EU-Entwaldungsgesetz: Zweiter Aufschub bis Ende 2026
01.12.2025 - 21:31:12Das EU-Parlament hat die Umsetzung der Entwaldungsverordnung für große Betriebe bis Ende 2026 und für kleine bis Mitte 2027 verschoben. Grund sind unfertige IT-Systeme und komplexe Nachweispflichten.
Das Europaparlament hat am 26. November für eine erneute Verschiebung der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) gestimmt. Große Unternehmen müssen nun erst ab dem 30. Dezember 2026 nachweisen, dass ihre Produkte nicht zur Abholzung beitragen – kleine Betriebe erhalten sogar bis Mitte 2027 Zeit. Es ist bereits die zweite große Verzögerung für das umstrittene Gesetz.
Die Entscheidung bringt Luft für Tausende Firmen, die mit Rindfleisch, Kakao, Kaffee, Palmöl, Kautschuk, Soja oder Holz handeln. Nach monatelangen Debatten im Herbst 2025 folgte das Parlament damit einem Vorschlag der EU-Kommission, die im September eingeräumt hatte: Die technische Infrastruktur ist schlicht nicht bereit.
Ursprünglich sollte das Gesetz bereits Ende 2024 greifen. Nach einem ersten Aufschub war der 30. Dezember 2025 als neuer Stichtag festgelegt worden. Doch was vernünftig klingt, sorgt für heftigen Streit zwischen Wirtschaft und Umweltschützern.
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IT-Systeme überfordert, Bürokratie unterschätzt
Der Hauptgrund für die Verzögerung? Das EU-Informationssystem zur Abgabe der Sorgfaltserklärungen funktioniert nicht wie geplant. Die Kommission räumte im September “Kapazitätsprobleme” ein – diplomatisch formuliert für: Die Datenbank würde unter der Last zusammenbrechen.
Hinzu kommt die Komplexität der Anforderungen. Jedes Unternehmen, das als erstes ein Produkt in der EU auf den Markt bringt, muss detailliert belegen können, von welchem Grundstück die Rohstoffe stammen. Bei globalen Lieferketten mit Tausenden Zulieferern eine Herkulesaufgabe.
Das Parlament hat nun Erleichterungen beschlossen: Kleinstbetriebe und kleine Primärerzeuger können künftig eine vereinfachte Einmaldeklärung abgeben. Die Verantwortung liegt klar beim ersten Inverkehrbringer – nachgelagerte Händler sollen nicht doppelt berichten müssen. Ein wichtiger Punkt, den Branchenverbände das ganze Jahr 2025 über angemahnt hatten.
Industrie atmet auf – Umweltschützer schäumen
Die Reaktionen könnten kaum gegensätzlicher sein. Holz- und Agrarbranche sprechen von dringend benötigter Atempause. “Die Verlängerung garantiert einen reibungslosen Übergang”, zitierte das European Rubber Journal am 1. Dezember aus Industriekreisen.
Umweltorganisationen hingegen sprechen von Verrat. Earthsight, eine auf Umweltkriminalität spezialisierte NGO, warf dem Parlament vor, lebenswichtige Gesetzgebung “verwässert” zu haben. In einer scharfen Stellungnahme hieß es: Die wiederholten Verzögerungen “belohnen jene, die untätig geblieben sind” – und bestrafen Firmen, die bereits Millionen in Compliance-Systeme investiert haben.
Tatsächlich bedeutet der Aufschub: Noch ein weiteres Jahr können Waren in die EU gelangen, deren Produktion möglicherweise zur Abholzung beigetragen hat. Für Klimaschützer ein inakzeptabler Preis.
Holpriger Weg seit 2023
Die Entwaldungsverordnung sollte ursprünglich im Juni 2023 beschlossen werden – mit Inkrafttreten Ende 2024. Bereits die erste Verschiebung auf Dezember 2025 hatte für Unmut gesorgt.
Warum ist die Umsetzung so schwierig? Die Anforderung, für jede Lieferung die genaue geografische Herkunft bis auf Parzellen-Ebene nachzuweisen, überfordert selbst große Konzerne. In Regionen mit zersplittertem Landbesitz – etwa in weiten Teilen Afrikas und Südostasiens – fehlen oft grundlegende Katasterdaten.
Das Ziel der EUDR bleibt unbestritten: Die EU will nicht länger Motor globaler Entwaldung sein. Doch zwischen politischem Anspruch und praktischer Durchführbarkeit klafft eine Lücke, die sich nicht mit Gesetzestexten allein schließen lässt.
Was jetzt passiert
Der Parlamentsbeschluss ist noch nicht das letzte Wort. Der EU-Rat muss dem Text noch formal zustimmen. Da dieser am 19. November bereits seine Verhandlungsposition festgelegt hatte – weitgehend im Einklang mit dem Kommissionsvorschlag –, gilt eine rasche Einigung als sicher.
Die Verhandlungen zwischen Parlament und Rat sollen noch im Dezember 2025 abgeschlossen werden. Ziel ist die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt vor Jahresende, um den neuen Stichtag rechtssicher zu verankern.
Für Unternehmen bedeutet das: Keine Entwarnung, sondern Galgenfrist. Rechtsexperten raten, die gewonnene Zeit intensiv zu nutzen. Anfang 2026 sollen umfangreiche Belastungstests der IT-Systeme stattfinden. Zudem hat das Parlament eine Überprüfung der Verwaltungslasten bis April 2026 gefordert – kleinere Nachjustierungen sind also durchaus noch möglich.
Bleibt die Frage: Wird ein Jahr mehr ausreichen, um die massiven logistischen Herausforderungen zu meistern? Oder erleben wir Ende 2026 die dritte Verschiebung?
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