EU Digital-Wallet: Größter Pilot abgeschlossen
28.11.2025 - 17:02:11Das POTENTIAL-Konsortium beendete den umfangreichsten Praxistest für die europäische digitale Identität mit über 1.000 Transaktionen. Parallel startet Großbritannien eine Initiative zur Vereinheitlichung behördlicher Logins.
Während Deutschland noch über digitale Identitäten diskutiert, liefert Europa Fakten: Der umfangreichste Testlauf für die europäische Wallet ist abgeschlossen – mit über 1.000 erfolgreichen Transaktionen in der Praxis. Gleichzeitig zeigt Großbritannien, wie sich die digitale Kluft zwischen Behörden überbrücken lässt.
Die vergangene Woche markiert einen Wendepunkt für digitale Verwaltungsservices: Am Donnerstag verkündete das POTENTIAL-Konsortium den erfolgreichen Abschluss seines Pilotprojekts für die Europäische Digitale Identität (EUDI). Nur einen Tag zuvor hatte das EU-Parlament grünes Licht für die Wallet als Altersverifikations-Tool gegeben. Und im Vereinigten Königreich startete zeitgleich die Initiative “GDS Local” – ein Versuch, die fragmentierte digitale Bürgererfahrung zu vereinheitlichen.
Was bedeutet das konkret? Die Ära der Theoriepapiere weicht handfesten Anwendungen: Bankkonten per Smartphone eröffnen, Führerscheine grenzüberschreitend verifizieren, E-Rezepte europaweit einlösen. Aus Strategiedokumenten wird digitale Infrastruktur.
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1.300 Tests, 19 Länder, eine Vision
Das POTENTIAL-Projekt gilt als größter der vier EU-weiten Testläufe für die digitale Brieftasche. Über 140 Organisationen aus 19 Mitgliedstaaten plus Ukraine prüften, ob die Vision eines europäischen Digital-Ausweises tatsächlich funktioniert.
Die Bilanz: Mehr als 1.000 erfolgreiche Transaktionen, darunter 249 grenzüberschreitende Vorgänge. Getestet wurden sechs Kernbereiche:
- E-Government: Sichere Anmeldung bei Behördenportalen
- Banking: Kontoeröffnung ohne Papierkram
- Telekommunikation: SIM-Karten-Registrierung
- Mobilführerscheine: Grenzüberschreitende Führerschein-Prüfung
- Qualifizierte elektronische Signaturen: Rechtsgültiges digitales Unterschreiben
- E-Rezepte: Medikamente im EU-Ausland abholen
“POTENTIAL hat bewiesen, dass Europa grenzüberschreitende Interoperabilität erreichen kann”, erklärte das Konsortium. Die Bedingung: “Rigorose gemeinsame Standards und starke Governance.” Anders formuliert: Die Technik steht – jetzt zählt die politische Umsetzung.
Das luxemburgische Regierungs-IT-Zentrum CTIE, federführend am Projekt beteiligt, betonte die Praxisnähe der Tests. Im Gegensatz zu früheren theoretischen Modellen wurden reale Transaktionen simuliert – vom Bankkonto-Login bis zur Rezept-Einlösung in der Apotheke.
Bis 2026: Wallet für alle EU-Bürger
Die EU-Kommission hat sich verpflichtet, bis 2026 allen Bürgern der Mitgliedstaaten eine EUDI-Wallet bereitzustellen. Der erfolgreiche Abschluss des POTENTIAL-Pilots räumt nun ein wesentliches Hindernis aus dem Weg.
Zeitgleich unterstützte das EU-Parlament am 26. November die Wallet als Werkzeug zur Altersverifikation – ein Versuch, Minderjährige online zu schützen, ohne die Privatsphäre zu gefährden. Die Botschaft: Die digitale Identität soll nicht nur Behördengänge erleichtern, sondern auch im Alltag nützen.
Doch der Teufel steckt im Detail. “Wir verlassen die Phase der Digital-Strategien und betreten die Phase der Infrastruktur-Implementierung”, analysiert Branchenexpertin Dr. Elena Rossi. “Das EU-Pilotprojekt beweist: Die technischen Schienen für eine kontinentale digitale ID existieren. Die Herausforderung liegt jetzt bei der Akzeptanz – Banken, Telekommunikationsunternehmen und Bürger müssen diesen Wallets täglich vertrauen.”
