ECFMG, NHS

ECFMG, NHS und australische Behörden: Systemausfälle im digitalen Gesundheitswesen

26.11.2025 - 07:40:12

Wichtige internationale Gesundheitsplattformen sind heute und in den kommenden Tagen nicht erreichbar. Gleichzeitig investieren Regierungen Milliarden in die Modernisierung maroder IT-Infrastruktur.

Von den USA über Großbritannien bis nach Australien und Neuseeland legen Gesundheitsbehörden ihre digitalen Systeme für Wartungsarbeiten lahm. Was zunächst nach Routine klingt, offenbart bei genauerem Hinsehen ein grundlegendes Problem: Veraltete IT-Infrastrukturen bremsen das Gesundheitswesen aus – und die Politik reagiert nun mit Milliarden-Investitionen.

Wer heute versucht, auf das Portal der Educational Commission for Foreign Medical Graduates (ECFMG) zuzugreifen, blickt in die Röhre. Die für internationale Mediziner zentrale US-Organisation hat ihren Betrieb bereits um 13:30 Uhr eingestellt – Thanksgiving-Feiertag. Bis Montag, 1. Dezember, bleibt die MyIntealth-Umgebung unerreichbar.

Für Ärztinnen und Ärzte, die ihre Zulassung für das US-Gesundheitssystem beantragen oder USMLE-Prüfungsergebnisse abrufen wollen, bedeutet das: Zwangspause über das verlängerte Wochenende.

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Morgen dran: NHS-Systeme vier Stunden offline

Der britische National Health Service (NHS) folgt am Donnerstagabend. Von 18:00 bis 22:00 Uhr werden die Primary Care Support England (PCSE)-Systeme heruntergefahren. Hausärzte, Optiker und Apotheken können in diesem Zeitfenster nicht auf Leistungslisten, Abrechnungsportale oder Materialbestellungen zugreifen.

Die vierstündige Abschaltung mag kurz erscheinen – doch sie illustriert ein Problem, das moderne Cloud-Architekturen längst gelöst haben: Die Notwendigkeit, Systeme komplett offline zu nehmen, um Updates einzuspielen.

Wochenende: Australien schaltet Visa-Gesundheitssysteme ab

Am Freitag trifft es Australien besonders hart. Das Department of Home Affairs hat für Freitagabend um 20:30 Uhr (AEDT) eine über 15 Stunden dauernde Wartung angekündigt – erst Samstag um 12:00 Uhr mittags sollen die Systeme wieder laufen.

Betroffen sind der “My Health Declarations”-Service und das eMedical-Portal. Visa-Antragsteller, die medizinische Untersuchungen einreichen müssen, haben bis Freitagabend Zeit – danach herrscht digitale Funkstille bis zum Wochenende.

Neuseeland plant Radikalumbau: 10 Jahre für einheitliche Patientenakte

Doch hinter den Wartungsfenstern steckt mehr als bloße Routine. Gestern verkündete Health New Zealand (Te Whatu Ora) einen 10-Jahres-Plan zur digitalen Transformation des Gesundheitswesens. Das erschreckende Detail: Rund 65 Prozent der neuseeländischen Krankenhäuser arbeiten noch immer mit Papierakten.

Gesundheitsminister Simeon Brown brachte das Chaos in Zahlen: “Health New Zealand betreibt derzeit etwa 6.000 Daten- und Digitalsysteme – eines für jeweils 15 Mitarbeiter.” Das sei das Resultat jahrelanger Sparmaßnahmen und Flickschusterei statt strategischer Planung.

Die neue Strategie setzt auf ein einheitliches elektronisches Patientendossier und massiv verstärkte Cybersicherheit. Ein “Centre for Digital Modernisation of Health” soll die Umsetzung koordinieren.

Großbritannien investiert 300 Millionen Pfund in NHS-Automatisierung

Auch das britische Schatzamt hat reagiert. Im Herbsthaushalt wurden 300 Millionen Pfund (umgerechnet rund 350 Millionen Euro) für neue NHS-Technologie und digitale Tools bewilligt. Das Geld soll vor allem administrative Aufgaben automatisieren – und so Ärzte und Pflegepersonal entlasten.

Die Parallele zu Deutschland ist unübersehbar: Während hierzulande die elektronische Patientenakte (ePA) nur schleppend vorankommt und Praxen mit Faxgeräten kämpfen, zeigen die angelsächsischen Länder ähnliche Probleme. Der Unterschied: Sie investieren jetzt massiv in die Lösung.

Gewerkschaften warnen: Personal fehlt für digitale Revolution

Doch die großen Pläne stoßen auf Widerstand. In Neuseeland kritisiert die Public Service Association (PSA) scharf, dass die Regierung gleichzeitig Personal abbaut. “Man kann keine digitale Transformation liefern, während man drastisch die Belegschaft kürzt, die sie umsetzen soll”, erklärte PSA-Generalsekretärin Fleur Fitzsimons.

Die Fronten haben sich verhärtet: Am Freitagnachmittag streiken die IT-Mitarbeiter von Health New Zealand für vier Stunden. Ausgerechnet während der australischen Systemwartung – was die Reaktionsfähigkeit bei ungeplanten Ausfällen zusätzlich einschränken könnte.

Was das für KI und moderne Medizin bedeutet

Die aktuelle Wartungswelle und die Investitionsankündigungen offenbaren eine unbequeme Wahrheit: Viele nationale Gesundheitssysteme operieren auf technischem Niveau der 2000er-Jahre.

Moderne KI-Tools wie Microsofts Dragon Copilot für Pflegekräfte oder automatisierte Diagnose-Assistenten benötigen robuste, Cloud-basierte Infrastrukturen. Die meisten Krankenhäuser können diese schlicht nicht bereitstellen – die 6.000 Insellösungen in Neuseeland sprechen Bände.

Branchenbeobachter sprechen von “technischer Schuld”, die sich über Jahrzehnte aufgetürmt hat. Die jetzt angekündigten Hunderte Millionen sind nicht Luxus, sondern überfälliger Schuldendienst.

Was Nutzer jetzt beachten sollten

Für die kommenden Tage gilt: Wer auf ECFMG-Dienste angewiesen ist, muss bis Montag warten. NHS-Nutzer sollten Donnerstagabend meiden. Und australische Visa-Antragsteller müssen bis Freitag 20:30 Uhr ihre Gesundheitsdokumente hochladen – oder bis Samstag mittags pausieren.

Nach Wiederaufnahme des Betriebs ist mit Verzögerungen zu rechnen. Das ECFMG-Portal dürfte am Montag mit einem Rückstau an Anträgen kämpfen. Auch das australische ImmiAccount-System wird voraussichtlich überlastet sein.

Langfristig stellt sich die Frage: Schaffen es die Gesundheitssysteme, ihre digitale Transformation schneller umzusetzen als neue Technologien nachkommen? Die nächsten zehn Jahre werden zeigen, ob die jetzt verkündeten Pläne mehr sind als politische Absichtserklärungen.

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