E-Rechnung, Handlungsbedarf

E-Rechnung ab Januar: Warum jetzt Handlungsbedarf besteht

01.12.2025 - 23:12:12

Weniger als 30 Tage bleiben deutschen Unternehmen noch, um sich auf eine der größten Umwälzungen im Steuerrecht der letzten Jahrzehnte vorzubereiten. Ab dem 1. Januar 2025 wird der Empfang elektronischer Rechnungen für alle inländischen B2B-Geschäfte verpflichtend – und zwar ohne Übergangsfrist.

Nach der Veröffentlichung eines umfassenden FAQ-Katalogs durch das Bundesfinanzministerium am 19. November 2024 und dem finalen BMF-Schreiben im Oktober haben Unternehmen nun endlich die nötige Klarheit. Doch während viele noch abwarten, tickt die Uhr. Was bedeutet das konkret für Selbstständige, Mittelständler und Konzerne?

Die größte Herausforderung ist die Empfangspflicht, die bereits zum Jahreswechsel scharf geschaltet wird. Anders als beim Versand von E-Rechnungen gibt es hier keine Schonfrist.

Ab dem 1. Januar 2025 muss jeder inländische Unternehmer technisch in der Lage sein, eine elektronische Rechnung nach dem Standard EN 16931 zu empfangen und zu verarbeiten. Das gilt für sämtliche B2B-Transaktionen zwischen Geschäftspartnern in Deutschland.

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Ein simples E-Mail-Postfach genügt zunächst

Eine Erleichterung für kleinere Betriebe: Das BMF stellte in seinem FAQ vom 19. November klar, dass ein gewöhnliches E-Mail-Postfach ausreicht, um die Empfangspflicht zu erfüllen. Unternehmen müssen nicht sofort komplexe EDI-Schnittstellen oder spezialisierte Portale implementieren – vorausgesetzt, sie können die Rechnungsdaten (typischerweise als XML-Datei oder hybrides PDF) per E-Mail empfangen.

Der passive Empfang ist allerdings nur der erste Schritt. Nach dem Erhalt muss die E-Rechnung auch verarbeitet werden können. Bei Hybridformaten wie ZUGFeRD kann der menschenlesbare PDF-Teil zur visuellen Prüfung dienen, doch die strukturierten XML-Daten bilden die rechtlich verbindliche Grundlage für steuerliche Zwecke.

Experten-Hinweis: „Der Irrglaube, kleine Unternehmen seien ausgenommen, ist gefährlich. Sie müssen zwar nicht sofort E-Rechnungen versenden, aber sie müssen ab Tag eins bereit sein, welche zu empfangen. Schickt ein Lieferant am 2. Januar eine XRechnung, darf man diese rechtlich nicht ablehnen.”

Zeitplan: Die dreistufige Einführung bis 2028

Während die Empfangsfähigkeit zum 1. Januar stehen muss, gewährt das Wachstumschancengesetz gestaffelte Übergangsfristen für die Ausstellung von E-Rechnungen.

Phase 1: 2025–2026 (Sanfter Einstieg)

Für Umsätze in den Jahren 2025 und 2026 können Unternehmen technisch weiterhin Papierrechnungen oder „einfache” elektronische Rechnungen (wie Standard-PDFs oder JPG-Dateien) ausstellen. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied:

  • Papierrechnungen: Bleiben in diesem Zeitraum uneingeschränkt zulässig.
  • Einfache PDFs: Erfordern die Zustimmung des Empfängers.
  • E-Rechnung (EN 16931): Kann ab dem 1. Januar 2025 ohne Zustimmung des Empfängers versendet werden.

Das schafft eine Dynamik, bei der Lieferanten die Umstellung forcieren können. Entscheidet sich ein Zulieferer im Januar 2025 für XRechnung, muss der Kunde diese akzeptieren.

Phase 2: 2027 (Umsatzschwelle greift)

Ab dem 1. Januar 2027 müssen Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von mehr als 800.000 Euro im Vorjahr (2026) E-Rechnungen für alle B2B-Transaktionen ausstellen. Papier und einfache PDFs sind für diese Firmen dann nicht mehr konform.

Phase 3: 2028 (Vollständige Umsetzung)

Ab dem 1. Januar 2028 enden die Übergangsregelungen. Alle Unternehmen müssen dann – unabhängig von ihrer Größe – E-Rechnungen für inländische B2B-Geschäfte ausstellen und vollständig dem EN-16931-Standard entsprechen.

Sonderfall Kleinunternehmer:
Nach den jüngsten Vorgaben vom November 2024 sind Kleinunternehmer (nach § 19 UStG) dauerhaft von der Pflicht zur Ausstellung von E-Rechnungen befreit, können diese aber freiwillig nutzen. Von der Empfangspflicht sind sie jedoch nicht ausgenommen.

Zugelassene Formate: XRechnung oder ZUGFeRD?

2025 ändert sich die Definition einer „Rechnung” grundlegend. Eine Standard-PDF-Datei, die lediglich ein digitales Abbild eines Dokuments darstellt, gilt nicht mehr als „elektronische Rechnung” (wird aber während der Übergangszeit als „sonstige Rechnung” toleriert).

