CBAM, Korrekturen

CBAM: Industrie fordert letzte Korrekturen vor Start 2026

24.11.2025 - 10:10:12

Der Countdown läuft: In nur 38 Tagen tritt die CO₂-Grenzabgabe der EU in Kraft. Doch neue Richtlinien und durchgesickerte Referenzwerte sorgen für Unruhe in der europäischen Industrie. Besonders die Behandlung von Schrott und Stromimporten steht in der Kritik.

BRÜSSEL/BERLIN – Die letzten Wochen vor dem Vollstart des europäischen Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) werden turbulent. Nach der Veröffentlichung neuer Entwürfe und Benchmarks vergangene Woche formiert sich Widerstand: Industrieverbände warnen vor Wettbewerbsverzerrungen und fordern dringende Nachbesserungen.

Ab dem 1. Januar 2026 endet die Übergangsphase des Mechanismus. Was folgt, ist ernst: Importeure müssen dann für die in ihren Waren enthaltenen CO₂-Emissionen zahlen – basierend auf komplexen Berechnungen, deren Details gerade erst bekannt werden. Die zwischen dem 19. und 21. November zirkulierten Dokumente geben erstmals konkrete Einblicke in die sogenannten “Specific Embedded Free Allocations” (SEFA) und “Free Allocation Adjustments” (FAA).

Anzeige

Viele Importeure haben kaum Zeit, die neuen CBAM‑Meldepflichten und die komplexen SEFA/FAA‑Berechnungen vor dem Stichtag 1. Januar 2026 fristgerecht umzusetzen. Das kostenlose CBAM‑E‑Book erklärt Schritt für Schritt, welche Daten Sie jetzt sammeln müssen, welche Ausnahmen gelten und wie Sie teure Meldefehler vermeiden. Es enthält außerdem eine praktische Checkliste für Einkauf, Logistik und Compliance sowie Hinweise zu Audit‑Vorbereitung. CBAM‑Leitfaden für Importeure jetzt kostenlos herunterladen

Die durchgesickerten Entwürfe der EU-Kommission beschreiben detailliert, wie die Kohlenstoffkosten für importierte Güter berechnet werden. Betroffen sind vor allem energieintensive Sektoren wie Stahl-, Aluminium- und Zementproduktion. Laut einem Bericht von Fastmarkets vom 19. November liefert der Entwurf die bislang zuverlässigsten Anhaltspunkte dafür, was auf Importeure zukommt.

Der Preis für CBAM-Zertifikate wird sich am wöchentlichen Durchschnitt der EU-Emissionshandelspreise (ETS) orientieren. Das klingt nach Transparenz – doch die Komplexität der neuen Berechnungsmethoden alarmiert besonders kleine und mittelständische Unternehmen. Haben sie überhaupt die Kapazitäten, diese administrativen Hürden zu meistern?

Die Kommission hat angekündigt, die finalen Standardwerte im vierten Quartal 2025 zu veröffentlichen. Was offiziell klingt, bedeutet praktisch: Unternehmen haben nur wenige Wochen Zeit, ihre ERP-Systeme und Compliance-Prozesse anzupassen.

Das Schrott-Schlupfloch erhitzt die Gemüter

Ein besonders heikler Punkt: die Behandlung von Altmetall in der CO₂-Bilanzierung. Die Aluminium- und Stahlindustrie schlägt seit Monaten Alarm wegen eines “Schrott-Schlupflochs”. Die Befürchtung: Exporteure aus Drittstaaten könnten ihre angeblichen CO₂-Emissionen künstlich kleinrechnen, indem sie den Anteil von Produktionsabfällen in ihren Produkten überhöht angeben.

Eurometal berichtete am 19. November, dass die Kommission mit einer eigenständigen Kategorie für Produktionsabfälle gegensteuern will. Doch Industrielobbyisten warnen: Der aktuelle Vorschlag könnte hochwertiges Recycling innerhalb der EU bestrafen, während er gleichzeitig “Greenwashing” durch nicht überprüfbare Schrottangaben aus Drittländern nicht verhindert.

“CBAM hat sich weit von grünen Zielen entfernt”, zitiert Fastmarkets eine Industriequelle. Der Kampf um Compliance gleiche inzwischen den “Hunger Games” für europäische Importeure. Ohne strengere Verifikationsprotokolle droht europäischen Produzenten ein Wettbewerbsnachteil gegenüber “grüngewaschenen” Importen mit angeblich niedrigem CO₂-Fußabdruck.

