EU lehnt US-Friedensplan ab – 20. Sanktionspaket kommt
23.11.2025 - 02:31:12Die EU reagiert auf geleakte Friedensverhandlungen mit beschleunigten Sanktionen gegen Russland und einem 140-Milliarden-Euro-Kredit für die Ukraine, während transatlantische Spannungen zunehmen.
Brüssel geht auf Konfrontationskurs: Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bezeichnete den am Wochenende geleakten “28-Punkte-Plan” aus Washington als “inakzeptabel”. Der von US-Sondergesandten und russischen Unterhändlern ausgehandelte Entwurf verlangt massive Gebietsabtretungen der Ukraine – ein klarer Bruch des Völkerrechts, so Kallas. Als Antwort beschleunigt die EU ihr 20. Sanktionspaket gegen Russland und will es noch vor Jahresende durchsetzen.
Der diplomatische Eklat nahm vergangenen Freitag seinen Lauf. Details über ein geheimes Treffen in Miami zwischen Trumps Sondergesandtem Steve Witkoff und Kirill Dmitriev, Chef des russischen Staatsfonds RDIF, sickerten durch. Das Ergebnis: ein Vorschlag, der Kiew weitreichende territoriale Zugeständnisse abverlangt. Brüssel kontert mit einer klaren Botschaft – und einem 140-Milliarden-Euro-Kredit, besichert durch eingefrorene russische Vermögenswerte.
Der “Witkoff-Dmitriev-Plan”: Kapitulation statt Frieden?
Der durchgesickerte Entwurf, der laut übereinstimmenden Medienberichten dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit einer Frist bis Thanksgiving vorgelegt wurde, liest sich wie ein Wunschzettel des Kremls:
- Gebietsverluste: Die Ukraine müsste Donezk, Luhansk und die Krim als de facto russisches Territorium anerkennen. In Cherson und Saporischschja würden die Frontlinien eingefroren, ergänzt durch eine entmilitarisierte Zone.
- Militärische Beschränkungen: Die ukrainischen Streitkräfte dürften maximal 600.000 Soldaten umfassen – deutlich weniger als derzeit. Ausländische Truppen wären verboten.
- NATO-Absage: Die Ukraine müsste verfassungsrechtlich auf eine NATO-Mitgliedschaft verzichten. Das Bündnis würde gleichzeitig eine Aufnahmesperre verhängen.
- Sanktionserleichterungen: Globale Russland-Sanktionen würden “schrittweise” aufgehoben, sobald Moskau das Abkommen unterzeichnet – vorausgesetzt, es kommt zu keiner erneuten Aggression.
“Das ist kein Friedensplan, das ist eine Kapitulations-Roadmap”, kommentierte ein hochrangiger EU-Diplomat am Samstag in Brüssel. Kallas bekräftigte nach einem Krisentreffen mit Verteidigungsministern die Position der EU: “Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine. Wir können keinen Deal akzeptieren, der über unsere Köpfe hinweg ausgehandelt wurde und Aggression mit Land belohnt.”
Besonders brisant: Witkoff und Dmitriev – seit 2022 unter US-Sanktionen – sollen sich mehrfach getroffen haben, vorbei an den üblichen diplomatischen Kanälen des State Department. Eine Vorgehensweise, die in europäischen Hauptstädten Alarmglocken schrillen lässt.
Brüssels Gegenschlag: Das 20. Sanktionspaket
Die EU-Kommission reagiert mit Tempo. Das 20. Sanktionspaket soll Lücken schließen, die bisherige Maßnahmen offen ließen. Nach dem 19. Paket vom Oktober, das ab 2027 strikte LNG-Importverbote vorsieht, konzentriert sich der neuen Vorstoß auf drei Bereiche:
Die Schattenflotte im Visier: 50 bis 70 weitere Schiffe, die Russlands “Schattenflotte” zugerechnet werden, sollen auf die Schwarze Liste. Bislang stehen bereits 342 Tanker auf dem EU-Index (vor allem seit den Paketen 16 und 18 Anfang 2025). Neu: EU-Staaten dürften diese Schiffe künftig in ihren Gewässern festsetzen.
LNG-Umschlag gestoppt: Zwar greift das Totalverbot erst 2027, doch der Umschlag russischen Flüssiggases über EU-Häfen in Drittstaaten soll sofort enden. Ein Geschäft, das Moskau 2025 Milliarden einbrachte.
Finanzintermediäre unter Druck: Im Fokus stehen Finanzinstitute in Drittstaaten – vor allem in Zentralasien und am Golf –, die den Kauf von Dual-Use-Gütern für Russlands Rüstungsindustrie ermöglichen.
“Kriege werden von denen verloren, die zuerst kein Geld oder keine Soldaten mehr haben”, sagte Kallas jüngst in Berlin. Die Botschaft ist klar: Brüssel setzt auf wirtschaftliche Erschöpfung Moskaus – unabhängig davon, wohin Washington steuert.
