Digitalministerium: Deutschland startet Aufholjagd
30.09.2025 - 19:55:02Die Bundesregierung bündelt digitale Kompetenzen in einem neuen Ministerium, um Deutschlands Rückstand bei Behördenservices aufzuholen und bis 2030 vollständige Online-Verfügbarkeit zu erreichen.
Deutschland bekommt erstmals ein eigenes Digitalministerium. Die Bundesregierung hat diese Woche das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung gegründet – ein direktes Signal, dass die digitale Transformation zur Chefsache wird.
Der neue Ressortchef Dr. Karsten Wildberger übernimmt eine Mammutaufgabe: Deutschland muss seinen Rückstand bei digitalen Behördenservices aufholen. Im EU-Vergleich rangiert die größte Volkswirtschaft Europas nur auf Platz 14 von 27 – ein ernüchterndes Ergebnis für ein Industrieland.
Schluss mit dem Zuständigkeits-Chaos
Das neue Ministerium bündelt erstmals alle digitalen Kompetenzen unter einem Dach. Bisher waren die Verantwortlichkeiten auf sechs verschiedene Ministerien verstreut: Digitalstrategie beim Kanzleramt, IT-Systeme beim Innenministerium, Breitbandplanung beim Verkehrsministerium.
Diese Zersplitterung hatte Deutschland jahrelang ausgebremst. Während andere EU-Länder ihre Bürger längst online ihre Steuererklärung abgeben oder Unternehmen gründen lassen, hängt Deutschland bei den digitalen Behördenservices auf Platz 21 fest.
Das Digitalministerium erhält weitreichende Befugnisse: Es koordiniert den KI-Einsatz in der Verwaltung, überwacht die Cybersicherheit und kontrolliert große IT-Ausgaben des Bundes. „Deutschland sendet ein klares Signal: Digitalisierung und Staatsmodernisierung sind oberste Priorität“, betont Wildberger.
OZG 2.0: Zweiter Anlauf nach dem Fehlstart
Das Onlinezugangsgesetz (OZG) sollte bereits bis Ende 2022 knapp 600 Verwaltungsleistungen digital verfügbar machen. Das Ergebnis war ernüchternd: Nur 105 Services wurden rechtzeitig umgesetzt – und dabei handelte es sich oft nur um digitale Formulare statt echter End-to-End-Digitalisierung.
Jetzt startet OZG 2.0 den zweiten Versuch. Eine entscheidende Neuerung: Bund und Länder müssen bei IT-Beschaffungen künftig Open-Source-Software und offene Standards bevorzugen. Das Ziel: digitale Souveränität und weniger Abhängigkeit von einzelnen Software-Anbietern.
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Die neue Strategie setzt auf einheitliche, nutzerfreundliche Lösungen statt Flickwerk. Priorität haben Services wie Fahrzeugzulassung und Baugenehmigungen – Bereiche, wo Bürger und Unternehmen täglich auf umständliche Behördengänge angewiesen sind.
Deutschland hinkt bei digitalen Kompetenzen hinterher
Parallel zur Verwaltungsmodernisierung will die Regierung die digitalen Fähigkeiten der Bürger stärken. Nur 52,2 Prozent der Deutschen verfügen über grundlegende digitale Kompetenzen – unter dem EU-Durchschnitt und weit entfernt vom 80-Prozent-Ziel für 2030.
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Der DigitalPakt Schule soll bereits in den Klassenzimmern ansetzen. Doch auch bei Erwachsenen besteht Nachholbedarf: 40 Prozent wünschen sich mehr Weiterbildungsmöglichkeiten, obwohl 90 Prozent digitalen Technologien aufgeschlossen gegenüberstehen.
Bitkom fordert ehrgeizigere Ziele
Deutschlands Digital-Verband Bitkom begrüßt das neue Ministerium, fordert aber mehr Tempo. „Jährlich zwei Plätze nach oben und ein Rang in den Top Ten müssen das Mindestziel sein“, erklärt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.
Die Herausforderungen sind gewaltig: Nur etwa 20 Prozent der deutschen Unternehmen nutzen KI im Arbeitsalltag. Bei Rechenzentren für Cloud- und KI-Services fehlt Kapazität. Für Europas größte Volkswirtschaft ein unhaltbarer Zustand.
Erfolgsmessung bis 2030
Das Digitalministerium steht unter enormem Erfolgsdruck. Bis 2030 sollen alle wichtigen Behördenservices vollständig online verfügbar sein – nicht nur als PDF-Formulare, sondern als echte digitale Prozesse.
Der Erfolg wird sich daran messen lassen, ob Bürokratie tatsächlich abgebaut wird. Deutschland braucht mehr als digitale Alibis – es braucht eine Verwaltung, die im 21. Jahrhundert ankommt.