den Umschlag von Dual-Use-Gütern ab.

Berichte von Compliance-Beratungen zeigen, dass viele EU-Unternehmen in den letzten Wochen des Jahres 2024 ihre Lieferketten unter die Lupe genommen haben. Der Fokus auf CHP-Güter zeigt einen gezielten Ansatz: Es geht nicht um ein pauschales Handelsembargo, sondern darum, die militärisch-industriellen Fähigkeiten Russlands gezielt zu schwächen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der EU-Sanktionsbeauftragte David O’Sullivan, der diplomatisch mit Drittländern verhandelt, während gleichzeitig der Druck auf EU-Unternehmen steigt, ihre eigenen Lieferketten zu überwachen.

Ausblick 2025: Das Jahr der Vollstreckung

Mit dem Jahreswechsel verlagert sich der Schwerpunkt von der Gesetzgebung zur strikten Durchsetzung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind nun geklärt, die Übergangsfristen laufen ab. Die nationalen Behörden in den Mitgliedstaaten werden ihre Prüfungen und Ermittlungen voraussichtlich intensivieren.

Unternehmen müssen sich auf folgendes einstellen:
* Verschärfte Kontrollen beim Handel mit CHP-Gütern durch die Zollbehörden.
* Nachweispflichten für die getroffenen „angemessenen Anstrengungen“ zur Kontrolle von Tochterfirmen.
* Ein mögliches 15. Sanktionspaket, das die Liste der CHP-Güter erweitern oder die Anforderungen an die „No-Russia-Klausel“ weiter verschärfen könnte.

Für EU-Exporteure gilt ab sofort: Die Verträge müssen stehen. Die Zeit der Übergangsfristen ist vorbei, die Ära der strikten Haftung hat begonnen.

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