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BundID: Deutschlands digitaler Durchbruch oder doch nur Zwischenschritt?

15.09.2025 - 23:11:02

Die BundID verzeichnet monatlich zwei Millionen Anmeldungen, doch nur 35 Prozent der Deutschen haben ihre eID-Funktion aktiviert. Die Regierung plant die Weiterentwicklung zur DeutschlandID und EUDI Wallet bis 2027.

Deutschland macht ernst mit der Digitalisierung seiner Verwaltung. Die zentrale Bürgerplattform BundID verzeichnet mittlerweile zwei Millionen Anmeldungen monatlich – doppelt so viele wie im Vorjahr. Doch während die Nutzerzahlen steigen, offenbaren sich auch die strukturellen Schwächen des deutschen Digitalisierungskurses.

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und das Bundesinnenministerium (BMI) treiben die Umsetzung des ehrgeizigen Onlinezugangsgesetzes (OZG) voran. Dieses schreibt vor, dass alle behördlichen Dienstleistungen digital verfügbar sein müssen. Die Zahlen vom August 2025 zeigen: Die Bürger nehmen das Angebot zunehmend an.

Trotz der positiven Entwicklung gibt es einen Wermutstropfen. Die Gesamtzahl aktiver BundID-Konten sank von 5,3 auf 4,9 Millionen – Folge der datenschutzrechtlich vorgeschriebenen Löschung inaktiver Accounts. Viel gravierender wiegt jedoch ein anderes Problem: Nur 35 Prozent der deutschen Erwachsenen haben die elektronische Funktion (eID) ihres Personalausweises aktiviert. Diese Funktion ist seit über zehn Jahren verfügbar, bleibt aber ein kritischer Flaschenhals für sichere digitale Services.

Von BundID zur DeutschlandID: Der große Wurf

Das Herzstück der deutschen Digitalstrategie ist die BundID, ein einheitliches Benutzerkonto für knapp 1.800 Online-Services von Bund, Ländern und Kommunen. Seit Mai 2025 kommen monatlich etwa 154.000 neue Nutzer dazu – ein deutliches Zeichen für die wachsende Akzeptanz.

Die Bundesregierung plant jedoch bereits den nächsten Schritt: die Weiterentwicklung zur „DeutschlandID“. Diese soll im Rahmen des OZG 2.0 zu einem umfassenden Bürgerkonto für alle staatlichen Interaktionen werden. Kernstück wird ein digitales Postfach für behördliche Korrespondenz sein – endlich das Ende der Papierflut?

Das rechtliche Fundament steht bereits: Das Onlinezugangsgesetz-Änderungsgesetz trat im Juni 2024 in Kraft. Es verankert nicht nur den Rechtsanspruch auf digitale Verwaltung, sondern soll auch die Digitalisierung in allen 16 Bundesländern vereinheitlichen. Das „Once-Only“-Prinzip verspricht: Daten müssen nur einmal angegeben werden.

Open Source als Souveränitätsstrategie

Eine bemerkenswerte Kehrtwende vollzieht Deutschland bei der Software-Beschaffung. Das OZG 2.0 verpflichtet Bund und Länder explizit zur Bevorzugung von Open-Source-Lösungen und offenen Standards. Diese Strategie zielt auf mehr „digitale Souveränität“ ab: weniger Abhängigkeit von proprietären Anbietern, bessere Interoperabilität zwischen Systemen und transparente Entwicklungsprozesse.

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Parallel bereitet sich Deutschland auf die Integration in das europäische Rahmenwerk vor. Die EU Digital Identity Wallet (EUDI Wallet) wird zur Pflicht: Bis November 2026 müssen alle EU-Mitgliedstaaten ihren Bürgern eine sichere, interoperable digitale Brieftasche bereitstellen. Deutschlands nationale Lösung soll schrittweise eingeführt werden und bis 2027 einsatzbereit sein.

Die EUDI Wallet wird verschiedene digitale Nachweise speichern können – vom Personalausweis über den Führerschein bis zu beruflichen Qualifikationen. Nutzbar sowohl bei Behörden als auch privaten Dienstleistern in der gesamten EU.

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Analyse: Das Tempo-Problem der deutschen Digitalisierung

Deutschlands Weg zur digitalen Verwaltung ist geprägt von soliden, aber langsamen Fortschritten. Das komplexe Föderalsystem und die kulturelle Präferenz für bewährte Prozesse bremsen den Wandel. Während Estland längst als digitaler Vorreiter gilt, kämpft Deutschland noch um den Anschluss.

Die niedrige eID-Aktivierungsrate von nur 35 Prozent ist symptomatisch. Experten sehen mehrere Ursachen: komplizierte Aktivierungsprozesse und zu wenige alltagstaugliche Anwendungen, die Bürger zur Nutzung motivieren würden. Die geplante DeutschlandID und EUDI Wallet sollen genau hier ansetzen – mit nahtloserer Nutzererfahrung und echtem Mehrwert.

Die Verdopplung der monatlichen BundID-Anmeldungen zeigt: Wenn nachgefragte Services wie Elterngeld oder BAföG online verfügbar werden, folgt die Nutzerakzeptanz. Der strategische Schwenk zu Open Source könnte Innovation beschleunigen und Kosten senken – erfordert aber einen Kulturwandel in der öffentlichen IT-Beschaffung.

Entscheidende 18 Monate voraus

Die nächsten anderthalb Jahre werden zum Lackmustest für Deutschlands digitale Bürgerdienste. Im Fokus stehen der technische Übergang von BundID zur DeutschlandID und die Vorbereitung der EUDI Wallet. Die EU-weite Frist Ende 2026 setzt die Bundesregierung unter Zugzwang.

Der Erfolg hängt von mehreren Faktoren ab: Vereinfachung der eID-Aktivierung, rascher Ausbau volldigitalisierter Verwaltungsservices und effektive Kommunikation der Vorteile an die Bürger. Auch Unternehmen müssen sich auf die EUDI Wallet-Integration vorbereiten – bis Ende 2027 wird sie Standard für starke Nutzerauthentifizierung in regulierten Branchen.

Gelingt Deutschland dieser Kraftakt, könnte es seinen Staatsapparat grundlegend modernisieren und die Wettbewerbsfähigkeit im digitalen EU-Binnenmarkt stärken. Verfehlt es jedoch die Fristen und Akzeptanzziele, droht Europas größter Volkswirtschaft weiterer digitaler Rückstand.

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