Die Gewinnmitnahmen am deutschen Aktienmarkt haben sich am Donnerstag etwas verschärft.
20.03.2025 - 18:05:05Frankfurt Schluss: Anleger machen vor großem Verfall weiter Kasse
Am Tag vor dem großen Verfall an den Terminbörsen zollte der Dax DE0008469008 seiner jüngsten Rekordrally weiter Tribut und fiel um 1,24 Prozent auf 22.999,15 Punkte. Zeitweise hatte der Leitindex auf seiner Talfahrt sogar bis zu zwei Prozent eingebüßt. Der MDax DE0008467416 der mittelgroßen Unternehmen gab um 1,83 Prozent auf 29.102,20 Punkte nach.
Von den Zinssignalen der US-Notenbank Fed am Vortag, die auf zwei kleine Zinsschritte in diesem Jahr hindeuten, konnte der deutsche Aktienmarkt nicht profitieren. Laut Marktbeobachter Christian Henke vom Broker IG wird der Fokus wieder vermehrt auf die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump gerichtet - und die damit verbundene Gefahr, dass die Fed doch nur eine Zinssenkung vornimmt oder sogar ganz darauf verzichten könnte.
"Die Börse war in den vergangenen Tagen zu sehr mit der deutschen Billionen-Euro-Frage beschäftigt, dass sie die Strafzölle ganz vergessen hatte", kommentierte Jochen Stanzl von CMC Markets mit Blick auf das milliardenschwere Finanzpaket, dem der Bundesrat am Freitag zustimmen soll. Nun habe die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, die Anleger auf den harten Boden der Realität eines sich ausweitenden Handelskrieges mit den USA zurückgeholt.
Lagarde hatte vor einem Ausschuss des Europäischen Parlaments wegen der US-Zollpolitik keine klaren Signale für das weitere Vorgehen der EZB gegeben. "Gerade der von Lagarde befürchtete Sprung in der Inflation von einem halben Prozentpunkt ist bitter", ergänzte Stanzl.
Auch andere europäische Börsen schwächelten daraufhin. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 EU0009658145 schloss 1,02 Prozent tiefer mit 5.450,93 Punkten. In Paris ging es ähnlich deutlich abwärts, in London nur leicht. In der Schweiz legte der SMI CH0009980894 dagegen moderat zu. Der New Yorker Leitindex Dow Jones Industrial US2605661048 drehte nach einem verhaltenen Start zum Handelsschluss in Europa knapp ins Plus.
Zu den größten Verlierern im Dax zählte Rheinmetall DE0007030009, die Anleger machten im Rüstungssektor weiter Kasse. Mit Heidelberg Materials gab ein weiterer Profiteur des geplanten Finanzpakets nach. Außerdem realisierten die Anleger bei den Banken Kursgewinne. Deutsche Bank DE0005140008 und Commerzbank DE000CBK1001 verloren bis zu 3,3 Prozent. Diese vier Aktien sind in diesem Jahr bislang die stärksten Dax-Werte.
Im deutschen Leitindex verblieben nur wenige Aktien mit positivem Vorzeichen. Ein Plus von 0,7 Prozent gab es bei SAP DE0007164600, nachdem JPMorgan den Aktien des Softwarekonzerns den Status "Positive Catalyst Watch" verlieh und damit positive Kurstreiber in Aussicht stellte. Analyst Toby Ogg erwähnte dabei die Chancen im Bereich der Künstlichen Intelligenz und eine Kurskorrektur, die im Februar eingesetzt hatte. Diese bringe eine attraktive Kaufgelegenheit mit sich.
Mehrere deutsche Unternehmen legten Zahlen vor. Bei RWE DE0007037129 war das Gesamtbild mit guten Jahreszahlen, aber einem laut Händlern "gedämpften Ausblick" durchwachsen - vor allem das Gewinnziel enttäuschte. Dies reichte nicht, um den Kurs des Energiekonzerns nach gutem Lauf weiter zu stützen. Für die Aktien ging es um drei Prozent nach unten.
Im MDax standen die RTL-Aktien mit 3,4 Prozent im Minus. Bernstein-Analystin Annick Maas attestierte dem Medienkonzern zwar ermutigende Umsätze im Streaming-Geschäft, aber auch ein weiteres schwaches Jahr der Produktionssparte Fremantle. Nach einem Kurshoch seit mehr als einem Jahr wurden bei der Aktie wohl auch Gewinne realisiert.
Lanxess DE0005470405 mussten einen Abschlag von fünf Prozent hinnehmen. Damit beschleunigte sich der jüngste Abwärtstrend bei dem Spezialchemiekonzern nach einer Rally, die schon Anfang März zu Ende gegangen war. Am Markt wurde das Minus mit einem enttäuschenden Ausblick begründet. Chetan Udeshi von JPMorgan vermisste im ersten Quartal die Aussicht auf ein saisonal übliches Anspringen der Geschäfte.
Schlusslicht im Kleinwerte-Index SDax DE0009653386 war SGL Carbon DE0007235301 mit einem Kurseinbruch von rund zwölf Prozent. Dafür verantwortlich gemacht wurde eine maue Prognose mit einem Umsatz- und Ergebnisrückgang.
Die Gewinnmitnahmen im Rüstungsbereich machten sich auch bei Deutz DE0006305006 mit einem Minus von 8,9 Prozent bemerkbar. Bei dem Motorenbauer hatte sich zuletzt ebenfalls Fantasie mit Blick auf das Finanzpaket entwickelt, die nun schwindet. Daran änderte auch die Aussage nichts, dass das bislang nur kleine Geschäft in diesem Bereich deutlich ausgeweitet werden soll./niw/mis
--- Von Nicklas Wolf, dpa-AFX ---