Deutschland, Prävention

Deutschland setzt auf Prävention bei psychischer Gesundheit

16.11.2025 - 09:12:12

Deutschland setzt mit neuer Präventionsstrategie auf Früherkennung psychischer Erkrankungen, die jährlich mehr als jeden vierten Erwachsenen betreffen und zu den häufigsten Krankschreibungsgründen zählen.

Mehr als jeder vierte Erwachsene erfüllt jährlich die Kriterien für eine psychische Erkrankung. Die Bundesregierung reagiert nun mit einer umfassenden Präventionsstrategie – ein Paradigmenwechsel, der die psychische Gesundheit der Bevölkerung nachhaltig stärken soll.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Psychische Leiden sind bereits die zweithäufigste Ursache für Krankschreibungen und der häufigste Grund für Frühverrentungen. Angststörungen und Depressionen führen die Liste der Diagnosen an. Die volkswirtschaftlichen Kosten sind immens, die Belastung für Betroffene und ihre Familien noch größer.

Statt weiter nur auf Behandlung zu setzen, will Deutschland künftig auf proaktive Interventionen setzen. Der Fokus liegt auf Früherkennung und gezielten Maßnahmen, bevor Erkrankungen manifest werden. Besonders im Blick: Kinder, Jugendliche und die Arbeitswelt.

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Strategie für junge Menschen startet 2026

Bis zu 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind von psychischen Störungen betroffen. Die Belastungen der letzten Jahre haben deutliche Spuren hinterlassen. Die Bundesregierung arbeitet daher an einer speziellen Strategie „Mentale Gesundheit für junge Menschen”, deren erste Maßnahmen 2026 greifen sollen.

Im Zentrum stehen Aufklärung, niedrigschwellige Beratungsangebote für Eltern und Fortbildungen für Pädagogen. Die Sektoren Bildung, Jugendhilfe und Gesundheit sollen besser vernetzt werden, um Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen und Resilienz zu fördern.

Das „Startchancen-Programm” unterstützt Schulen in sozial benachteiligten Lagen mit erheblichen Mitteln. Auch multiprofessionelle Teams mit Psychologen und Gesundheitsberatern sollen aufgebaut werden. Kann diese Vernetzung den Teufelskreis aus sozialer Benachteiligung und psychischer Belastung durchbrechen?

Forschungszentrum mit 120 Millionen Euro ausgestattet

Das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG) bündelt seit Mai 2023 die Expertise von 27 Einrichtungen an sechs Standorten. Am 1. September 2025 startete die fünfjährige Ausbauphase – gefördert vom Bundesforschungsministerium mit rund 120 Millionen Euro.

Die Mission: Forschung intensivieren und Erkenntnisse schneller in die Versorgung übertragen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Früherkennung bei Kindern und Jugendlichen sowie maßgeschneiderten Präventionsstrategien für Risikogruppen.

Besonders ist der partizipative Ansatz: Betroffene und Angehörige werden als Experten aus Erfahrung aktiv einbezogen. Sie wirken in Forschungsprojekten und Gremien mit, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen.

Betriebe in der Verantwortung

Psychische Erkrankungen verursachten 2024 rund 17,4 Prozent aller Fehltage – die dritthäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber seit 2013, psychische Belastungen wie Stress durch hohe Arbeitsbelastung oder Zeitdruck in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.

Die Realität? Oft hapert es an der konsequenten Umsetzung. Die „Offensive Psychische Gesundheit” des Bundesarbeitsministeriums will das Bewusstsein in Betrieben schärfen und präventive Maßnahmen fördern.

Unternehmen profitieren messbar: Investitionen in die psychische Gesundheit senken Fehlzeiten, steigern die Produktivität und machen im Wettbewerb um Fachkräfte attraktiver. Krankenkassen unterstützen bei der Analyse von Belastungen und der Umsetzung von Gesundheitsförderungsprogrammen.

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Die verstärkte Prävention markiert einen wichtigen Kurswechsel. Experten fordern eine solche nationale Strategie seit langem. Die Gründung des DZPG gilt als Meilenstein für die Psychiatrie- und Psychotherapieforschung in Deutschland.

Doch die größte Hürde bleibt die flächendeckende Umsetzung. Gesetzliche Grundlagen existieren teilweise bereits, werden aber nicht konsequent umgesetzt. Die Bundespsychotherapeutenkammer kritisiert den Reformstau: Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Therapieplatz beträgt 20 Wochen.

Eine erfolgreiche Präventionsstrategie muss daher zwingend mit einem bedarfsgerechten Ausbau der Versorgung einhergehen. Was nützen Früherkennung und Sensibilisierung, wenn Menschen in akuten Krisen monatelang auf Hilfe warten müssen?

Die nächsten Schritte

2026 werden die ersten Maßnahmen der Jugend-Strategie zeigen, ob die Vernetzung von Schule, Jugendhilfe und Gesundheitswesen funktioniert. Parallel liefert das DZPG erste Forschungsergebnisse, die als Grundlage für neue, evidenzbasierte Präventionsprogramme dienen sollen.

Das langfristige Ziel ist ambitioniert: Ein Gesundheitssystem, in dem die Förderung psychischen Wohlbefindens gleichberechtigt neben der Behandlung steht. Dies erfordert nicht nur politische und finanzielle Weichenstellungen, sondern auch einen kulturellen Wandel – weg von der Stigmatisierung psychischer Leiden, hin zu mehr Gesundheitskompetenz in der gesamten Bevölkerung.

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