Deutschland mobilisiert gegen Bewegungsmangel
27.09.2025 - 05:01:02Deutschland startet nationale Strategie gegen Rekord-Sitzzeiten von über zehn Stunden täglich. Ein Runder Tisch entwickelt Maßnahmen für mehr Bewegung in allen Lebensbereichen.
Rekord-Sitzzeiten und alarmierende Gesundheitszahlen zwingen Politik und Wissenschaft zum Handeln. Die Bundesregierung startet eine Offensive gegen die „stille Pandemie“ der Inaktivität.
Über zehn Stunden täglich verbringen Deutsche durchschnittlich im Sitzen – ein neuer Negativrekord, der Experten aufschreckt. Der im August veröffentlichte DKV-Report zeichnet ein besorgniserregendes Bild: Bewegungsmangel wird zur Volkskrankheit mit dramatischen Folgen für Herz, Kreislauf und Stoffwechsel.
Die Antwort kommt prompt: Ein breites Bündnis aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft formiert sich, um Deutschland wieder in Bewegung zu bringen. Die WHO fordert eine 15-prozentige Reduzierung der Inaktivität bis 2030 – eine Herausforderung, der sich die Bundesregierung mit einer nationalen Strategie stellt.
Runder Tisch bringt alle an einen Strang
Das Bundesgesundheitsministerium setzt auf Kooperation statt Einzelkämpfertum. Der „Runde Tisch Bewegung und Gesundheit“ vereint seit 2022 Akteure aus allen Bereichen – von Schulen über Krankenkassen bis hin zu Sportvereinen. Das Ergebnis: Ein Konsenspapier als Fahrplan für mehr Bewegung in Deutschland.
Besonders wegweisend ist die geplante Einrichtung eines nationalen Kompetenzzentrums für Bewegungsförderung. Diese zentrale Stelle soll künftig Maßnahmen entwickeln, koordinieren und deren Erfolg messen. Ein Signal, das zeigt: Die Politik nimmt das Thema ernst.
„Wir brauchen einen gesellschaftlichen Wandel, der vom Sitzen wegführt“, mahnt Prof. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. Die dramatisch gestiegenen Sitzzeiten geben ihm recht.
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Bewegung vom Kindergarten bis zum Büro
Die Strategie greift in allen Lebensbereichen. Besonders alarmierend: Nur ein Bruchteil der Kinder erreicht die WHO-Empfehlung von 60 Minuten Bewegung täglich. Programme wie „#gönndir Bewegung“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sollen gegensteuern.
Auch Erwachsene kommen nicht zu kurz. Der Aktionsplan „IN FORM“ fördert seit 2008 Bewegung im Alltag. Neu im Fokus: „aktive Mobilität“ – mehr Strecken zu Fuß oder mit dem Rad zurücklegen. Ein Dialog zwischen Gesundheits- und Verkehrsministerium zeigt: Die Ressorts rücken zusammen.
Kann die Verknüpfung von Gesundheits- und Verkehrspolitik den Durchbruch bringen? Die Zeichen stehen gut.
Wissenschaft liefert neue Basis
Die Grundlage für alle Maßnahmen wird gerade überarbeitet. Die „Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung“ erhalten ein Update – basierend auf neuesten Erkenntnissen aus aller Welt.
Das Forschungsprojekt der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg soll präzisere Programme für Kitas, Schulen und Betriebe ermöglichen. Ziel: Eine evidenzbasierte Präventionsstrategie, die wirklich wirkt.
Deutschland übertrifft globalen Durchschnitt
Im internationalen Vergleich steht Deutschland gut da. Während weltweit fast ein Drittel der Erwachsenen als inaktiv gilt, waren es in Deutschland 2022 nur zwölf Prozent. Die WHO prognostiziert: Deutschland könnte das globale Ziel bis 2030 erreichen – als eines von nur 22 Ländern.
Doch Vorsicht vor falschem Optimismus. Die rekordhohen Sitzzeiten zeigen: Auch in Deutschland herrscht Handlungsbedarf. Die positiven Trends müssen verstetigt und die vielen Einzelinitiativen besser vernetzt werden.
Strukturen für die Zukunft
Die Weichen sind gestellt. Der „Runde Tisch“ wird fortgeführt, das Kompetenzzentrum soll 2026 seine Arbeit aufnehmen. Die aktualisierten Bewegungsempfehlungen werden 2026 erwartet – als neue Grundlage für die Präventionsarbeit.
Entscheidend wird die Umsetzung in der Praxis sein. Gelingt es, Bund, Länder, Kommunen und Zivilgesellschaft dauerhaft an einem Strang ziehen zu lassen? Nur dann kann aus der nationalen Strategie eine Bewegung werden, die Millionen Menschen zu einem aktiveren Leben verhilft.
Der Kampf gegen die stille Pandemie hat begonnen. Deutschland will zeigen, dass sich eine sitzende Gesellschaft wieder aufrappeln kann.