EU-Klimazoll, Entlastung

EU-Klimazoll: Trotz Entlastung bleiben Wirtschaft und Energiesektor skeptisch

19.11.2025 - 18:40:12

Die EU erleichtert CBAM-Berichtspflichten für 90% der Importeure ab 2026, doch Wirtschaftsverbände warnen vor Wettbewerbsnachteilen und Thinktanks vor Stromversorgungsrisiken.

Brüssel hat geliefert – zumindest auf dem Papier. Der umstrittene CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM), das klimapolitische Vorzeigeinstrument der EU, wird 2026 deutlich vereinfacht. Doch die Erleichterung in den Chefetagen hält sich in Grenzen: Wirtschaftsverbände von Wien bis Vorarlberg warnen vor bleibenden Wettbewerbsnachteilen, während ein renommierter Thinktank vor Risiken für die Stromversorgung warnt. Kann der Klimazoll sein Versprechen einlösen – oder wird er zur Fessel für Europas Industrie?

90 Prozent der Importeure sind ab 2026 feine. Das Europäische Parlament und der Rat haben mit dem „Omnibus I”-Paket eine neue Bagatellgrenze beschlossen: Wer weniger als 50 Tonnen CBAM-pflichtige Waren pro Jahr einführt, entgeht künftig den aufwendigen Berichtspflichten. Die alte Regelung mit einer Wertgrenze von 150 Euro je Sendung hatte vor allem kleine und mittelständische Firmen mit Bürokratie überhäuft.

Die neue Schwelle entlastet nach EU-Angaben neun von zehn Importeuren – hauptsächlich KMU – während trotzdem 99 Prozent der Import-Emissionen erfasst bleiben. Zusätzliche Atempause: Die finanzielle Pflicht, kostenpflichtige CBAM-Zertifikate zu kaufen, startet erst 2027 für Waren aus dem Jahr 2026. Das verschafft Unternehmen mehr Vorlauf zur Vorbereitung.

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Wirtschaft unzufrieden: „Das zentrale Problem bleibt”

Doch die Erleichterung verfliegt schnell. Jochen Danninger von der österreichischen Wirtschaftskammer bezeichnet die Änderungen zwar als „überfällig”, doch das Kernproblem bleibe ungelöst: Europäische Hersteller tragen doppelt – sie zahlen CO2-Kosten in der Produktion und kämpfen auf Exportmärkten gegen Konkurrenz aus Ländern ohne Klimaauflagen.

„Der Mechanismus verteuert Produkte und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit, statt sie zu schützen”, so der Tenor aus der Vorarlberger Industrie. Die brennende Frage bleibt unbeantwortet: Wie schützt man europäische Exporteure vor Billigimporten in Drittmärkten? Die EU-Kommission schweigt dazu bislang.

Stromsektor in der Gefahrenzone

Während die reine Berichtsphase des CBAM noch bis Ende 2025 läuft, tauchen bereits neue Probleme auf. Der Brüsseler Thinktank Bruegel empfiehlt heute in einer Analyse, die Anwendung auf den Stromsektor mindestens bis 2028 zu verschieben. Die Begründung: Eine Einbeziehung ab Januar 2026 könnte die europäische Marktintegration und Versorgungssicherheit gefährden – bei fragwürdigem Klimanutzen.

Zusätzlich sorgen durchgesickerte Entwürfe der EU-Kommission für Unruhe. Die vorläufigen Emissions-Benchmarks für 2026 könnten höher ausfallen als erwartet, was Importeuren die Kostenplanung erschwert. Die Unsicherheit steigt – genau das Gegenteil dessen, was die Wirtschaft braucht.

Grüne fordern Nachbesserung: Export-Subventionen aus CBAM-Einnahmen?

Auch politisch wächst der Druck. Die Grünen in Nordrhein-Westfalen verlangen in einem gestrigen Beschluss eine Nachjustierung des Systems. Ihr Vorschlag: Regelungslücken bei importierten Brennstoffen schließen und CBAM-Einnahmen für Exportsubventionen energieintensiver Betriebe nutzen. Das würde das Dilemma des Instruments verschärfen: Klimaschutz versus Protektionismus-Vorwurf.

Besonders Entwicklungsländer kritisieren den Mechanismus scharf. Er verteuere ihre Exporte in die EU und wirke entwicklungshemmend – ein schwerer Vorwurf in einer Zeit, in der die EU globale Klimaführerschaft beansprucht.

Was kommt als Nächstes?

Die EU-Kommission kündigt für dieses Jahr eine komplette Überprüfung der CBAM-Verordnung an. Mögliche Folge: Ausweitung auf weitere Produktgruppen und nachgelagerte Waren. Das könnte den Erfassungsgrad erhöhen – aber auch die Komplexität.

Der Zeitplan ist eng: Die Berichtsphase endet im Dezember 2025, die Vereinfachungen greifen 2026, die erste finanzielle Abrechnung steht 2027 an. Die Herausforderung für Brüssel ist gewaltig: Ein Instrument schaffen, das klimapolitisch wirkt, ohne die Wirtschaft abzuwürgen und Handelspartner zu verprellen.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Der CO2-Grenzausgleich bleibt eine Dauerbaustelle. Ob aus dem Klimaschutz-Versprechen ein funktionierendes System wird oder eine bürokratische Belastung mit zweifelhaftem Nutzen – das wird sich in den kommenden Jahren entscheiden.

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