Großbritannien: Ein Login für alle Behörden
Während die EU grenzüberschreitend denkt, adressiert Großbritannien ein hausgemachtes Problem: die digitale Zersplitterung zwischen nationalen und lokalen Behörden. Die neue Einheit GDS Local innerhalb des Government Digital Service soll die fragmentierte Bürgererfahrung kitten.
Die drei Kernziele:
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Einheitlicher Zugang: GOV.UK One Login und die GOV.UK App werden auf kommunale Dienste ausgeweitet. Steuererklärung und Parkausweis-Antrag mit einem Login – das ist die Vision.
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Daten-Freigabe: Ein Framework ermöglicht Kommunen, anonymisierte Daten sicher zu teilen, um Trends bei der Dienstleistungs-Nachfrage zu erkennen.
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Strategische Ausrichtung: Gemeinsam mit der Local Government Association entsteht eine Technologie-Vision, die teure, veraltete IT-Verträge ablösen soll.
Minister für Digitale Regierung Ian Murray spricht von einem Ende der “Postleitzahlen-Lotterie” digitaler Reife. Bürger in allen Landesteilen sollen dieselbe Qualität digitaler Services erhalten – unabhängig davon, ob ihre Kommune technologisch führend oder rückständig ist.
Die Initiative gibt zu, was lange offensichtlich war: Zentrale Exzellenz reicht nicht, wenn die lokale Umsetzung hinterherhinkt. Indem die Zentralregierung ihre Infrastruktur (wie One Login) den Kommunen anbietet, hofft sie, den Reibungsverlust für Nutzer zu reduzieren, die derzeit dutzende verschiedene Logins für öffentliche Dienste verwalten.
Globaler Trend: IT-Budgets steigen 2025
Diese spezifischen Service-Launches fügen sich in einen breiteren Trend ein. Eine am 27. November veröffentlichte Gartner-Umfrage zeigt: 52 Prozent der Regierungs-CIOs außerhalb der USA erwarten für 2026 steigende IT-Budgets.
Die Top-Investitionsprioritäten:
- Cybersecurity: 85 Prozent
- Künstliche Intelligenz: 80 Prozent
- Cloud-Plattformen: 76 Prozent
“Geopolitische Verschiebungen und wirtschaftliche Volatilität zwingen Regierungs-CIOs, ihre Prioritäten rasch anzupassen”, erklärt Gartner-Analyst Arthur Mickoleit. Der Fokus verschiebt sich zu “missionskritischen Ergebnissen” – etwa die Reduzierung administrativer Lasten und Verbesserung der direkten Bürgererfahrung, die 37 Prozent der CIOs als Top-Priorität nannten.
Die Daten deuten darauf hin: Regierungen setzen auf praktische Resilienz und Effizienz statt auf experimentelle “Hype-Technologien”. KI ja – aber nicht als Selbstzweck, sondern um Bürgern das Navigieren durch komplexe Vorschriften zu erleichtern.
Was Bürger erwarten können
In den kommenden 12 bis 18 Monaten werden diese Entwicklungen spürbar:
In der EU: Mit abgeschlossenem POTENTIAL-Pilot konzentriert sich die Arbeit auf die technische Verfeinerung der EUDI-Wallet. Die Mitgliedstaaten müssen bis 2026 liefern – ein ambitionierter Zeitplan, der wenig Spielraum für Verzögerungen lässt.
In Großbritannien: Kommunen werden GOV.UK One Login pilotieren, voraussichtlich beginnend mit Hochvolumen-Diensten wie Wohnungswesen und Abfallmanagement. Die Frage bleibt: Können veraltete IT-Systeme in hunderten Kommunen schnell genug modernisiert werden?
Global: Laut Gartner-Daten ist Ende 2025 und 2026 eine Welle KI-gestützter “digitaler Assistenten” auf Regierungsportalen zu erwarten. Sie sollen Bürgern helfen, komplexe Regelungen leichter zu verstehen – ein direkter Angriff auf die berüchtigte “Behördensprache”.
Die entscheidende Frage lautet nicht mehr, ob digitale Verwaltung technisch möglich ist. Sie lautet: Wer schafft es, das Vertrauen der Bürger zu gewinnen und die Akzeptanz zu sichern? Die EU hat die technischen Schienen gelegt, Großbritannien will die lokale Lücke schließen – doch der Erfolg misst sich letztlich an einem einzigen Kriterium: Nutzen die Menschen diese Services im Alltag?
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