Digital Omnibus: Europas neuer GDPR-Vorstoß sorgt für Unruhe
09.12.2025 - 20:00:12Brüssel läutet die nächste Phase der Datenschutz-Compliance ein. Die Europäische Kommission will mit ihrem „Digital Omnibus”-Vorschlag die DSGVO modernisieren – doch statt Erleichterung droht vielen Unternehmen zunächst eine aufwändige Neuausrichtung ihrer Dokumentationspflichten.
Wer gehofft hatte, dass das Verarbeitungsverzeichnis und die Datenschutz-Folgenabschätzung irgendwann zur Routine werden, muss umdenken. Zwei aktuelle Entwicklungen aus Brüssel zeigen: Die EU schraubt an den Fundamenten der DSGVO – mit direkten Folgen für jeden Compliance-Verantwortlichen.
Am 8. Dezember veröffentlichte der Brüsseler Think Tank Bruegel eine Analyse zum „Digital Omnibus” der EU-Kommission (Dokument COM(2025) 837). Der im November vorgestellte Vorschlag zielt darauf ab, regulatorische Überschneidungen zwischen DSGVO, Data Act und AI Act aufzulösen. Das Versprechen: mehr Produktivität durch weniger Compliance-Kosten.
Die Realität dürfte komplizierter ausfallen. Im Kern will die Kommission den Begriff des „berechtigten Interesses” nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO EU-weit vereinheitlichen – besonders für das Pooling von Daten und das Training von KI-Modellen. Was nach Klarheit klingt, bedeutet für viele Unternehmen erstmal Arbeit: Verarbeitungsverzeichnisse, die sich bislang an nationalen Auslegungen orientierten, müssen überarbeitet werden.
Ihre bestehenden Verarbeitungsverzeichnisse sind jetzt besonders angreifbar – die neue EU-Regelung verlangt lückenlose Nachweise, vor allem für KI-Trainingsdaten und Data‑Pooling. Fehlerhafte oder statische Excel-Listen können Bußgelder von bis zu 2% des Jahresumsatzes zur Folge haben. Mit der kostenlosen, praxiserprobten Excel‑Vorlage und der Schritt‑für‑Schritt‑Anleitung erstellen Datenschutzbeauftragte und Compliance‑Teams ein prüfungssicheres Verzeichnis nach Art. 30 DSGVO – schnell, transparent und updatefähig. Verarbeitungsverzeichnis-Excel gratis herunterladen
Noch heikler wird es beim Thema Nutzerrechte. Der „Digital Omnibus” sieht in bislang unklaren Kontexten neue Opt-out-Möglichkeiten vor. Bruegel warnt deshalb vor „neuen Quellen der Unsicherheit” – ausgerechnet bei einer Reform, die eigentlich Klarheit schaffen sollte.
EDPB macht Zwangs-Accounts zum Compliance-Risiko
Parallel dazu hat der Europäische Datenschutzausschuss (EDPB) am 4. Dezember seine „Empfehlungen 2/2025″ veröffentlicht. Im Fokus: E-Commerce-Websites, die Kunden zur Erstellung dauerhafter Nutzerkonten zwingen – selbst bei Einzelkäufen.
Die Botschaft ist eindeutig: Wer keine Gastkasse anbietet, braucht dafür eine stichhaltige Rechtsgrundlage. Reicht die vertragliche Notwendigkeit nicht aus, wird es kritisch. Die Konsequenz für die Praxis: Solche Systeme lösen nun systematisch eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) aus.
Unternehmen müssen ihre Checkout-Prozesse sofort überprüfen. Fehlt die Option zur Gast-Bestellung, muss diese Entscheidung dokumentiert und im Verarbeitungsverzeichnis begründet werden. Eine DSFA wird dabei kaum zu umgehen sein – schließlich geht es um die systematische Erhebung von Kundenprofilen.
Das Verarbeitungsverzeichnis wird zum lebenden Dokument
Die Excel-Tabelle als Verarbeitungsverzeichnis hat ausgedient. Die neuen Anforderungen verlangen dynamische Systeme, die ständig aktualisiert werden können. Zwei Bereiche rücken dabei besonders in den Fokus:
KI-Trainingsdaten: Der „Digital Omnibus” macht die „legitime Nutzung” von Daten für KI-Training zum Kernthema. Unternehmen müssen künftig lückenlos dokumentieren, woher Trainingsdaten stammen und welches berechtigte Interesse sie damit verfolgen.
Daten-Pooling: Die EU ermutigt zum Datenaustausch zwischen Organisationen. Das bedeutet: Gemeinsame Verantwortlichkeiten nach Artikel 26 DSGVO müssen präzise im Verarbeitungsverzeichnis abgebildet werden – ein Punkt, den Aufsichtsbehörden bei Prüfungen besonders gern unter die Lupe nehmen.
„Der Digital Omnibus zieht einen Schlussstrich unter die divergierenden Auslegungen der 27 nationalen Datenschutzbehörden”, konstatiert der Bruegel-Bericht. Klingt nach Fortschritt – doch die Übergangsphase erfordert eine gründliche Revision bestehender Dokumentationen.
Deutsche Behörden erhöhen den Druck
Die Entwicklungen aus Brüssel treffen auf ein verschärftes nationales Umfeld. Die Datenschutzkonferenz (DSK) – das Gremium der deutschen Datenschutzbehörden – fordert seit Kurzem eine „menschenzentrierte Digitalisierung” auch für öffentliche Dienste. Der Vorstoß des EDPB gegen Zwangs-Accounts fügt sich nahtlos in diese Linie ein.
Für österreichische und deutsche Unternehmen, die für ihre penible Verarbeitungsverzeichnis-Führung bekannt sind, bedeutet das: „Einmal einrichten und vergessen” funktioniert nicht mehr. Die Compliance-Abteilungen müssen ihre Dokumentation als kontinuierlichen Prozess begreifen.
Was jetzt zu tun ist
Drei konkrete Schritte sollten Unternehmen unmittelbar angehen:
E-Commerce-Prüfung: Erzwingt Ihre Website die Kontoerstellung? Dann starten Sie sofort eine DSFA, um die Einhaltung der EDPB-Empfehlungen zu prüfen.
Berechtigtes Interesse überdenken: Bereiten Sie Updates für alle Verarbeitungsverzeichnis-Einträge vor, die Data-Pooling oder KI betreffen. Die harmonisierten Regeln des „Digital Omnibus” werden hier neue Standards setzen.
DSK im Blick behalten: Beobachten Sie die Verlautbarungen der deutschen und österreichischen Behörden. Nationale Umsetzungsleitfäden für die EU-Vorgaben werden in den kommenden Wochen erwartet.
Der „Digital Omnibus” durchläuft derzeit das Gesetzgebungsverfahren – mit Änderungen ist zu rechnen. Parallel dazu werden nationale Aufsichtsbehörden die EDPB-Empfehlungen konkretisieren. Eines ist aber schon jetzt klar: Dokumentation bedeutet nicht mehr nur, die Vergangenheit festzuhalten. Es geht darum, die künftige Datennutzung zu rechtfertigen – und zwar proaktiv.
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