Cyber-Attacken, Phishing-Betrug

Cyber-Attacken: KI macht Phishing-Betrug perfekt

28.09.2025 - 15:07:02

Künstliche Intelligenz revolutioniert Cyberangriffe durch hyperrealistische Phishing-Methoden, die traditionelle Erkennungsmerkmale obsolet machen und Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen.

Cybersicherheits-Experten schlagen Alarm: Eine neue Generation hyper-realistischer Phishing-Angriffe nutzt Künstliche Intelligenz, um Betrugsversuche mit beispielloser Präzision und Glaubwürdigkeit zu gestalten. Die Zeiten einfacher Tippfehler und verdächtiger Links sind vorbei – stattdessen setzen Kriminelle auf raffinierte, mehrstufige Attacken, die vertraute Kollegen imitieren und alltägliche Arbeitsabläufe mit erschreckender Genauigkeit ausnutzen.

In den vergangenen 72 Stunden registrierten Cybersicherheits-Unternehmen einen dramatischen Anstieg hochpersonalisierter Business Email Compromise (BEC)-Attacken. Diese Angriffe sind keine Massen-E-Mails mehr, sondern sorgfältig ausgearbeitete Täuschungsmanöver, die interne Kommunikationsstile fehlerfrei nachahmen. Kriminelle verwenden generative KI, um grammatikalisch perfekte, kontextbewusste E-Mails zu erstellen – praktisch nicht mehr von echten Nachrichten zu unterscheiden.

KI als Waffe: Perfekte Täuschung wird Realität

Der Kern dieser neuen Bedrohung liegt in der Weaponisierung Künstlicher Intelligenz. Cyberkriminelle setzen KI und große Sprachmodelle nicht nur ein, um überzeugende E-Mails zu schreiben, sondern automatisieren ihre Angriffe mit beängstigender Effizienz. Laut Microsoft Threat Intelligence verschleiern Angreifer schädlichen Code in harmlosen SVG-Dateien und tarnen ihn mit geschäftssprachlichen Formulierungen.

Die Raffinesse zeigt sich besonders bei der Identitätsfälschung: Kriminelle durchsuchen soziale Medien und Unternehmenswebseiten, um detaillierte Profile ihrer Ziele und Organisationsstrukturen zu erstellen. So entstehen „funktionsbasierte“ Angriffe, die gezielt HR- oder Finanzabteilungen mit scheinbar routinemäßigen Anfragen treffen – etwa zur Aktualisierung von Bankdaten oder Bezahlung gefälschter Rechnungen vermeintlich vertrauensvoller Lieferanten.

Über die E-Mail hinaus: Multi-Kanal-Attacken und MFA-Erschöpfung

Moderne E-Mail-Betrügereien beschränken sich längst nicht mehr auf einzelne Nachrichten. „Conversation Hijacking“ wird zur gängigen Taktik: Kriminelle kompromittieren E-Mail-Konten und schleusen sich in laufende Gespräche ein, um ihren betrügerischen Anfragen Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Zusätzlich orchestrieren Angreifer Multi-Kanal-Phishing-Kampagnen über Plattformen wie Slack und Microsoft Teams, um Vertrauen aufzubauen, bevor die schädliche Fracht per E-Mail folgt. Kombiniert wird dies mit „MFA-Fatigue“-Attacken: Eine Flut von Multi-Faktor-Authentifizierungs-Benachrichtigungen soll Opfer dazu bringen, versehentlich einen betrügerischen Login-Versuch zu genehmigen.

Deepfake-Betrug: Wenn Stimme und Video lügen

Besonders alarmierend ist der Einsatz von Deepfake-Technologie in Phishing-Schemata. Angreifer können Stimme oder Video von CEOs und Führungskräften simulieren, um dringende Finanzüberweisungen zu autorisieren. Die britische Polizei warnte kürzlich vor Kriminellen, die KI nutzen, um sich als Angehörige in Not auszugeben.

Diese Angriffe nutzen psychologische Trigger von Autorität und Dringlichkeit geschickt aus. Die Kosten solcher Services im Darknet sinken rapide – Stimmen-Deepfakes gibt es bereits ab 30 Euro, was diese fortgeschrittene Taktik einem breiteren Kreis von Kriminellen zugänglich macht.

Paradigmenwechsel in der Cyber-Verteidigung

Die KI-gestützten Phishing-Angriffe markieren einen fundamentalen Paradigmenwechsel. Jahrelang basierte die Hauptverteidigung gegen Phishing auf menschlicher Wachsamkeit und dem Erkennen von „Warnsignalen“. Wenn KI jedoch fehlerfreie E-Mails aus kompromittierten Konten generiert, unterstützt von Deepfake-Anrufen, verschwinden diese traditionellen Warnsignale.

BEC-Angriffe sind bereits die zweitteuerste Breach-Art mit durchschnittlich über 24.000 Euro pro betrügerischer Überweisungsanfrage. Das FBI berichtet von globalen Schäden durch BEC-Betrug in Höhe von über 43 Milliarden Euro zwischen 2016 und 2023. Diese neue Angriffswelle dürfte die Zahlen dramatisch in die Höhe treiben.

Experten betonen: Unternehmen können sich nicht mehr allein auf Mitarbeiterschulungen verlassen. Der Fokus muss auf „Zero Trust“-Modelle verlagert werden, die grundsätzlich keinem Nutzer oder Gerät vertrauen.

Ausblick: Die Bedrohung wird zunehmen

Die Cybersicherheits-Community erwartet eine Beschleunigung dieser Trends. Die Zugänglichkeit generativer KI-Tools senkt die Eintrittsbarriere für ausgefeilte Phishing-Kampagnen drastisch. Zu erwarten sind vermehrt KI-gestützte „Pig Butchering“-Betrügereien, bei denen Bots langfristige Beziehungen zu Opfern aufbauen, bevor sie zuschlagen.

Sicherheitsexperten prognostizieren verfeinerte Methoden zur MFA-Umgehung und verstärkte Angriffe auf Kollaborationstools sowie Mobilgeräte durch „Smishing“ (SMS-Phishing) und „Vishing“ (Voice-Phishing). Die Antwort: Investitionen in phishing-resistente MFA, kontinuierliche Login-Überwachung und fortgeschrittene Threat Intelligence.
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Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Angreifern und Verteidigern betritt eine neue, KI-aufgeladene Phase. Nur proaktive, technologiegetriebene Verteidigung bietet noch einen Ausweg.

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