CBAM: Globaler Streit um CO?-Grenzausgleich eskaliert
24.11.2025 - 23:41:12Trotz diplomatischem Kompromiss beim UN-Klimagipfel stehen europäische Importeure vor unkalkulierbaren Kosten durch geleakte CBAM-Benchmarks. Die Industrie fordert Klarheit vor dem Start 2026.
Der UN-Klimagipfel in Brasilien endete mit einem Kompromiss – doch der Handelskrieg um Europas CO₂-Zoll nimmt erst richtig Fahrt auf. Gleichzeitig alarmieren geleakte Berechnungsgrundlagen die europäische Industrie.
Während Diplomaten in Belém um eine gemeinsame Linie rangen, kämpften europäische Importeure gegen die Zeit: Die durchgesickerten vorläufigen Richtwerte für den CO₂-Grenzausgleich (CBAM) könnten ab 2026 über Milliardenbeträge entscheiden – und niemand weiß, ob die Zahlen halten.
COP30: Scheinfrieden mit Brisanz
Der 30. UN-Klimagipfel in der brasilianischen Stadt Belém ging am Freitag, den 22. November, zu Ende – und nur knapp am offenen Eklat vorbei. Zwei Wochen lang hatte eine Allianz aus Schwellenländern, angeführt von Brasilien, Südafrika, Indien und China, versucht, den europäischen CBAM als “einseitige Handelsbarriere” offiziell auf die Agenda zu setzen.
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Das gelang nicht. Die EU konnte verhindern, dass der CO₂-Grenzausgleich zum formellen Verhandlungsgegenstand wurde. Doch der Preis dafür: Brüssel musste einem dreijährigen “Handelsdialog” unter Beteiligung der Welthandelsorganisation (WTO) zustimmen. Thema: Die Chancen, Herausforderungen und Barrieren handelsbezogener Klimapolitik.
“Das Thema ist zwar kein offizieller Tagesordnungspunkt geworden, wird aber nun in hochrangigen Dialogen behandelt”, stellte das Centre for Science and Environment am Sonntag fest. Anders formuliert: Der Konflikt ist nicht gelöst, sondern nur vertagt – und institutionalisiert.
Chinesische und indische Verhandlungsführer hatten zuvor klargemacht, worum es aus ihrer Sicht geht: “Maßnahmen wie der CBAM dienen nicht dem Klimaschutz, sondern verschaffen Industrien im Globalen Norden einen Wettbewerbsvorteil.”
Geleakte Richtwerte schocken Stahlindustrie
Während in Brasilien noch diplomatisch gerungen wurde, explodierte in Europa eine technische Bombe. Am Donnerstag, den 20. November, wurden Details eines internen Kommissionspapiers bekannt: Die vorläufigen CBAM-Richtwerte für Stahl und Aluminium.
Diese sogenannten Benchmarks sind alles andere als akademische Kennzahlen. Sie bestimmen, wie viel CO₂-Kosten Importeure ab 2026 zahlen müssen – und damit die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Branchen. Das Problem: Die geleakten Entwürfe basieren offenbar auf “irreführenden Daten”, wie Branchenquellen gegenüber Fachdiensten wie Fastmarkets kritisierten.
Besonders umstritten ist die Behandlung verschiedener Produktionsverfahren. Wie werden Hochöfen im Vergleich zu Elektrolichtbogenöfen bewertet? Und wie rechnet man Schrott korrekt ein – das berüchtigte “Schrott-Schlupfloch”?
Die Konsequenz: Importeure können ihre Kosten für 2026 nicht verlässlich kalkulieren. Und das, obwohl die entscheidende Phase in knapp sechs Wochen beginnt.
Brasiliens Doppelspiel
Die Ironie der Geschichte offenbarte sich noch während des Gipfels: Während Brasiliens Regierung in Belém gegen den europäischen CBAM zu Felde zog, forderte die heimische Stahlindustrie genau das Gegenteil.
Am 17. November bat Aço Brasil, der Verband der brasilianischen Stahlhersteller, die Regierung Lula offiziell um ein eigenes CBAM-ähnliches Schutzinstrument. Die Begründung: Ohne Gegenmechanismus drohe Brasilien zur Müllhalde für hochkarbonengen Stahl zu werden, den Europa nicht mehr haben will.
“Die Branche wird keine Verpflichtungen eingehen, die ohne Schutz nicht umsetzbar sind”, warnte Marco Polo de Mello Lopes, Geschäftsführer von Aço Brasil. Könnte der Klimaschutz ausgerechnet zu einem neuen globalen Subventions- und Schutzzollwettlauf führen?
Großbritannien geht eigenen Weg
Das Vereinigte Königreich hat derweil letzte Woche Klarheit geschaffen: Der UK-CBAM startet am 1. Januar 2027 – ein Jahr nach der EU.
Entscheidend für Händler: London hat den Anwendungsbereich gegenüber früheren Plänen deutlich reduziert. Glas und Keramik sind raus. Stattdessen konzentriert sich der britische Mechanismus zunächst auf Aluminium, Zement, Düngemittel, Wasserstoff sowie Eisen und Stahl. Die Meldeschwelle liegt bei 50.000 Pfund innerhalb von zwölf Monaten.
Für Unternehmen, die sowohl in die EU als auch nach Großbritannien exportieren, bedeutet das: Zwei Systeme, zwei Zeitpläne, zwei Bürokratien.
Das Zeitfenster schließt sich
Stand heute, Montag, den 24. November, steht fest: Die diplomatische Deeskalation in Belém ist bestenfalls temporär. Die UN-gestützten Handelsdialoge garantieren, dass CBAM bis mindestens 2028 ein geopolitischer Brennpunkt bleiben wird.
Für europäische Importeure läuft die Uhr anders: Das kritische Zeitfenster schließt sich bis zum 1. Januar 2026. Industrieverbände dürften diese Woche massiven Druck auf Brüssel ausüben, um die Berechnungsmethodik noch vor Verabschiedung der endgültigen Durchführungsverordnung zu ändern.
Die Europäische Kommission wird die offizielle Fassung der CBAM-Durchführungsverordnung zu den Richtwerten voraussichtlich bis Jahresende veröffentlichen. Das lässt Unternehmen nur wenige Wochen, um ihre Compliance-Systeme für die entscheidende Phase anzupassen.
Was passiert, wenn die Richtwerte tatsächlich so kommen wie geleakt? Dann könnte 2026 für manche Importeure zum bösen Erwachen werden – mit Kostensprüngen, die niemand genau beziffern kann.
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