EU-KI-Gesetz: Brüssel gewährt Unternehmen Aufschub bis 2027
03.12.2025 - 23:09:12Die Europäische Union rudert beim Zeitplan für ihr ambitioniertes KI-Gesetz zurück. Angesichts fehlender technischer Standards und massiver Umsetzungsprobleme unterstützen EU-Mitgliedstaaten und Wirtschaft nun nachdrücklich den Vorschlag der Kommission, die Fristen für Hochrisiko-KI-Systeme bis Ende 2027 zu verlängern. Was steckt hinter dieser bedeutenden Kurskorrektur?
Die ursprünglich für August 2026 geplanten strengen Vorgaben erweisen sich als nicht umsetzbar. Wie aus den aktuellen Verhandlungen in Brüssel und Berlin hervorgeht, wächst der Druck auf die EU-Kommission, deutlich mehr Zeit einzuräumen. Der Grund: Ohne harmonisierte technische Standards befinden sich Unternehmen in einem rechtlichen Niemandsland.
„Die Implementierungsschwierigkeiten auf Regierungsebene und in der Industrie sind nicht mehr zu ignorieren”, heißt es aus Kommissionskreisen. Diese Einsicht markiert einen Wendepunkt in der europäischen Digitalpolitik. Das kürzlich vorgestellte „Digital Omnibus”-Paket soll nun die Lösung bringen.
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Die geplanten Anpassungen haben es in sich. Für Hochrisiko-Systeme in sensiblen Bereichen wie Personalwesen, Bildung oder Strafverfolgung soll die Frist bis zum 2. Dezember 2027 verlängert werden. KI-Komponenten, die in bereits regulierte Produkte integriert sind – etwa Maschinen oder Medizingeräte – erhalten sogar Aufschub bis August 2028.
Diese Verschiebung ist mehr als ein bürokratischer Kompromiss. Sie spiegelt die Sorge vieler EU-Hauptstädte wider, dass eine überhastete Einführung die europäische Wettbewerbsfähigkeit gefährden könnte. Denn während die USA unter ihrer neuen Administration auf Deregulierung setzen, droht Europa, seine eigene Tech-Industrie durch zu starre Regeln auszubremsen.
Das Standard-Problem: Warum alles stockt
Im Kern geht es um ein technisches Dilemma. Die europäischen Normungsorganisationen CEN und CENELEC arbeiten zwar an den notwendigen Standards, doch diese sind noch lange nicht fertig. Ohne diese Normen können Unternehmen praktisch nicht nachweisen, dass ihre KI-Systeme gesetzeskonform sind.
Experten warnen seit Monaten vor einem „Compliance-Vakuum”. Unternehmen müssten Millionen in Compliance-Strukturen investieren, ohne zu wissen, welche konkreten Anforderungen am Ende gelten. Diese Unsicherheit lähmt Innovationen und bindet Ressourcen, die besser in Entwicklung fließen sollten.
Die nun diskutierte Verlängerung soll genau dieses Problem lösen: Die Regeln treten erst dann vollständig in Kraft, wenn alle notwendigen Werkzeuge zur Verfügung stehen.
Mehr als nur Aufschub: Bürokratieabbau im Paket
Das „Digital Omnibus”-Paket geht deutlich über bloße Fristverlängerungen hinaus. Drei zentrale Entlastungen zeichnen sich ab:
KI-Kompetenz wird Staatsaufgabe: Die Pflicht zur Förderung der KI-Kompetenz verlagert sich von Unternehmen auf Mitgliedstaaten und Kommission. Firmen sollen künftig „ermutigt” statt verpflichtet werden.
KMU-Sonderregeln: Kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups erhalten vereinfachte Dokumentationspflichten. Eine wichtige Erleichterung für die oft ressourcenschwachen Innovationstreiber.
Schluss mit unnötiger Bürokratie: Bestimmte KI-Systeme, die nachweislich kein signifikantes Risiko darstellen, müssen nicht länger in der EU-Datenbank registriert werden.
Wettlauf gegen die globale Konkurrenz
Die Reaktionen aus der Wirtschaft fallen überwiegend positiv aus, sind aber von Ungeduld geprägt. Industrieverbände hatten eindringlich gewarnt: Der ursprüngliche Zeitplan würde Innovationen in Europa abwürgen. Statt in Entwicklung zu investieren, müssten Unternehmen Ressourcen für die Einhaltung unklarer Regeln verschwenden.
Analysten sehen in dem Kurswechsel auch eine Reaktion auf den verschärften globalen Wettbewerb. Der Bericht von Mario Draghi zur EU-Wettbewerbsfähigkeit hatte bereits eine kritische Überprüfung der regulatorischen Lasten gefordert. Europa will seinen „Brussels Effect” bewahren – also Standards setzen, die weltweit wirken – ohne dabei die eigene Tech-Szene zu erdrosseln.
Was Unternehmen jetzt beachten müssen
Der Vorschlag muss nun das ordentliche Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Da sowohl Rat als auch Parlament Handlungsbedarf signalisiert haben, wird mit einer zügigen Behandlung gerechnet. Eine Warnung bleibt dennoch: Unternehmen sollten ihre Compliance-Vorbereitungen keinesfalls einstellen.
Die gewonnene Zeit bietet die Chance, robuste KI-Governance-Strukturen aufzubauen. Wer jetzt investiert, ist später im Vorteil. Denn eines ist klar: Der AI Act bleibt, nur der Zeitplan wird der Realität angepasst.
Für die europäische Wirtschaft bedeutet dies eine Atempause – aber keinen Freifahrtschein. Die Botschaft aus Brüssel am heutigen Mittwoch lautet: Pragmatismus statt Prinzipienreiterei. Bleibt die Frage, ob Europa damit die richtige Balance zwischen Innovation und Regulierung findet.
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