CBAM, EU-Klimazoll

CBAM: EU-Klimazoll löst globale Handelskrise aus

24.11.2025 - 17:59:12

Nur noch fünf Wochen bis zum Start der schärfsten Klimaschutzmaßnahme der Wirtschaftsgeschichte. Doch statt Applaus erntet die EU heftigen Widerstand – von außen wie von innen. Steht Europas Industrie vor einem selbstverschuldeten Desaster?

Die Europäische Union steht vor einem Dilemma: Während Schwellenländer den CO2-Grenzausgleich als „grünen Protektionismus” brandmarken, warnen deutsche Industrievertreter vor massiven Wettbewerbsnachteilen. Nach dem COP30-Klimagipfel in Belém ist klar: Der ab 1. Januar 2026 greifende Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) spaltet die Weltwirtschaft.

Das Wochenende in Belém wurde zum Schlachtfeld. Brasilien, Südafrika, Indien und China – die sogenannte BASIC-Gruppe – versuchten mit vereinten Kräften, den EU-Klimazoll im Abschlusstext als diskriminierende Handelsbarriere zu verurteilen.

Die EU-Diplomaten konnten eine explizite Verurteilung gerade noch verhindern. Doch der Pyrrhussieg täuscht nicht über die Dimension der Krise hinweg. Entwicklungsländer sehen ihre Wirtschaften ungerecht bestraft – schließlich tragen sie historisch am wenigsten zum Klimawandel bei. Die Drohung mit WTO-Klagen und Vergeltungszöllen steht im Raum.

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„Der europäische CBAM stand unter Beschuss, aber unsere Verhandler konnten ihn vorerst aus allen Beschlüssen heraushalten”, hieß es in den Schlussstunden des Gipfels. Die Betonung liegt auf „vorerst”. 2026 droht ein fragmentiertes internationales Handelsumfeld – mit schwerwiegenden Folgen für europäische Lieferketten.

Commerzbank schlägt Alarm: „Doppelte Kostenfalle” für deutsche Industrie

Während die EU noch diplomatische Schadensbegrenzung betreibt, verschärft sich die Lage im Inland dramatisch. Eine am Freitag veröffentlichte Analyse der Commerzbank zeichnet ein düsteres Bild: Deutsche Industrieunternehmen geraten ab Januar in eine „doppelte Zange”.

Erstens: Die kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten läuft 2026 aus – Produktionskosten steigen direkt. Zweitens: Gleichzeitig müssen Firmen für jede Tonne CO2 zahlen, die in importiertem Stahl, Aluminium oder Zement steckt.

„Die Dekarbonisierungsbemühungen werden zu teureren CO2-Emissionen führen und die deutsche Industrie belasten”, warnt die Bank. Während Sektoren wie Transport und Gebäude relativ vorbereitet sind, droht energieintensiven Branchen ein massiver Wettbewerbsschock. Die „definitive Phase” des CBAM ist keine bürokratische Formalie – sie verändert grundlegend die Kostenstruktur europäischer Fertigung.

Technisches Chaos: Benchmark-Entwürfe verwirren statt zu helfen

Als wären geopolitische Spannungen und Kostenexplosion nicht genug, offenbart sich nun auch technisches Versagen. Durchgesickerte Entwürfe der EU-Kommission für provisorische CBAM-Richtwerte sorgten Ende letzter Woche für Verwirrung unter Industrievertretern.

Diese Benchmarks sollen die „eingebetteten Emissionen” von Importen bestimmen, wenn keine Realdaten vorliegen. Doch gerade für Stahl und Aluminium wurden die vorgeschlagenen Werte als irreführend kritisiert. Sie bilden die Komplexität globaler Lieferketten nicht ab.

Branchenquellen aus der Stahlproduktion äußerten sich übers Wochenende besorgt: Die Datenanforderungen bleiben „irreführend” und administrativ überfordernd. Das Fehlen finalisierter Standardwerte schafft unkalkulierbare Risiken für 2026er-Verträge.

Strom-CBAM: Experten fordern Verschiebung

Energiepolitische Forscher legten am 19. November nach: Sie forderten die EU auf, die Einbeziehung von importiertem Strom in CBAM zu „verschieben oder gänzlich zu überdenken”. Die aktuelle Methodik zur Berechnung der Stromemissionen sei fehlerhaft und schaffe mehr Probleme als sie löse. Grenzüberschreitende Stromflüsse könnten gestört werden – ohne dass Carbon Leakage effektiv verhindert wird.

Die Kluft zwischen Klimazielen und Realität

Was als Instrument gegen Verlagerung CO2-intensiver Produktion gedacht war, wird zunehmend zum globalen Handelshemmnis. Für die Industrie geht es längst nicht mehr um Ideologie – es geht ums Überleben.

Besonders mittelständische Unternehmen fehlen die Ressourcen, um die CO2-Intensität jeder einzelnen Schraube oder Stahlplatte aus Nicht-EU-Ländern zu verifizieren. Kann die EU nicht bis Januar vereinfachte Vorgaben oder klarere Benchmark-Richtlinien liefern, drohen Lieferkettenbrüche oder Kostenexplosionen durch konservative „Standardwert”-Strafen.

Was jetzt passieren muss

Die kommenden Wochen sind entscheidend. Industrielobbyisten werden massiven Druck aufbauen für Last-Minute-Vereinfachungen oder Übergangsfristen bei der Datenprüfung.

Kurzfristig: Die EU-Kommission muss finale, vereinfachte Standardwerte und technische Leitlinien veröffentlichen – sonst herrscht ab Januar Chaos an den Grenzen.

Mittelfristig (2026): Der Beginn der Zahlungspflichten wird die wahren Compliance-Kosten offenbaren. Sollten Indien oder Brasilien ihre WTO-Drohungen wahr machen, könnte die EU in eine defensive Handelshaltung gezwungen werden.

Langfristig: Der Erfolg von CBAM hängt davon ab, ob die Maßnahme globale Dekarbonisierung antreibt oder den Welthandel zerteilt. Die Botschaft der Industrie ist eindeutig: Ohne sofortige Nachbesserungen wird der Übergang chaotisch und teuer.

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