CBAM: Industrie fordert letzte Korrekturen vor EU-Start
25.11.2025 - 03:29:11Nur noch fünf Wochen bis zur Vollimplementierung: Während die Uhr tickt, verschärfen deutsche Unternehmen ihre Kritik am CO₂-Grenzausgleichsmechanismus der EU. Die Warnung der Commerzbank vom vergangenen Freitag wirkt wie ein Weckruf – doch ist es bereits zu spät für Nachbesserungen?
Berlin/Brüssel – Dienstag, 25. November 2025 – Der Countdown läuft. Am 1. Januar 2026 endet die Übergangsphase des europäischen Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM), und die Spannungen zwischen Industrie und Brüssel erreichen einen neuen Höhepunkt. Nach der eindringlichen Warnung der Commerzbank Research vom 21. November erneuern deutsche und europäische Industrieverbände heute ihre Forderungen nach sofortigen Verbesserungen der Regulierung. Im Zentrum der Kritik: drohende Verwaltungschaos und Wettbewerbsnachteile auf den Weltmärkten.
Mit dem Ende der Testphase am 31. Dezember müssen Importeure erstmals Zertifikate für die in ihren Produkten enthaltenen CO₂-Emissionen kaufen. Was auf dem Papier als Schutzschild gegen Billigimporte gedacht war, könnte sich als bürokratischer Albtraum entpuppen.
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Die Dringlichkeit der Lage unterstrich vergangenen Freitag die Commerzbank mit einer deutlichen Analyse: Die Dekarbonisierungsbemühungen und der Beginn der CBAM-Zahlungspflichten würden die deutsche Industrie erheblich belasten. Während sich Transport- und Gebäudesektor auf das neue ETS 2 vorbereiten, droht der Schwerindustrie die unmittelbare Gefahr durch auslaufende Gratis-Zertifikate und beginnende CBAM-Abgaben.
“Die definitive Phase bringt nicht nur höhere Kosten, sondern eine Komplexität, auf die viele mittelständische Unternehmen noch nicht vorbereitet sind”, heißt es in der Analyse. Diese Einschätzung deckt sich mit den Warnungen des DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag), wonach das Zeitfenster für “sorgfältige Vorbereitung” rapide schrumpft.
Die Industrie kritisiert die Abstimmung der EU-Mitgliedstaaten Mitte November über die verbleibenden Durchführungsbestimmungen als verpasste Chance zur Vereinfachung. Zwar wurden am 20. Oktober Änderungen verabschiedet – etwa eine Bagatellgrenze von 50 Tonnen für Kleinimporteure –, doch Verbände wie Eurofer und der BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) halten diese Maßnahmen für unzureichend.
Das “Export-Loch”: Europas Industrie im globalen Wettbewerb
Ein zentraler Streitpunkt ist die fehlende “Export-Lösung”. Während CBAM den EU-Markt vor günstigen, emissionsintensiven Importen schützen soll, bleiben europäische Exporte der globalen Konkurrenz ohne vergleichbare CO₂-Bepreisung schutzlos ausgeliefert.
“Wir stehen vor einem einseitigen Kostenschock, den unsere internationalen Wettbewerber nicht tragen”, erklärte ein Sprecher der energieintensiven Industrien diese Woche. Diese Sorge wurde bereits Anfang November beim Trilateralen Wirtschaftsforum in Rom artikuliert, wo BDI, Italiens Confindustria und Frankreichs MEDEF eine gemeinsame Erklärung veröffentlichten: Ein “effektives CBAM” dürfe Europa nicht deindustrialisieren.
Der Kommissionsvorschlag vom Juli 2025 zur Adressierung von Export-Verlagerungen stieß bei Sektoren wie Düngemittel und Stahl auf heftigen Widerstand. Bis heute, 25. November, existiert keine strukturelle Lösung zur Rückerstattung von CO₂-Kosten bei Exporten. Die Folge? Europäische Produkte drohen Marktanteile in Südostasien und Amerika zu verlieren.