Viele Exporteure, Banken und Logistiker unterschätzen die Risiken bei Dual‑Use‑Gütern – ein Fehler, der zu empfindlichen Sanktionen und Lieferstopps führen kann. Ein praxisorientiertes Gratis‑E‑Book erklärt, wie Sie genehmigungspflichtige Waren erkennen, Exportprüfungen korrekt durchführen und interne Prozesse rechtssicher aufsetzen. Mit Checklisten, Mustervorlagen und konkreten Prüfmethoden für Compliance‑Verantwortliche. Jetzt das Dual‑Use‑E‑Book gratis herunterladen
140 Milliarden Euro: Belgien zögert noch
Kernstück der EU-Strategie zur “Trump-sicheren” Unterstützung der Ukraine ist ein massiver Reparationskredit. Das Konzept: Mit den Erträgen aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten wird ein zinsloses Darlehen über 140 Milliarden Euro abgesichert.
Von den rund 210 Milliarden Euro eingefrorenen russischen Zentralbankvermögen in der EU liegen etwa 190 Milliarden bei Euroclear in Belgien. Der Clou: Die Vermögenswerte selbst werden nicht beschlagnahmt, sondern dienen als Sicherheit. Das soll rechtliche Risiken und Marktturbulenzen vermeiden.
Doch Belgien bremst. Ministerpräsident Bart De Wever befürchtet Haftungsrisiken: Was, wenn Sanktionen aufgehoben werden – wie im US-Plan vorgesehen – oder Russland vor Gericht obsiegt? Könnte Euroclear, und damit der belgische Staat, auf den Kosten sitzen bleiben?
“Die Kommission hat Belgien Garantien zugesichert, dass es nicht auf den Folgen sitzen bleibt”, erklärte ein Kommissionssprecher am Freitag. Der neue Vorschlag sieht einen Risikoausgleich vor: Alle 27 Mitgliedstaaten würden “rechtlich bindende, bedingungslose und unwiderrufliche” Gegengarantien für Belgien abgeben. Ziel: Die Mittel bis Januar 2026 freizugeben und Kiews Haushalt für zwei Jahre zu sichern – unabhängig von möglichen US-Hilfsstopps.
Was bedeutet das für die Wirtschaft?
Die wachsende Kluft zwischen US- und EU-Politik schafft ein komplexes Compliance-Umfeld für internationale Konzerne:
Energiesektor: Europäische Energiefirmen müssen sich auf schärfere Durchsetzung der LNG-Regeln einstellen. Wer weiter russischen Gastransfer ermöglicht, riskiert rechtliche und Reputationsschäden.
Schifffahrtsversicherungen: Der Kampf gegen die Schattenflotte verschärft Due-Diligence-Anforderungen für Versicherer und Hafenbetreiber. Jeder Kontakt mit gelisteten Schiffen könnte Sekundärsanktionen nach sich ziehen.
Banken in der Zwickmühle: Institute, die in den USA und der EU tätig sind, stehen vor einer “Compliance-Weggabelung”. Lockern die USA Sanktionen, während die EU nachzieht, müssen Banken den strengsten Standard einhalten – praktisch den der EU. Die Vorteile einer US-Deregulierung verpuffen damit.
Thanksgiving als Deadline
Alle Augen richten sich nun auf die kommenden Tage. Das Weiße Haus soll massiven Druck auf Selenskyj ausüben, den “28-Punkte-Plan” bis Thanksgiving (27. November) zu akzeptieren. Der ukrainische Präsident sprach am Freitag von “einem der schwierigsten Momente unserer Geschichte” – einer Wahl zwischen “Verlust der Würde oder dem Risiko, einen Schlüsselpartner zu verlieren”.
Für die EU ist der Weg klar, aber steinig. Brüssel muss das 20. Sanktionspaket und die 140-Milliarden-Vereinbarung bis Ende Dezember finalisieren, um geschlossen aufzutreten. Während die transatlantische Allianz über den Weg zum Frieden zerbricht, positioniert sich die EU als primäre Garantiemacht ukrainischer Souveränität. Die Wette: Wirtschaftlicher Druck auf Moskau bringt am Ende eine gerechtere Lösung als jener Entwurf, der gerade in Miami verfasst wurde.
PS: Wenn Ihr Unternehmen in Export, Schifffahrt oder Finanzdienstleistungen tätig ist, schützt eine korrekte Dual‑Use‑Prüfung vor Millionenrisiken. Das kostenlose Handbuch bietet eine kompakte Checkliste, Fallbeispiele und konkrete Handlungsschritte zur Einhaltung der Dual‑Use‑Verordnung – ideal für Exportverantwortliche und Compliance‑Teams, die Bußgelder und Lieferausfälle vermeiden wollen. Dual‑Use‑Guide jetzt kostenlos sichern


