EU-Handelspolitik, Entwaldungsgesetz-Chaos

EU-Handelspolitik: Entwaldungsgesetz-Chaos bedroht Wirtschaft

24.11.2025 - 00:09:12

Die EU steckt in der Klemme. Während in Brüssel ein institutioneller Machtkampf die dringend nötige Verschiebung der Entwaldungsverordnung gefährdet, bereitet sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf einen möglichen Handelskrieg mit Donald Trump vor. Die Unsicherheit für europäische Unternehmen könnte kaum größer sein.

Was eigentlich Formsache sein sollte, entwickelt sich zum politischen Krimi: Die Verschiebung der Entwaldungsverordnung um zwölf Monate droht am Streit zwischen Parlament und Mitgliedstaaten zu scheitern. Gleichzeitig laufen die Vorbereitungen auf Trumps Amtsübernahme im Januar – mit Energieimporten als neuer Verhandlungsmasse.

Am 30. Dezember soll sie scharf geschaltet werden: die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten. Unternehmen müssten dann nachweisen, dass ihre Produkte – von Kaffee über Soja bis Holz – nicht zur weltweiten Entwaldung beitragen. Doch die Wirtschaft schlägt Alarm. Die Kommission wollte reagieren und eine Verschiebung um ein Jahr durchsetzen.

Doch jetzt ist der Prozess ins Stocken geraten. Am Mittwoch lehnten die EU-Botschafter die vom Parlament geforderten Änderungen ab. Die EVP-Fraktion hatte nicht nur der Verschiebung zugestimmt, sondern auch eine neue “No-Risk”-Kategorie eingeführt. Länder mit stabilen Waldflächen sollten weniger Bürokratie bewältigen müssen.

Anzeige

Steht Ihr Unternehmen vor der Ungewissheit der neuen EU-Entwaldungsverordnung? Viele Händler und Importeure müssen bald nachweisen, dass Rohstoffe wie Kaffee, Soja oder Holz nicht zur Abholzung beitragen – Versäumnisse können zu Sanktionen oder Lieferstopps führen. Das kostenlose E‑Book erklärt praxisnah die Prüf- und Sorgfaltspflichten, liefert eine sofort nutzbare Checkliste zur Risikobewertung und hilft Compliance-Teams, Handlungsbedarf zu erkennen. Jetzt E‑Book & Checkliste herunterladen

Der Rat besteht auf der reinen Verschiebung – ohne inhaltliche Änderungen. Die Folge: Ein Trilog zwischen Kommission, Rat und Parlament muss her. Die Zeit? Knapp sechs Wochen bis zum Stichtag.

Scheitert die Einigung, tritt das ursprüngliche Gesetz planmäßig in Kraft. Für Unternehmen, die auf die Verschiebung gesetzt haben, wäre das ein regulatorischer Albtraum. Der BDI warnt bereits vor einem “Bürokratiemonster” und mahnt Planungssicherheit an.

LNG als Friedensangebot an Trump

Während intern gestritten wird, richtet sich der Blick nach Washington. Trumps Wahlsieg hat in Brüssel die Alarmglocken schrillen lassen. Seine angekündigten Zölle von 10 bis 20 Prozent auf alle Importe – und bis zu 60 Prozent auf chinesische Waren – bedrohen die exportorientierte europäische Wirtschaft massiv.

Von der Leyens Strategie? Umarmung statt Konfrontation. Nach einem Telefonat mit Trump deutete sie an, russisches Flüssigerdgas durch amerikanisches LNG ersetzen zu wollen. Der Deal: Energie gegen Zollverzicht.

Zwei Fliegen mit einer Klappe – so die Hoffnung. Die Abhängigkeit von Russland sinken lassen und gleichzeitig das US-Handelsdefizit verringern, das Trump seit Jahren kritisiert. Die EU importiert bereits große Mengen US-LNG, eine Steigerung würde aber zusätzliche Infrastruktur erfordern.

Experten sehen den Ansatz als pragmatisch, aber riskant. Offizielle Verhandlungen starten erst nach Trumps Amtseinführung – doch die Positionierung läuft bereits auf Hochtouren.

Mercosur: Der umstrittene Südamerika-Deal

Im Schatten der großen Debatten steht das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentininen, Uruguay, Paraguay) vor der Entscheidung. Die Kommission will den seit 25 Jahren verhandelten Deal beim Gipfel Anfang Dezember in Montevideo finalisieren.

Das Abkommen gilt als zentraler Baustein, um die Abhängigkeit von China und den USA zu verringern. Doch der Widerstand bleibt heftig. Frankreich führt die Opposition an und befürchtet Nachteile für die heimische Landwirtschaft durch billigere Fleischimporte. In Brüssel protestierten diese Woche erneut Landwirte und Umweltaktivisten.

Die Bundesregierung drängt hingegen auf einen Abschluss. Für die deutsche Industrie wäre der zollfreie Zugang zum südamerikanischen Markt ein wichtiger Impuls. Ob die Kommission Frankreichs Widerstand brechen kann? Offener denn je.

Wirtschaft zwischen allen Stühlen

Die Gleichzeitigkeit dieser Krisen verdeutlicht die prekäre Lage europäischer Wirtschaftspolitik:

  • Interne Blockade: Der EUDR-Streit zeigt, wie schwerfällig der EU-Apparat reagiert. Statt Bürokratieabbau droht neue Rechtsunsicherheit.
  • Externe Abhängigkeit: Von der Leyens schnelles Angebot an Trump offenbart, wie sehr die EU auf den US-Markt angewiesen ist.

Analysten warnen: Ein Scheitern der EUDR-Verschiebung würde das Vertrauen in die EU nachhaltig beschädigen. “Unternehmen brauchen keine politischen Machtspiele, sondern verlässliche Rahmenbedingungen”, heißt es aus Wirtschaftskreisen.

Die nächsten Wochen entscheiden

Die kommenden Wochen bis Weihnachten werden richtungsweisend:

  • EUDR-Trilog: Parlament und Rat müssen sich in Rekordzeit einigen. Wahrscheinlich ist ein Kompromiss – Verschiebung kommt, inhaltliche Änderungen werden vertagt.
  • Mercosur-Gipfel: Anfang Dezember zeigt sich, ob Frankreichs Veto den Deal endgültig beerdigt.
  • Trump-Vorbereitung: Die Kommission baut ihre “Task Force” aus, um im Januar handlungsfähig zu sein.

Für die europäische Wirtschaft bleibt die Lage volatil. Die Hoffnung auf ein ruhiges Jahresende? Dahin. Stattdessen regiert das Krisenmanagement.

Anzeige

PS: Die Uhr tickt – unabhängig vom Trilog könnte die Entwaldungsverordnung bald in Kraft treten. Vermeiden Sie teure Überraschungen in der Lieferkette: Der kostenlose Leitfaden zeigt kompakt, welche Rohstoffe betroffen sind, wie Sie Risiken bewerten und welche Nachweise Prüfer erwarten. Besonders nützlich für Importeure und Händler mit Zulieferern aus Südamerika. Gratis-Leitfaden zur Entwaldungsverordnung herunterladen

@ boerse-global.de