ROUNDUP, Vorstoß

Der Parlamentarische Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Tino Sorge, schlägt angesichts steigender Milliardenkosten die Einführung günstigerer Basistarife in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor.

10.09.2025 - 12:59:42

Vorstoß für billigere 'Basistarife' für Kassenpatienten

Versicherte könnten dann individuell Zusatzleistungen dazubuchen. "Immer neue Beitragsanstiege können keine Lösung sein", sagte der CDU-Politiker der "Bild". Laut Ministerin Nina Warken (CDU) gehört dies nicht zu Überlegungen, die Beiträge 2026 stabil zu halten. Von Kassen und Gewerkschaften kam Kritik.

Konkret könnten Versicherte viele passgenaue Tarife angeboten bekommen, erläuterte Sorge. "Sprich: Kassen bieten viel günstigere Tarife an - die eine gute Grundversorgung beinhalten - und darüber hinaus weitere Pakete, die man individuell dazubucht." Als Beispiel für zusätzliche Leistungen nannte er die Kostenübernahme bei Brillen: "Es wäre ein Gewinn, wenn man sich solche Bausteine in der GKV zusätzlich versichern könnte."

Ministerin verweist auf Reformkommission

Warken wies bei RTL/n-tv auf eine Kommission für eine grundlegende Reform hin, die im September die Arbeit aufnehmen soll. "Da kann das sicherlich auch mit beraten werden", sagte die Ministerin. "Das ist jetzt aber keine Maßnahme, die wir momentan vorbereiten." Dies sei nichts, "was ab Januar die Beiträge stabiler machen würde". Die Koalition will erneute Beitragsanhebungen Anfang 2026 noch abwenden. Hintergrund ist, dass bisher vorgesehene Finanzspritzen aus dem Bundeshaushalt nicht reichen, um absehbare Defizite aufzufangen.

Der Chef des GKV-Spitzenverbands, Oliver Blatt, sagte: "Diskussionen um Basis- und Zusatztarife für die 75 Millionen gesetzlich Versicherten lenken von dem eigentlichen Problem ab." Das seien kostentreibende Strukturen etwa bei Krankenhäusern oder nachteiligen Vorgaben für Preisverhandlungen der Kassen bei neuen Arzneimitteln. Die würden dadurch nicht geändert. Es brauche keine Diskussion um Tarife, sondern durchgreifende Reformen. Blatt warb erneut dafür, den Anstieg der Ausgaben ohne Leistungskürzungen zu begrenzen.

Grüne warnen vor "Drei-Klassen-System"

Die Vize-Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Misbah Khan, kritisierte: "Ein Basistarif in der gesetzlichen Krankenversicherung würde das bestehende Zwei-Klassen-System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung zu einem Drei-Klassen-System ausbauen." Damit würde das System noch ungerechter und unsolidarischer.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte davor, die Grundversorgung zu einer Minimalversorgung zu machen. "Gute Gesundheitsleistungen dürfen nicht nur Luxus für Besserverdienende sein", sagte Vorstandsmitglied Anja Piel. Der Vorschlag werfe zudem Fragen auf. "Weitere Beitragssteigerungen sollen nicht kommen, und trotzdem soll sich niemand in seinem Versicherungsschutz verschlechtern - wie soll das gehen?"

Kassenärzte offen für Wahlmöglichkeiten

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßte die Debatte. "Es geht nicht darum, den Versicherten etwas wegzunehmen. Eine gute und umfassende Versorgung muss gewährleistet sein - und zwar für alle", sagte Vorstandschef Andreas Gassen. "Aber warum sollten die Bürgerinnen und Bürger nicht selbst entscheiden können, ob sie freiwillig Pakete hinzuwählen oder nicht?"

Zusatzversicherungen zur gesetzlichen Krankenversicherung gibt es bereits. Wer zum Beispiel bessere Leistungen beim Zahnersatzsatz oder eine Chefarztbehandlung im Krankenhaus wünscht, kann es über private Zusatzversicherungen absichern. Gesetzliche Kassen bieten grundsätzlich auch Wahltarife an. So gibt es Tarife, bei denen man eine Prämie bekommen kann, wenn man sich verpflichtet, immer zuerst in eine Hausarztpraxis zu gehen.

@ dpa.de