Um konform zu sein, muss eine E-Rechnung strukturierte Daten in maschinenlesbarem Format nach dem EU-Standard EN 16931 enthalten.

1. XRechnung (Reines XML)

  • Beschreibung: Ein XML-basiertes Format, das vorrangig in der öffentlichen Beschaffung (B2G) verwendet wird. Es enthält keine visuelle Komponente für das menschliche Auge – nur Code.
  • Vorteile: Hochgradig standardisiert, bevorzugt von Behörden.
  • Nachteile: Erfordert Visualisierungssoftware, um für Menschen lesbar zu sein.
  • Verbreitung: Wird häufig von Großkonzernen und Lieferanten der öffentlichen Hand genutzt.

2. ZUGFeRD 2.0.1+ / Factur-X (Hybrid)

  • Beschreibung: Ein Hybridformat, das die strukturierten XML-Daten in eine Standard-PDF/A-3-Datei einbettet.
  • Vorteile: Das Beste aus beiden Welten. Der Empfänger sieht ein normales PDF, während die Buchhaltungssoftware die unsichtbaren XML-Daten ausliest.
  • Nachteile: Dateigrößen können etwas größer sein.
  • Verbreitung: Wird voraussichtlich das dominante Format für KMU, da es manuelle Workflows minimal stört.

Technischer Hinweis: Das BMF bestätigte im Oktober 2024, dass Formate wie ZUGFeRD 2.0.1 (und höher) sowie Factur-X vollständig konform sind. Auch proprietäre EDI-Formate sind unter bestimmten Bedingungen zulässig, sofern sie korrekt in den EN-16931-Standard extrahiert werden können.

Aktuelle Klärungen: Bargeschäfte und hybride Workflows

Die FAQ-Veröffentlichung des BMF vom 19. November 2024 räumte mehrere praktische Grenzfälle aus, die in der Branche für Verwirrung gesorgt hatten.

Bar-Transaktionen und Kassengeschäfte

Eine zentrale Frage war der Umgang mit B2B-Bargeschäften über 250 Euro – etwa wenn ein Handwerker Material im Baumarkt kauft.

  • Die Regel: Überschreitet der Rechnungsbetrag 250 Euro, ist für den B2B-Vorsteuerabzug technisch eine E-Rechnung erforderlich.
  • Die Lösung: Das BMF schlägt einen pragmatischen Ansatz vor. Der Verkäufer kann am Point of Sale einen normalen Beleg ausstellen und anschließend eine konforme E-Rechnung (z.B. per E-Mail) nachreichen. Alternativ kann der Kunde eine Gutschrift im E-Rechnungs-Format ausstellen, falls vereinbart.

Die „Einfaches PDF”-Warnung

Es ist entscheidend zu verstehen, dass ein per E-Mail versandtes Standard-PDF ab dem 1. Januar 2025 offiziell den Rechtsstatus einer „Papierrechnung” (sonstige Rechnung) erhält. Zwar während der Übergangszeit zulässig (bis 2026/2027), erfüllt es aber nicht die Definition einer E-Rechnung. Unternehmen, die heute in neue Software investieren, sollten sicherstellen, dass ihre Systeme ZUGFeRD oder XRechnung ausgeben – nicht nur flache PDFs.

Ausblick: Der Weg zur Echtzeit-Meldung

Die Einführung der E-Rechnung ist keine isolierte Maßnahme, sondern das Fundament für ein künftiges transaktionsbasiertes Meldesystem. Deutschland plant die Angleichung an die EU-Initiative „VAT in the Digital Age” (ViDA), die Mehrwertsteuerbetrug durch Echtzeit-Meldung von Rechnungsdaten an Finanzbehörden bekämpfen soll.

Während das Meldesystem voraussichtlich 2028–2030 implementiert wird, ist die Standardisierung der Rechnungsformate 2025 die technische Voraussetzung dafür. Unternehmen, die sich jetzt anpassen, machen ihre Buchhaltungsprozesse quasi zukunftssicher für das nächste Jahrzehnt.

Aktionsplan für Dezember 2024

  1. Richten Sie eine zentrale E-Mail-Adresse ein (z.B. rechnungen@unternehmen.de), damit keine E-Rechnungen verloren gehen.
  2. Kontaktieren Sie Ihren Steuerberater, um zu klären, ob Ihre Buchhaltungssoftware ZUGFeRD-/XRechnung-Datensätze verarbeiten kann.
  3. Prüfen Sie Lieferantenverträge, um zu antizipieren, welche Partner im Januar sofort auf E-Rechnungen umstellen werden.
  4. Keine Panik bei der Ausstellung: Sie haben bis Ende 2026 (oder 2027) Zeit, Ihre ausgehenden Rechnungssysteme zu modernisieren – aber Ihre eingehenden Systeme müssen jetzt bereit sein.

Hinweis: Dieser Artikel bietet allgemeine Informationen basierend auf der Rechtslage zum 1. Dezember 2024, einschließlich des BMF-Schreibens vom 15. Oktober 2024 und des FAQ vom 19. November 2024. Er stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar.

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