DGUV-Regel, Pflichten

DGUV-Regel 2: Neue Pflichten für Arbeitgeber ab 2026

29.12.2025 - 12:52:12

Die reformierte DGUV Regel 2 erlaubt mehr digitale Betreuung und neue Qualifikationswege, erhöht aber die Anforderungen an die rechtssichere Pflichtendelegation für Unternehmen.

Ab Januar 2026 verschärft sich die Rechtslage für den betrieblichen Arbeitsschutz in Deutschland. Die reformierte DGUV Regel 2 bringt mehr Flexibilität, aber auch neue Haftungsfallen – besonders bei der digitalen Betreuung.

Die Ankündigung der 8. Globalen Konferenz für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (GOSH 8) in Riad für April 2026 unterstreicht den internationalen Trend. Doch für deutsche Unternehmen steht zunächst die praktische Umsetzung der nationalen Vorgaben im Fokus. Seit dem 1. Dezember 2025 teilweise in Kraft, wird die aktualisierte Regelung zur Pflicht für alle. Sie verändert grundlegend, wie die Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit (SiFa) organisiert werden müssen.

Die neuen Spielregeln: Mehr Freiheit, mehr Bürokratie

Die DGUV Regel 2 legt die Pflichten von Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften fest. Laut einer aktuellen Handreichung der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) vom Dezember 2025 führt die Novelle zu drei wesentlichen Änderungen.

Erstens: Erleichterungen für kleine Betriebe. Die Schwelle für das sogenannte Unternehmermodell wurde von 10 auf 20 Beschäftigte angehoben. Mehr kleine Firmen können den Arbeitsschutz damit in Eigenregie führen – vorausgesetzt, der Inhaber absolviert eine spezielle Schulung.

Zweitens: Neue Wege zur SiFa-Qualifikation. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, wurde der Kreis zugelassener Berufe erweitert. Seit Dezember 2025 können nun auch Absolventen der Biologie, Chemie oder Arbeitspsychologie SiFa werden. Der Fokus liegt nicht mehr allein auf Ingenieuren.

Drittens: Erlaubnis für digitale Betreuung. Die neuen Regeln erlauben ausdrücklich, dass bis zu 30-50 Prozent der vorgeschriebenen Betreuungszeit digital erfolgen darf – etwa per Videokonsultation. Der genaue Prozentsatz hängt von der zuständigen Berufsgenossenschaft ab.

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Rechtsexperten warnen jedoch: Mehr Flexibilität bedeutet auch mehr Komplexität bei der rechtssicheren Pflichtendelegation. Die Übertragung von Aufgaben an eine rein remote arbeitende SiFa oder eine Fachkraft ohne Ingenieurshintergrund erfordert eine präzisere, schriftliche Aufgabendefinition. Nur so hält der haftungsrechtliche Freistellungsanspruch, die Exkulpation, vor Gericht stand.

Die Haftungsfalle: Risiken der digitalen SiFa

Im Kern bleibt der Grundsatz bestehen: Der Arbeitgeber trägt die Letztverantwortung für Sicherheit und Gesundheit. Pflichten können zwar delegiert werden, doch die Bedingungen sind streng. Die rechtssichere Übertragung von Aufgaben steht durch die neuen „digitalen“ und „diversen“ SiFa-Profile besonders auf dem Prüfstand.

Damit die Verantwortung – und damit die potenzielle Haftung – von der Geschäftsführung auf eine Fachkraft oder Führungsperson übergeht, müssen drei Kriterien erfüllt sein: die sorgfältige Auswahl, die eindeutige Instruktion und Ausstattung sowie eine lückenlose Überwachung.

Gerade die digitale Betreuung birgt Gefahren. Delegiert ein Unternehmen Aufgaben an eine externe SiFa, die zur Hälfte nur remote arbeitet, wächst die eigene Überwachungspflicht. Kommt es zu einem Unfall wegen einer Gefahr, die per Webcam nicht erkennbar war, kann sich der Arbeitgeber kaum darauf berufen, er habe die Kontrollpflicht wirksam übertragen. Die Wahl einer rein digital agierenden SiFa für einen risikobehafteten Industriebetrieb könnte schnell als Auswahlverschulden gewertet werden.

SiFa als Berater: Wer trägt am Ende die Verantwortung?

Ein weit verbreiteter Irrglaube in der Compliance ist, dass die SiFa die Haftung des Arbeitgebers übernimmt. Klarstellungen aus dem Spätjahr 2025 bekräftigen die Trennung der Rollen.

Die Sicherheitsfachkraft ist eine Stabsstelle ohne Weisungsbefugnis. Ihre Hauptaufgabe ist die Beratung. Eine persönliche Haftung der SiFa entsteht in der Regel nur bei grob fahrlässig falschen technischen Ratschlägen oder wenn sie eine erkannte lebensbedrohliche Gefahr nicht an den Arbeitgeber meldet.

Die rechtliche Verantwortung, auf die Ratschläge auch zu handeln, bleibt beim Arbeitgeber oder der verantwortlichen Führungskraft. Empfiehlt eine SiFa eine Schutzvorrichtung und lehnt der Manager sie aus Budgetgründen ab, ist die SiFA von der Haftung frei – sofern sie die Warnung dokumentiert hat. Die volle straf- und zivilrechtliche Verantwortung trägt dann die Führungskraft.

Die Öffnung der Qualifikation für Naturwissenschaftler bringt eine neue Nuance: Eine Biologin als SiFa könnte bei Gefahrstoffen höheren Haftungsmaßstäben unterliegen, bei mechanischen Sicherheitsfragen jedoch niedrigeren. Das unterstreicht den Bedarf an interdisziplinären Teams in komplexen Anlagen.

Ausblick 2026: Mehr Kontrollen und globale Trends

Der Fokus auf Arbeitssicherheit wird global schärfer. Die für April 2026 in Saudi-Arabien geplante GOSH-8-Konferenz mit ihrem Thema „Nachhaltige Sicherheit“ spiegelt einen weltweiten Trend wider. In Deutschland rücken dabei psychische Gesundheit und digitale Sicherheit stärker in den Vordergrund.

Im ersten Quartal 2026 müssen sich Unternehmen auf zwei Dinge einstellen: Die Berufsgenossenschaften werden voraussichtlich ihre Prüfungen intensivieren, insbesondere bei Betrieben, die die neue 20-Mitarbeiter-Regel nutzen. Sie müssen nachweisen, dass die erforderlichen Unternehmerschulungen tatsächlich absolviert wurden.

Zudem müssen Firmen, die digitale SiFa-Dienste in Anspruch nehmen, belegen können, dass ihre technischen Hilfsmittel – wie Videobrillen oder Fernsensoren – ausreichen, um reale Gefahren zu erfassen. Die Ära der reinen Checklisten-Compliance ist endgültig vorbei. Die neue DGUV Regel 2 verlangt von den Verantwortlichen ein höheres Maß an „Compliance-Intelligenz“.

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