E-Rechnungspflicht, Deutschland

E-Rechnungspflicht startet: Deutschland vor Digitalisierungs-Zwang

01.12.2025 - 01:29:12

Ab dem 1. Januar 2025 müssen alle deutschen Unternehmen elektronische Rechnungen empfangen können – ohne Übergangsfrist, ohne Ausnahme. Was viele Betriebe noch immer unterschätzen: Die neue E-Rechnungspflicht tritt bereits in vier Wochen in Kraft, und die Empfangspflicht gilt sofort.

Ende November hat der Bundesrat entscheidende Klarheit geschaffen. Am 22. November 2024 wurde das Jahressteuergesetz 2024 verabschiedet, das wichtige Erleichterungen für Kleinunternehmer bestätigt. Nur drei Tage zuvor, am 19. November, veröffentlichte das Bundesfinanzministerium (BMF) einen umfassenden FAQ-Katalog, der viele offene Fragen zu Formaten und Übertragungswegen beantwortet.

Doch trotz dieser Klärungen herrscht in der Wirtschaft noch erhebliche Unsicherheit. Besonders ein Punkt wird dramatisch unterschätzt: Die Übergangsfristen gelten nur für das Versenden von Rechnungen – beim Empfang gibt es keine Schonfrist.

Viele Unternehmen gehen davon aus, dass die Übergangsregelungen für alle Aspekte der E-Rechnung gelten. Ein fataler Trugschluss. Ab dem 1. Januar 2025 muss jedes inländische Unternehmen im B2B-Bereich technisch in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten.

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Viele Unternehmen unterschätzen, wie schnell die Empfangspflicht Wirkung zeigt: Ab 1. Januar 2025 dürfen strukturierte Rechnungen nicht mehr abgelehnt werden, und falsch archivierte PDFs gelten nicht als rechtliches Original. Unser kostenloses E‑Book erklärt Schritt für Schritt, welche Formate zulässig sind, wie Sie Empfangswege (z. B. Peppol) technisch nachweisen und welche Archivierungsregeln (GoBD) Sie beachten müssen – damit Ihre Buchhaltung ab Januar rechtssicher bleibt. Jetzt kostenlosen E‑Rechnungs-Leitfaden herunterladen

Die bisherige Zustimmungspflicht, bei der ein Empfänger digitale Rechnungen ablehnen konnte, entfällt für strukturierte E-Rechnungen komplett. Versendet ein Lieferant am 2. Januar 2025 eine XRechnung oder ZUGFeRD-Rechnung, kann der Käufer diese nicht zurückweisen.

Laut BMF-Leitfaden vom 19. November reicht theoretisch eine dedizierte E-Mail-Adresse wie rechnung@unternehmen.de aus, um die grundsätzliche Empfangsfähigkeit nachzuweisen. Doch Vorsicht: Die Rechnungen müssen GoBD-konform und unveränderbar archiviert werden. Ein simples Ausdrucken genügt nicht mehr – der digitale Datensatz ist künftig das rechtliche Original.

PDF allein reicht nicht: Was ist überhaupt eine E-Rechnung?

Ein zentraler Punkt sorgt weiterhin für Verwirrung: Was genau gilt als E-Rechnung? Eine simple PDF-Datei, ein Bild (JPG/TIFF) oder ein eingescanntes Papierdokument zählen künftig als “sonstige Rechnung” – nicht als E-Rechnung.

Für die Compliance muss eine Rechnung dem europäischen Standard EN 16931 entsprechen. In Deutschland sind zwei Hauptformate zulässig:

XRechnung: Ein rein XML-basiertes Datenformat, das vor allem in der öffentlichen Verwaltung genutzt wird. Es ist maschinenlesbar, aber für Menschen ohne Visualisierungssoftware nicht direkt lesbar.

ZUGFeRD (ab Version 2.0.1): Ein Hybridformat, das strukturierte XML-Daten in ein lesbares PDF einbettet. Dieses Format wird besonders kleinen und mittleren Unternehmen empfohlen, da es automatisierte Verarbeitung mit manueller Lesbarkeit verbindet.

Das BMF hat klargestellt: Andere Formate sind nur zulässig, wenn sie vollständig mit EN 16931 interoperabel sind oder die Strukturdaten korrekt extrahiert werden können.

Übergangsfristen: Wer darf noch PDF verschicken?