Energiesektor fordert Aufschub bis 2028

Parallel formiert sich Widerstand gegen die Einbeziehung des Stromsektors. Eine bedeutende Koalition aus Energieexperten und Industrieverbänden fordert einen Aufschub bis 2028.

Die Denkfabrik Bruegel argumentierte am 19. November, dass die Anwendung von CBAM auf Elektrizität ab Januar 2026 “die europäische Strommarktintegration und Versorgungssicherheit gefährdet”. Die Klimavorteile seien derzeit unklar, die Methodik zur Berechnung der CO₂-Intensität importierter Elektrizität zu grob.

Besonders in Deutschland und Österreich, wo Strompreise ein kritischer Wettbewerbsfaktor sind, findet dieser Vorstoß Anklang. Die Sorge: Die aktuelle Methodik könnte grenzüberschreitende Stromflüsse stören, die für die Netzstabilität – gerade in den Wintermonaten – unverzichtbar sind.

Die 50-Tonnen-Schwelle hilft nur Kleinen

Diese Forderungen folgen auf das im Oktober 2025 formal verabschiedete “Omnibus”-Vereinfachungspaket. Es führte eine De-minimis-Schwelle ein: Sendungen unter 50 Tonnen sind von bestimmten CBAM-Pflichten befreit – eine Erleichterung für etwa 90 Prozent der kleineren Importeure.

Für die Schwergewichte der Industrie, die den Löwenanteil der Emissionen und des Handelsvolumens verantworten, ist diese Regelung jedoch irrelevant. Ihr Fokus liegt auf dem “definitiven Regime”, das in 38 Tagen beginnt. Dann endet die Ära der bloßen Berichtspflichten – es geht ums Geld.

Martin Becker von der EU-Kommission stellte kürzlich klar, dass vor 2027 keine weiteren Erweiterungen des Anwendungsbereichs zu erwarten seien. Doch die drängendsten Streitpunkte – Referenzwerte, Schrottverifizierung und Stromeinbeziehung – bleiben aus Sicht der Industrie ungelöst.

Volatiler Dezember voraus

Mit dem Stichtag am 1. Januar 2026 wächst der Druck auf die Kommission, die Durchführungsrechtsakte zu finalisieren. Die vergangene Woche zirkulierten “Leitlinien” sollen Anfang Dezember formal verabschiedet werden. Das gibt Unternehmen weniger als einen Monat für Systemanpassungen.

Marktbeobachter erwarten volatile Wochen für die EU-ETS-Preise, während der Markt die neuen Benchmarks verdaut. Für Importeure ist die Botschaft unmissverständlich: Die Lernphase ist vorbei. Unternehmen müssen jetzt dringend ihre Exposition auf Basis der neuen Entwürfe bewerten und sich auf ein strenges Prüfregime vorbereiten, das laut den jüngsten Entwürfen den rigorosen Auditstandards des EU-ETS entsprechen wird.

Wird die Kommission die Forderungen der Industrie noch aufgreifen? Oder rollt der CBAM-Zug ungebremst in die definitive Phase? Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Europas ambitioniertes Klimainstrument seinen ersten echten Stresstest besteht – oder ob Nachbesserungen zu spät kommen.


Hinweis: Dieser Artikel basiert auf dem Informationsstand vom 24. November 2025. Regulatorische Details können sich mit Veröffentlichung der finalen Durchführungsrechtsakte durch die EU-Kommission ändern.

Übrigens: Wenn die Kommission die Durchführungsrechtsakte finalisiert, drohen kurzfristig Meldepflichten und Prüfungen — Unternehmen brauchen eine saubere Reporting‑Routine. Sichern Sie sich das kostenlose CBAM‑E‑Book mit einer umsetzbaren Reporting‑Checkliste, Ausnahmeregelungen und Praxistipps zur Schrott‑Verifizierung und Strom‑Beurteilung. Ideal für Importverantwortliche, Compliance und Einkauf, die Strafen und Wettbewerbsnachteile vermeiden wollen. Jetzt CBAM‑Reporting‑Checkliste sichern

@ boerse-global.de