Globale Spannungen: USA und die Nachwehen von COP30
Die Forderung nach “globaler Compliance” wird durch internationale Politik zusätzlich erschwert. Nach dem Abschluss der COP30 in Belém, Brasilien, Anfang November bleiben die Hoffnungen auf ein einheitliches globales CO₂-Preissystem unerfüllt.
Berichte vom Klimagipfel zeigen: Die “Instrumentalisierung” von CBAM durch den Globalen Süden überschattet weiterhin die Verhandlungen. Entwicklungsländer, besonders die BRICS-Staaten, verschärfen ihre Kritik am Mechanismus als “protektionistisch”. Gleichzeitig wächst die Wahrscheinlichkeit eines US-amerikanischen CBAM – eine Entwicklung, die entweder zur Harmonisierung mit dem EU-System führen oder einen neuen transatlantischen Handelskonflikt auslösen könnte.
Für deutsche Unternehmen entsteht dadurch ein Compliance-Albtraum: Sie müssen die starren EU-Anforderungen erfüllen und gleichzeitig Vergeltungsmaßnahmen oder konkurrierende CO₂-Zölle in wichtigen Exportmärkten fürchten.
Bürokratische Hürden auf der letzten Meile
Jenseits der großen Politik bleiben technische Stolpersteine. Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) führte 2025 intensive Informationskampagnen durch, doch die Datenverfügbarkeit von Nicht-EU-Lieferanten bleibt lückenhaft.
Ab 1. Januar 2026 gelten verschärfte Regeln:
- Verpflichtende Verifizierung: Alle Emissionsdaten aus Drittstaaten-Anlagen müssen von akkreditierten Stellen geprüft werden – eine Kapazität, die nach Einschätzung der Industrie global derzeit unzureichend ist.
- Zertifikatskauf: Importeure müssen CBAM-Zertifikate erwerben, deren Preis am wöchentlichen Durchschnitt der EU-ETS-Zertifikate gekoppelt ist.
- Wegfall kostenloser Zertifikate: Der schrittweise Abbau kostenloser CO₂-Zertifikate für EU-Produzenten beginnt ernsthaft und erhöht die Kostenbasis der heimischen Fertigung direkt.
Kritiker monieren, die von der Kommission bereitgestellten “Standardwerte” zur Emissionsberechnung seien bewusst hoch angesetzt – konzipiert, um Compliance zu erzwingen, doch in der Praxis eine Strafe für nachgelagerte Unternehmen, die ihre asiatischen oder amerikanischen Zulieferer nicht zur Datenweitergabe bewegen können.
Ausblick: Ein turbulenter Start ins Jahr 2026
Während die letzten Wochen des Jahres 2025 verstreichen, scheint die Forderung der Industrie nach einer “Schonfrist” oder einem “sanften Start” der Zahlungsverpflichtungen unrealistisch. Die Kommission betont, die Übergangsphase (2023-2025) habe ausreichend Zeit zur Vorbereitung geboten.
Doch gleichzeitig berichtete Clean Energy Wire am 21. November, dass deutsche NGOs parallel fordern, die Hälfte des EU-Haushalts an Umweltziele zu binden. Die Industrie sieht sich von allen Seiten unter Druck.
Marktbeobachter erwarten ein volatiles erstes Quartal 2026. “Wir betreten Neuland”, analysiert ein Experte von S&P Global Commodity Insights. “Die Kombination aus strafferer ETS-Obergrenze, Beginn der CBAM-Abgaben und fehlendem Export-Ausgleich schafft einen ‘perfekten Sturm’ für Europas Schwerindustrie.”
Noch 37 Tage bis zum Start. Die Botschaft aus Berlin und Brüssel ist klar: Das System geht live. Ob es als Schutzschild für grüne Industrie oder als bürokratischer Mühlstein funktioniert, ist die Milliarden-Euro-Frage.
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