DACH-Region, Gipfel

DACH-Region: Gipfel für digitale Souveränität in Berlin

19.11.2025 - 20:21:11

Berlin. Deutschland, Österreich und die Schweiz setzen auf digitale Unabhängigkeit. Beim „Gipfel zur europäischen digitalen Souveränität” in Berlin diskutierten Politik, Wirtschaft und Wissenschaft am 18. November über Künstliche Intelligenz, sichere Cloud-Infrastruktur und den Ausstieg aus der Tech-Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern. Die drei Länder treiben ehrgeizige Strategien voran, um Bürgerdienste endlich ins digitale Zeitalter zu führen.

Alle drei Nationen verbindet ein Ziel: Bürger sollen mit der Verwaltung künftig so unkompliziert interagieren wie mit einer Banking-App. Doch der Weg dorthin ist steinig – zwischen föderalen Strukturen, technologischer Abhängigkeit und Bürgerskepsis. Kann die Region den Anschluss an digitale Vorreiter schaffen?

Die Bundesregierung zentralisiert ihre digitalen Bemühungen. Mit der Gründung des Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) im Mai 2025 endete die Zersplitterung: Zuständigkeiten, die zuvor auf sechs Behörden verteilt waren, laufen nun an einer Stelle zusammen. Der Berliner Gipfel unterstrich die Dringlichkeit dieser Neuausrichtung.

Im Fokus steht die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes 2.0 (OZG 2.0), das Mitte 2024 in Kraft trat. Das Gesetz verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, durchgängig digitale Prozesse für wesentliche Verwaltungsleistungen zu schaffen. Kernprinzip: Bürger und Unternehmen sollen ihre Daten nur noch einmal angeben müssen – das sogenannte Once-Only-Prinzip.

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Besonders brisant: Die Gesetzesnovelle schreibt den Vorrang von Open-Source-Software und gemeinsamen Standards fest. Deutschland will sich damit aus der Umklammerung proprietärer Anbieter lösen. Die 16 Bundesländer und rund 11.000 Kommunen machen die Standardisierung jedoch zur Herkulesaufgabe. Kritiker bezweifeln, ob die Bundesregierung tatsächlich technologische Unabhängigkeit von US-Konzernen erreichen kann.

Schweiz: Ein digitales Ökosystem für alle Ebenen

Die Eidgenossenschaft setzt auf Kooperation statt Zentralismus. Die Strategie „Digitale Verwaltung Schweiz” für 2024-2027, gemeinsam von Bund, Kantonen und Gemeinden entwickelt, bildet den Rahmen. Ziel ist ein nahtloses nationales Ökosystem für digitale Behördendienste.

Drei Schwerpunkte dominieren: der landesweite Ausbau digitaler Verwaltungsleistungen, die Einführung einer staatlich anerkannten E-ID und die Schaffung von One-Stop-Government-Plattformen für durchgängige Nutzererlebnisse. Im Dezember 2024 schärfte der Bundesrat die Prioritäten für 2025 nach: Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit und die Förderung von Open-Source-Software stehen ganz oben.

Der Ansatz bei KI ist bemerkenswert differenziert. Innovation und Wettbewerbsfähigkeit sollen nicht auf Kosten von Grundrechten und Demokratie gehen. Durch vernetzte Systeme und Interoperabilität will die Schweiz transparente, sichere Interaktionen zwischen Bürgern und allen Verwaltungsebenen ermöglichen.

Österreich: ID Austria als digitaler Generalschlüssel

Österreich baut auf seinem etablierten digitalen Fundament auf. Das ID-Austria-System und die App „Digitales Amt” bilden das Rückgrat der digitalen Verwaltung. Die digitale Identität funktioniert als Generalschlüssel zu rund 400 öffentlichen und privaten Diensten – vom Ummelden des Wohnsitzes bis zur Kommunikation mit Finanzbehörden.

Nach einem für Anfang 2025 angekündigten Relaunch der E-ID strebt die Regierung eine deutlich nutzerfreundlichere Lösung an. Das ambitionierte Ziel: Alle neun Millionen Österreicher sollen das System innerhalb von fünf Jahren verwenden. Jüngst rückte auch die Barrierefreiheit in den Fokus. Menschen mit Behinderungen sollen künftig gleichberechtigt von der digitalen Verwaltung profitieren.

Die Strategie ist klar: Digitale Behördengänge sollen so einfach werden wie das Bedienen einer Smartphone-App. Kann dieser Ansatz Maßstäbe für die Nachbarländer setzen?

Souveränität: Der Motor hinter den Reformen

Was alle drei Länder eint, ist das Streben nach digitaler Souveränität. Der Berliner Gipfel adressierte explizit die Abhängigkeit von wenigen außereuropäischen Hyperscale-Cloud-Anbietern. Diese Abhängigkeit erzeugt wachsendes Unbehagen – politisch wie gesellschaftlich.

Deutschland kämpft besonders mit seiner komplexen föderalen Struktur. Die IT-Systeme von Bund, Ländern und Kommunen unter einen Hut zu bekommen, gleicht der Quadratur des Kreis. Öffentliche Skepsis belastet zusätzlich: Kann ein Staat, der jahrelang digitale Projekte verschleppt hat, plötzlich technologische Unabhängigkeit erreichen?

Die Open-Source-Offensive in Deutschland und der Schweiz ist die Antwort. Offene Standards sollen eine widerstandsfähigere, transparentere und kontrollierbare digitale Infrastruktur schaffen. Doch zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft noch eine Lücke.

Langstreckenlauf statt Sprint

Die DACH-Region hat verstanden: Digitale Transformation ist ein Marathon. Nach dem Berliner Gipfel geht es darum, grenzüberschreitende Innovationen voranzutreiben – besonders beim Aufbau einer souveränen europäischen Cloud- und Edge-Computing-Infrastruktur.

Deutschland wird am Erfolg seines neuen Digitalministeriums gemessen. Die zentrale BundID soll künftig ein einheitliches Nutzererlebnis über alle Verwaltungsebenen hinweg ermöglichen. Gelingt die flächendeckende Umsetzung der OZG-2.0-Prinzipien?

Die Schweiz wird ihre Strategie 2024-2027 Schritt für Schritt umsetzen. Die nationale E-ID bleibt der kritische Meilenstein. Österreich muss beweisen, dass die Verfeinerung der ID-Austria-Plattform tatsächlich neun Millionen Nutzer überzeugen kann.

Jedes Land kämpft mit eigenen Hürden. Doch die gemeinsame strategische Ausrichtung und Zusammenarbeit signalisieren: Die DACH-Region hat begriffen, dass digitale Bürgerdienste über künftige Wettbewerbsfähigkeit und Vertrauen in den Staat entscheiden werden. Ob der Aufbruch gelingt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

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