EU-Handelsrecht, Aufschub

EU-Handelsrecht: Aufschub bei Entwaldung, Härtetest beim CO2-Zoll

09.12.2025 - 08:10:12

Das Jahr 2025 endet für Importeure mit gemischten Gefühlen. Während die EU-Entwaldungsverordnung überraschend verschoben wurde, läuft die Uhr beim CO2-Grenzausgleich gnadenlos ab. Wer am 1. Januar 2026 nicht bereit ist, riskiert Warenblockaden an der Grenze.

Drei Wochen vor Jahresende zeichnet sich ein paradoxes Bild ab: Erleichterung bei Kaffee- und Kakaoimporteuren, Stress bei Stahlhändlern. Die provisorische Einigung zur EU-Entwaldungsverordnung verschafft Unternehmen ein Jahr Luft zum Atmen – doch beim Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) gibt es keine Gnade. Und während die Schweiz ihr Zollsystem komplett umstellt, sorgt eine oft übersehene Änderung im Russland-Sanktionsrecht für Klarheit: Der Ausstieg aus Geschäften dauert länger als gedacht.

Die Erleichterung in Brüssel war spürbar. Parlament und Rat einigten sich am 4. Dezember auf eine zwölf Monatsfrist. Statt wie ursprünglich vorgesehen am 30. Dezember 2025 greift die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) nun erst zum 30. Dezember 2026 für große und mittlere Unternehmen. Kleinst- und Kleinbetriebe erhalten sogar bis 30. Juni 2027 Zeit.

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“Das verhindert einen Versorgungsengpass, der Anfang 2026 Kaffee, Kakao, Soja und Holzimporte massiv gestört hätte”, kommentierte ein Brüsseler Branchenkenner. Doch Rechtsexperten warnen: Die politische Einigung muss noch vor Silvester im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden, um rechtlich zu greifen. Unternehmen sollten ihre Datenerfassung trotzdem fortsetzen – die inhaltlichen Anforderungen bleiben unverändert.

Könnte die Verzögerung auch zum Bumerang werden? Manche Beobachter fürchten, dass Firmen die gewonnene Zeit zur Untätigkeit nutzen statt zur Vorbereitung.

CBAM: Der harte Schnitt zum Jahreswechsel

Während die Entwaldungsregeln aufgeschoben wurden, kennt der CO2-Grenzausgleich keine Nachsicht. Die Übergangsphase, die im Oktober 2023 begann, endet unwiderruflich am 31. Dezember 2025.

Ab 1. Januar 2026 tritt das “definitive Regime” in Kraft – mit drastischen Folgen für Importeure von Zement, Eisen, Stahl, Aluminium, Düngemitteln, Strom und Wasserstoff:

Erstens: Nur noch als “zugelassene CBAM-Anmelder” registrierte Importeure dürfen betroffene Waren ins EU-Zollgebiet einführen.

Zweitens: Die Pflicht zum Kauf und zur Abgabe von CBAM-Zertifikaten entsprechend den eingebetteten Emissionen beginnt schrittweise – vorbei die Zeiten reiner Informationsberichte.

Zollbehörden in den Mitgliedstaaten verzeichnen seit Wochen einen Ansturm auf Zulassungsanträge. Wer seine Unterlagen nicht über das CBAM-Register eingereicht hat, riskiert blockierte Lieferungen im Januar. Die Bearbeitungszeit kann bis zu 120 Tage betragen – für viele Unternehmen bereits jetzt zu spät.

Russland-Sanktionen: Verkaufsfrist bis Ende 2026

Eine wichtige Klarstellung betrifft europäische Firmen mit Russland-Geschäft. Entgegen früherer Befürchtungen schließt sich das Zeitfenster für den geordneten Rückzug nicht am 31. Dezember 2025.

Der EU-Rat hat die Gültigkeitsdauer der Desinvestitionsgenehmigungen ausdrücklich verlängert. Gemäß den Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 (Artikel 12b) läuft die Frist für die Lieferung von Waren und Technologien, die ausschließlich für den Verkauf russischer Beteiligungen oder die Geschäftsabwicklung notwendig sind, nun erst am 31. Dezember 2026 ab.

Diese zwölfmonatige Verlängerung verschafft Konzernen Spielraum für komplexe Verhandlungen, ohne gegen Exportkontrollen oder Vermögenssperren zu verstoßen. Compliance-Verantwortliche betonen jedoch: Die Ausnahme gilt strikt nur für Desinvestitionsvorgänge. Die “No-Russia-Klausel” (Artikel 12g), die Exporteure verpflichtet, die Weiterlieferung sensibler Güter nach Russland vertraglich auszuschließen, bleibt für Neuverträge voll wirksam – mit empfindlichen Strafen bei Verstößen.

Zoll-Modernisierung: Schweizer Passar und EU-Behörde

Schweizer Zoll (Passar):
Für den Handel mit der Schweiz tickt die Uhr besonders laut. Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) bestätigte: Das alte System “e-dec Export” wird am 31. Dezember 2025 abgeschaltet. Ab 1. Januar 2026 laufen alle Ausfuhranmeldungen über Passar 1.0. Unternehmen ohne aktualisierte Zollsoftware oder fehlender API-Anbindung können ab Neujahr keine Exporte aus der Schweiz mehr anmelden.

EU-Zollbehörde (EUCA):
Institutionell läuft die Bewerbungsphase für die neue EU-Zollbehörde (EUCA) auf Hochtouren. Nach Ablauf der Bewerbungsfrist am 27. November 2025 haben neun Mitgliedstaaten offizielle Angebote eingereicht. Die Kandidatenstädte sind Lüttich, Málaga, Lille, Zagreb, Rom, Den Haag, Warschau, Porto und Bukarest.

Die Kommission prüft derzeit die Bewerbungen nach Kriterien wie operativer Einsatzbereitschaft und geografischer Ausgewogenheit. Der ECOFIN-Rat wird die Reformfortschritte am 12. Dezember 2025 erörtern. Eine endgültige Standortentscheidung wird für März 2026 erwartet.

Vom Beobachten zum Durchsetzen

Mit dem nahenden Jahreswechsel endet die Schonfrist. Während die EUDR-Verschiebung als Ventil wirkt, erzeugt die gleichzeitige Aktivierung des definitiven CBAM-Regimes und der harte Wechsel zu Passar eine brisante Gemengelage für Januar.

Importeure und Exporteure sollten die verbleibenden Dezember-Wochen nutzen, um ihren Status als “zugelassene Anmelder” für CBAM zu verifizieren und sicherzustellen, dass ihre Logistikdienstleister Passar-fähig sind. Die verlängerte Russland-Ausstiegsfrist bis Ende 2026 bietet strategischen Spielraum – doch die Gesamtrichtung bleibt unmissverständlich: strengere Grenzkontrollen, höhere Datenanforderungen und härtere Durchsetzung umwelt- und geopolitischer Handelsstandards.

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