Die Politik hat den wirtschaftlichen Druck erkannt und gestaffelte Übergangsfristen für das Versenden von E-Rechnungen eingeführt. Diese wurden mit der Bundesrats-Entscheidung vom 22. November final bestätigt.

Der Zeitplan für Rechnungssteller:

2025 bis 2026: Alle Unternehmen dürfen weiterhin Papier- oder “sonstige elektronische” Rechnungen (etwa simple PDFs) für inländische B2B-Transaktionen versenden – sofern der Empfänger zustimmt.

2027: Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz unter 800.000 Euro (Basis: 2026) dürfen ein weiteres Jahr lang nicht-konforme Rechnungen (PDF/Papier) versenden.

1. Januar 2028: Die volle Pflicht greift. Alle B2B-Rechnungen für inländische Geschäfte müssen konforme E-Rechnungen sein.

Dauerhafter Sonderstatus für Kleinunternehmer:

Das Jahressteuergesetz 2024 brachte eine wichtige Erleichterung: Kleinunternehmer nach § 19 UStG sind dauerhaft von der Pflicht zum Versenden von E-Rechnungen befreit. Doch Achtung: Die Empfangspflicht besteht trotzdem. Eine freiberufliche Grafikdesignerin mit 20.000 Euro Jahresumsatz muss also weiterhin Software oder Prozesse vorhalten, um XRechnungen von Lieferanten zu empfangen und zu archivieren.

Betrugswarnung: Kriminelle nutzen Umstellungs-Chaos

Während Unternehmen fieberhaft ihre Systeme aktualisieren, warnen Sicherheitsexperten vor einer neuen Betrugsmasche. Ende November gab die IHK München eine Warnung vor zunehmenden Rechnungsbetrugsversuchen heraus.

Kriminelle nutzen die Umstellung auf digitale Kanäle gezielt aus, um manipulierte E-Rechnungen oder Phishing-Mails zu versenden – getarnt als “verpflichtende Systemupdates”. Die IHK rät Unternehmen zu folgenden Maßnahmen:

  1. Klare interne Prüfprozesse für geänderte Bankverbindungen etablieren
  2. Sichere Übertragungskanäle nutzen (etwa Peppol oder Kundenportale) statt unverschlüsselte E-Mails
  3. Skepsis bei “dringenden” Zahlungsaufforderungen in neuen Dateiformaten

Dürfte spannend werden, wie viele Unternehmen in den ersten Wochen auf gefälschte “Zwangs-Umstellungs-Angebote” hereinfallen werden.

Europäischer Kontext: Deutschland holt auf

Die deutsche Regelung ist Teil eines europäischen Trends zur “Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter” (ViDA). Länder wie Italien, Polen und Frankreich haben bereits ähnliche Systeme implementiert oder befinden sich in der Umsetzungsphase. Ziel ist die Schließung der “Mehrwertsteuerlücke” – der Differenz zwischen erwarteten und tatsächlich eingenommenen Umsatzsteuereinnahmen.

Während Deutschlands Ansatz derzeit auf den standardisierten Austausch von Rechnungen zwischen Geschäftspartnern fokussiert, ist das langfristige Ziel ein Echtzeit-Meldesystem. Das BMF hat angedeutet, dass die aktuelle E-Rechnungs-Infrastruktur die Voraussetzung für ein künftiges System schafft, bei dem Rechnungsdaten nahezu in Echtzeit an die Finanzbehörden übermittelt werden. Die traditionelle “Zusammenfassende Meldung” könnte damit obsolet werden.

Was jetzt zu tun ist

Für die unmittelbare Zukunft gilt: Compliance bis zum 1. Januar sicherstellen. Steuerberater und IT-Berater berichten derzeit von extrem hoher Nachfrage. Viele raten davon ab, die Übergangsfristen auszureizen.

“Die Übergangsfrist ist eine Gnadenfrist fürs Versenden, keine Pause-Taste für die Digitalisierung”, bringen es Branchenbeobachter auf den Punkt. Unternehmen, die frühzeitig auf strukturierte Datenformate umsteigen, profitieren sofort von automatisierten Buchungsabläufen und reduzierten manuellen Eingabefehlern.

Mit dem finalen rechtlichen Rahmen durch die Bundesrats-Entscheidung vom 22. November und den neuesten BMF-FAQs läuft der Countdown offiziell. Betriebe, die noch keine Prozesse für den E-Rechnungs-Empfang eingerichtet haben, bleiben nur noch wenige Wochen, um Compliance-Probleme im neuen Jahr zu vermeiden.

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